Vertrag von Neuberg an der Mürz: Unterschied zwischen den Versionen

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Nach dem Auslaufen dieses Vertrages wurden 1375 bzw. 1376 weitere Verträge geschlossen, in denen Leopold noch die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten mit Erwerbungen in [[w:Istrien|Istrien]], der [[w:Windische Mark|Windischen Mark]] und im heutigen oberen [[w:Italien|Italien]] erhält. Hier wird erstmals die Führung einer "selbständigen" "Außenpolitik" erlaubt. Ein weiterer Vertrag wurde noch 1379 geschlossen oder war zumindest geplant.<ref name ="nieder179">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 179</ref>  
Nach dem Auslaufen dieses Vertrages wurden 1375 bzw. 1376 weitere Verträge geschlossen, in denen Leopold noch die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten mit Erwerbungen in [[w:Istrien|Istrien]], der [[w:Windische Mark|Windischen Mark]] und im heutigen oberen [[w:Italien|Italien]] erhält. Hier wird erstmals die Führung einer "selbständigen" "Außenpolitik" erlaubt. Ein weiterer Vertrag wurde noch 1379 geschlossen oder war zumindest geplant.<ref name ="nieder179">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 179</ref>  


Dass das wesentliche Quellenmaterial Verträge (Aktenmaterial und somit keine Geschehnisse) sind, dass Leopold zum Beispiel im Sommer 1377, während Albrecht an einem Kreuzzug gegen die Preußen teilnahm, die Herrschaft über alle Territorien alleine ausübte und diese Lage keineswegs zu seinem eigenen Vorteil ausnutzte oder dass der spätere "Neuberger Vertrag" eine relativ faire Teilung beinhaltete<ref name ="nieder179"/><nowiki/>, wurde in der älteren Forschung immer wieder als Beleg dafür gesehen, dass der Neuberger Teilungsvertrag in erster Linie nur aus praktischen verwaltungsbedingten Gründen geschlossen worden war. Die neuere Forschung vermutete dagegen in den Verträgen Hinweise auf einen "Bruderzwist" (in schriftlicher Form). Die aktuelle Forschung geht inzwischen von einem richtigen Bruderkrieg (oder "Beinahe-Bruderkrieg") aus, der mit dem unter Vermittlung der Landstände geschlossenen Teilungsvertrag beendet oder gerade noch verhindert werden konnte.
Dass das wesentliche Quellenmaterial Verträge (Aktenmaterial und somit keine Geschehnisse) sind, dass Leopold zum Beispiel im Sommer 1377, während Albrecht an einem Kreuzzug gegen die Preußen teilnahm, die Herrschaft über alle Territorien alleine ausübte und diese Lage keineswegs zu seinem eigenen Vorteil ausnutzte oder dass der spätere "Neuberger Vertrag" eine relativ faire Teilung beinhaltete<ref name ="nieder179"/>, wurde in der älteren Forschung immer wieder als Beleg dafür gesehen, dass der Neuberger Teilungsvertrag in erster Linie nur aus praktischen verwaltungsbedingten Gründen geschlossen worden war. Die neuere Forschung vermutete dagegen in den Verträgen Hinweise auf einen "Bruderzwist" (in schriftlicher Form). Die aktuelle Forschung geht inzwischen von einem richtigen Bruderkrieg (oder "Beinahe-Bruderkrieg") aus, der mit dem unter Vermittlung der Landstände geschlossenen Teilungsvertrag beendet oder gerade noch verhindert werden konnte.


== Der Vertrag von Neuberg an der Mürz (1379) ==
== Der Vertrag von Neuberg an der Mürz (1379) ==
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* Leopold erhält die Herzogtümer Steier, Kärnten und Krain, die Windische Mark, die Güter in Istrien, [[w:Feltre|Feltre]] und [[w:Belluno|Belluno]], die Grafschaft Tirol und die vorländischen Besitzungen (westlich des [[w:Arberg|Arlberges]], in der heutigen [[w:Schweiz|Schweiz]], im der [[w:Schwaben|Reichslandschaft Schwaben]] und im [[w:Elsaß|Elsaß]]), außerdem [[Wiener Neustadt]] und [[Neunkirchen]] sowie die Burgen [[Schottwien]], [[Klamm]] und [[Aspang]].
* Leopold erhält die Herzogtümer Steier, Kärnten und Krain, die Windische Mark, die Güter in Istrien, [[w:Feltre|Feltre]] und [[w:Belluno|Belluno]], die Grafschaft Tirol und die vorländischen Besitzungen (westlich des [[w:Arberg|Arlberges]], in der heutigen [[w:Schweiz|Schweiz]], im der [[w:Schwaben|Reichslandschaft Schwaben]] und im [[w:Elsaß|Elsaß]]), außerdem [[Wiener Neustadt]] und [[Neunkirchen]] sowie die Burgen [[Schottwien]], [[Klamm]] und [[Aspang]].


Dass Leopold im Vertrag außerdem eine Kompensationszahlung zugestanden wurde<ref name ="nieder179"/><nowiki/>, zeigt, dass die ihm zugeteilten Territorien zu diesem Zeitpunkt wesentlich weniger Einkünfte erbrachten, als die von Albrecht III.  
Dass Leopold im Vertrag außerdem eine Kompensationszahlung zugestanden wurde<ref name ="nieder179"/>, zeigt, dass die ihm zugeteilten Territorien zu diesem Zeitpunkt wesentlich weniger Einkünfte erbrachten, als die von Albrecht III.  


Die Teilung der Territorien dürfte einigermaßen ausgewogen gewesen sein. Abgesehen davon, dass Albrecht mit dem Herzogtum Österreich jenes Territorium erhielt, nach dem sich die Familie im Spätmittelalter benannte, also sozusagen das "Kernland", enthielt der Vertrag für ihn und seine Nachkommen keine Vorteile<ref group="A">Die Behauptung, dass die Nachfahren Albrechts (die "Albertiner") die Hauptlinie und die Nachfahren Leopolds (die "Leopoldiner") nur eine jüngere [[w:Sekundogenitur|Nebenlinie]] der Herzöge von Österreich (Habsburger) waren, was auch in der seriösen Literatur immer wieder als Fakt dargestellt ist, ist somit unrichtig. Diese Fehlannahme, auf der leider auch eine ganze Reihe von bekannten, wenngleich unrichtigen Theorien, basiert, dürfte ihre Ursache in den späteren Teilungen innerhalb der Dynastie seit Karl V. und Ferdinand I. haben. Ferdinands Nachkommen spalteten sich in der Folge in eine Hauptlinie und Nebenlinien auf, wobei der Habsburger mit der Kaiserwürde, dessen Hauptsitz als Folge des [[w:Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] endgültig die Stadt [[Wien]] war, stets als Oberhaupt der Familie galt. Offensichtlich wurde dies im 18. und 19. Jahrhundert, und ohne kritische (Über-)Prüfung, auch auf die Teilungen nach dem "Neuberger Vertrag" übertragen.</ref>.<ref name ="nieder180">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 180</ref>
Die Teilung der Territorien dürfte einigermaßen ausgewogen gewesen sein. Abgesehen davon, dass Albrecht mit dem Herzogtum Österreich jenes Territorium erhielt, nach dem sich die Familie im Spätmittelalter benannte, also sozusagen das "Kernland", enthielt der Vertrag für ihn und seine Nachkommen keine Vorteile<ref group="A">Die Behauptung, dass die Nachfahren Albrechts (die "Albertiner") die Hauptlinie und die Nachfahren Leopolds (die "Leopoldiner") nur eine jüngere [[w:Sekundogenitur|Nebenlinie]] der Herzöge von Österreich (Habsburger) waren, was auch in der seriösen Literatur immer wieder als Fakt dargestellt ist, ist somit unrichtig. Diese Fehlannahme, auf der leider auch eine ganze Reihe von bekannten, wenngleich unrichtigen Theorien, basiert, dürfte ihre Ursache in den späteren Teilungen innerhalb der Dynastie seit Karl V. und Ferdinand I. haben. Ferdinands Nachkommen spalteten sich in der Folge in eine Hauptlinie und Nebenlinien auf, wobei der Habsburger mit der Kaiserwürde, dessen Hauptsitz als Folge des [[w:Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] endgültig die Stadt [[Wien]] war, stets als Oberhaupt der Familie galt. Offensichtlich wurde dies im 18. und 19. Jahrhundert, und ohne kritische (Über-)Prüfung, auch auf die Teilungen nach dem "Neuberger Vertrag" übertragen.</ref>.<ref name ="nieder180">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 180</ref>
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== Beurteilung des "Neuberger Vertrages" ==
== Beurteilung des "Neuberger Vertrages" ==
Die als "Neuburger Vertrag" in die Geschichtsschreibung eingegangene Übereinkunft der Herzöge Albrecht III. und Leopold III. widersprach zwar den Bestimmungen der "''Albrechtinischen Hausordnung''" und des "Privilegium maius", die beide die "Unteilbarkeit" der Territorien festgelegt hatten, mit Blick auf die damaligen Rechtsnormen war er jedoch zulässig. Albrecht und Leopold waren zum Zeitpunkt des Abschlusses als voll handlungsfähige Fürsten dazu berechtigt, Verträge zu revidieren und neue Abkommen zu schließen. Der Vertrag dürfte zudem im gegenseitigen Einvernehmen zustande gekommen sein und widersprach auch keineswegs dem damaligen Reichsrechten oder den Bestimmungen der [[w:Goldene Bulle|Goldenen Bulle]]. Er wurde außerdem mit Zustimmung der Landstände geschlossen und von [[König Wenzel IV. von Böhmen]], der 1378 die Nachfolge von [[w:Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl IV.]] angetreten hatte, ohne besondere Schwierigkeiten bestätigt.<ref name ="nieder180"/><nowiki/>
Die als "Neuburger Vertrag" in die Geschichtsschreibung eingegangene Übereinkunft der Herzöge Albrecht III. und Leopold III. widersprach zwar den Bestimmungen der "''Albrechtinischen Hausordnung''" und des "Privilegium maius", die beide die "Unteilbarkeit" der Territorien festgelegt hatten, mit Blick auf die damaligen Rechtsnormen war er jedoch zulässig. Albrecht und Leopold waren zum Zeitpunkt des Abschlusses als voll handlungsfähige Fürsten dazu berechtigt, Verträge zu revidieren und neue Abkommen zu schließen. Der Vertrag dürfte zudem im gegenseitigen Einvernehmen zustande gekommen sein und widersprach auch keineswegs dem damaligen Reichsrechten oder den Bestimmungen der [[w:Goldene Bulle|Goldenen Bulle]]. Er wurde außerdem mit Zustimmung der Landstände geschlossen und von [[König Wenzel IV. von Böhmen]], der 1378 die Nachfolge von [[w:Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl IV.]] angetreten hatte, ohne besondere Schwierigkeiten bestätigt.<ref name ="nieder180"/>


Dennoch wird die Länderteilung, besonders wegen der damit zusammenhängenden Spaltung der Dynastie in eine "Albertinische" und eine "Leopoldinische Linie", eher negativ gesehen, führten sie doch zu langwierigen, teils mit großer Erbitterung ausgetragenen innerfamiliären Auseinandersetzungen, die als wesentliche Ursache für die Schwächung der politischen Position der Dynastie innerhalb des [[w:Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] gilt.<ref name ="nieder181">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181</ref> Politisch nachteilig wirkte sich vor allem aus, dass es den Familienzweigen nicht gelang, langfristig an einer einheitlichen politischen Linie festzuhalten.<ref name ="nieder180"/><nowiki/> Während sich die "Albertinische Linie" auf den Osten ausrichtete und meistens auf Seiten des ungarischen Königs und späteren [[Kaiser Sigismund]] zu finden war, orientierte sich die Politik der "Leopoldinischen Linie" vornehmlich nach Westen und Süden<ref group="A">Ein gutes Beispiel dafür bietet das "[[w:Abendländisches Schisma|große abendländliche Schisma". Während Albrecht III. wie das Haus Luxemburg und der größte Teil der Reichsfürsten auf der Seite des "römischen" [[w:Urban VI.|Papstes Urban VI.]] stand, gehörte Leopold III., dem gerade eine politische Annäherung an den Herzog von Burgund gelungen war, wie der französische Westen dem Lager von [[w:Clemens VII.|Papst Clemens VII.]] an, der in [[w:Avignon|Avignon]] residierte, vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181.</ref>. Allerdings war dies nicht nur auf persönliche Konflikte zwischen den einzelnen Familienmitgliedern zurückzuführen, sondern auch wesentlich auf die Unterschiedlichkeit der einzelnen Territorien und ihrer divergierenden Interessen, die eine gemeinsame Politik nach außen wesentlich erschwerten.<ref name ="nieder181"/><nowiki/> Ein weiterer Nachteil des "Neuberger Vertrages war sicher, dass er zwar die Frage der Vormundschaft beim Tod von einem der beiden Herzöge regelte, nicht aber zukünftige Streitfälle, die zum Beispiel das Recht des "''Senior familiae''" betrafen, was Konflikte innerhalb der Familie zur Folge hatte.<ref name ="nieder181"/><nowiki/> Als Vorteil wird heute gesehen, dass die Reduktion einzelner Herrschaftsgebiete zumindest ansatzweise eine erfolgreiche Territorialpolitik förderte.<ref name ="nieder181"/><nowiki/>
Dennoch wird die Länderteilung, besonders wegen der damit zusammenhängenden Spaltung der Dynastie in eine "Albertinische" und eine "Leopoldinische Linie", eher negativ gesehen, führten sie doch zu langwierigen, teils mit großer Erbitterung ausgetragenen innerfamiliären Auseinandersetzungen, die als wesentliche Ursache für die Schwächung der politischen Position der Dynastie innerhalb des [[w:Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] gilt.<ref name ="nieder181">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181</ref> Politisch nachteilig wirkte sich vor allem aus, dass es den Familienzweigen nicht gelang, langfristig an einer einheitlichen politischen Linie festzuhalten.<ref name ="nieder180"/> Während sich die "Albertinische Linie" auf den Osten ausrichtete und meistens auf Seiten des ungarischen Königs und späteren [[Sigismund (HRR)|Kaiser Sigismund]] zu finden war, orientierte sich die Politik der "Leopoldinischen Linie" vornehmlich nach Westen und Süden<ref group="A">Ein gutes Beispiel dafür bietet das "[[w:Abendländisches Schisma|große abendländliche Schisma". Während Albrecht III. wie das Haus Luxemburg und der größte Teil der Reichsfürsten auf der Seite des "römischen" [[w:Urban VI.|Papstes Urban VI.]] stand, gehörte Leopold III., dem gerade eine politische Annäherung an den Herzog von Burgund gelungen war, wie der französische Westen dem Lager von [[w:Clemens VII.|Papst Clemens VII.]] an, der in [[w:Avignon|Avignon]] residierte, vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181.</ref>. Allerdings war dies nicht nur auf persönliche Konflikte zwischen den einzelnen Familienmitgliedern zurückzuführen, sondern auch wesentlich auf die Unterschiedlichkeit der einzelnen Territorien und ihrer divergierenden Interessen, die eine gemeinsame Politik nach außen wesentlich erschwerten.<ref name ="nieder181"/> Ein weiterer Nachteil des "Neuberger Vertrages war sicher, dass er zwar die Frage der Vormundschaft beim Tod von einem der beiden Herzöge regelte, nicht aber zukünftige Streitfälle, die zum Beispiel das Recht des "''Senior familiae''" betrafen, was Konflikte innerhalb der Familie zur Folge hatte.<ref name ="nieder181"/> Als Vorteil wird heute gesehen, dass die Reduktion einzelner Herrschaftsgebiete zumindest ansatzweise eine erfolgreiche Territorialpolitik förderte.<ref name ="nieder181"/>


== Literatur ==
== Literatur ==
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