Vertrag von Neuberg an der Mürz: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Der Vertrag von Neuberg an der Mürz''' oder '''Neuberger Vertrag''' war eine Übereinkunft, die im Herbst des Jahres 1379 zwischen den Herzögen [[Albrecht III. (Österreich)|Albrecht III. ("''Albrecht mit dem Zopfe''")]] und [[Leopold III. (Habsburg)|Leopold III. (''"Leopold dem Gerechten''")]] geschlossen wurde. Mit diesem Vertrag erfolgte die erste Realteilung der von den [[Habsburger|Herzögen von Österreich (Habsburgern)]] beherrschten Territorien. Der Vertrag bildete die Grundlage für weitere Teilungsverträge. Außerdem spalteten sich als weitere Folge die Herzöge von Österreich in zwei bzw. drei Familienzweige auf, die politisch eigene Wege beschritten. Erst um 1490/1493 kam es unter [[Maximilian I.|Kaiser Maximilian I.]] zur endgültigen Wiedervereinigung der von verschiedenen Mitgliedern seiner Familie beherrschten Territorien.
[[File:Vischer - Topographia Ducatus Stiria - 273 Neuberg im Mürztal.jpg|thumb|Das Zisterzienserkloster Neuberg, Bild von Georg Matthäus Vischer (* 1628; † 1696), aus dem Jahr 1681]]
'''Der Vertrag von Neuberg an der Mürz''' oder '''Neuberger Vertrag''' war eine Übereinkunft, die im Herbst des Jahres 1379 zwischen den Herzögen [[Albrecht III. (Österreich)|Albrecht III. ("''Albrecht mit dem Zopfe''")]] und [[Leopold III. von Habsburg|Leopold III. (''"Leopold dem Gerechten''")]] geschlossen wurde. Mit diesem Vertrag erfolgte die erste Realteilung der von den [[Habsburger|Herzögen von Österreich (Habsburgern)]] beherrschten Territorien. Der Vertrag bildete die Grundlage für weitere Teilungsverträge. Außerdem spalteten sich als weitere Folge die Herzöge von Österreich in zwei bzw. drei Familienzweige auf, die politisch eigene Wege beschritten. Erst um 1490/1493 kam es unter [[Maximilian I. (HRR)|Kaiser Maximilian I.]] zur endgültigen Wiedervereinigung der von verschiedenen Mitgliedern seiner Familie beherrschten Territorien.


==Vorgeschichte==
==Vorgeschichte==
Nach dem Aufstieg in den Stand der Reichsfürsten im 13. Jahrhundert war es den Herzögen von Österreich, wie sich die Dynastie der Habsburger im Spätmittelalter nannte, im Gegensatz zu den meisten anderen Adelsfamilien im "Reich" gelungen, Realteilungen innerhalb ihrer Herrschaften zunächst zu verhindern.<ref group="A">Während von den Söhnen [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolfs I.]] nur der spätere [[Albrecht I. (HRR)|König Albrecht I. (als Herzog von Österreich ebenfalls Albrecht I.)]] seinen Vater überlebte und so die alleinige Herrschaft antreten konnte, gelang Albrechts vielen Söhnen trotz politischer Schwierigkeiten (und vermutlich auch persönlicher Differenzen) die Aufrechthaltung einer Samtherrschaft.</ref> Mit der Erlassung der [[Rudolfinische Hausordnung#Die Albrechtinische Hausordnung (1355)|"Albrechtinischen Hausordnung" (1355)]], dem [[w:Privilegium maius|"Privilegium maius" (vermutlich im Winter 1358/59)]] und der [[Rudolfinische Hausordnung|"Rudolfinischen Hausordnung" (1364)]] versuchten [[Albrecht II. (Österreich)|Herzog Albrecht II. von Österreich ("''Albrecht der Weise''" oder "''Albrecht der Lahme''")]] und sein Sohn [[Rudolf IV. (Österreich)|(Erz-)Herzog Rudolf IV. ("''Rudolf der Stifter''")]] eine Realteilung der Territoriem, über die ihre Familie inzwischen herrschte, zu verhindern.  
Nach dem Aufstieg in den Stand der Reichsfürsten im 13. Jahrhundert war es den Herzögen von Österreich, wie sich die Dynastie der Habsburger im Spätmittelalter nannte, im Gegensatz zu den meisten anderen Adelsfamilien im "Reich" gelungen, Realteilungen innerhalb ihrer Herrschaften zunächst zu verhindern.<ref group="A">Während von den Söhnen [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolfs I.]] nur der spätere [[Albrecht I. (HRR)|König Albrecht I. (als Herzog von Österreich ebenfalls Albrecht I.)]] seinen Vater überlebte und so die alleinige Herrschaft antreten konnte, gelang Albrechts vielen Söhnen trotz politischer Schwierigkeiten (und vermutlich auch persönlicher Differenzen) die Aufrechthaltung einer Samtherrschaft.</ref> Mit der Erlassung der [[Rudolfinische Hausordnung#Die Albrechtinische Hausordnung (1355)|"Albrechtinischen Hausordnung" (1355)]], dem [[w:Privilegium maius|"Privilegium maius" (vermutlich im Winter 1358/59)]] und der [[Rudolfinische Hausordnung|"Rudolfinischen Hausordnung" (1364)]] versuchten [[Albrecht II. (Österreich)|Herzog Albrecht II. von Österreich ("''Albrecht der Weise''" oder "''Albrecht der Lahme''")]] und sein Sohn [[Rudolf IV. (Österreich)|(Erz-)Herzog Rudolf IV. ("''Rudolf der Stifter''")]] eine Realteilung der Territoriem, über die ihre Familie inzwischen herrschte, zu verhindern.  


Nach dem frühen Tod von Herzog Rudolf IV. traten seine Brüder, die zu diesem Zeitpunkt beide noch sehr jung waren, gemeinsam die Nachfolge an. Wohl gestützt auf die "Rudolfinische Hausordnung" übernahm Albrecht III. zunächst als "''Senior familiae''" die Führung. Leopold III., den Rudolf IV. in den letzten Monaten seines Lebens mit Verwaltungsaufgaben in [[w:Gefürstete Grafschaft Tirol|Tirol]] und den [[w:Vorderösterreich|"Vorderen Landen"]] betraut hatte, blieb vorerst in der Umgebung seines Bruders.<ref>vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 172</ref> Bis ca. 1373 dürften beide Herzöge eine einvernehmliche gemeinsame Herrschaft ausgeübt haben.
Nach dem frühen Tod von Herzog Rudolf IV. traten seine Brüder, die zu diesem Zeitpunkt beide noch sehr jung waren, gemeinsam die Nachfolge an. Wohl gestützt auf die "Rudolfinische Hausordnung" übernahm Albrecht III. zunächst als "''Senior familiae''" die Führung. Leopold III., den Rudolf IV. in den letzten Monaten seines Lebens mit Verwaltungsaufgaben in [[Grafschaft Tirol|Tirol]] und den [[w:Vorderösterreich|"Vorderen Landen"]] betraut hatte, blieb vorerst in der Umgebung seines Bruders.<ref name="nieder172">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 172</ref> Bis ca. 1373 dürften beide Herzöge eine einvernehmliche gemeinsame Herrschaft ausgeübt haben.


==Der Vertrag von Wien (1373) und weitere Verträge==
==Der Vertrag von Wien (1373) und weitere Verträge==
Am 25. Juli 1373 wurde in Wien ein auf zwei Jahre befristeter Vertrag zwischen den beiden Herzögen geschlossen, der noch an der Unteilbarkeit der von ihnen beherrschten Territorien festhält, aber bereits eine Teilung der Zuständigkeiten verfügt. Hier erhält Albrecht die Regentschaft über die Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und [[Herzogtum Steier|Steier]], während das Herzogtum [[w:Krain|Krain]], die [[Grafschaft Tirol]] und die "Vorderen Lande" Leopold unterstellt sind. Die Einkünfte aus dem [[Herzogtum Kärnten]], das damals unter der Verwaltung des Grafen [[Meinhard VI. (Görz)|Meinhard von Görz]] stand, werden geteilt. Die Amtsträger werden auf beide Herzöge vereidigt. Leopold ist es nun verboten, in [[Linz]] (im Herzogtum Österreich) oder [[Graz]] (im Herzogtum Steier) seinen Aufenthalt zu nehmen, Albrecht in jenen Orten der anderen Ländergruppe, die Sitz eines Landeshauptmanns oder eines Landvogtes sind.<ref name="nieder178">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 178</ref>  
Am 25. Juli 1373 wurde in Wien ein auf zwei Jahre befristeter Vertrag zwischen den beiden Herzögen geschlossen, der noch an der Unteilbarkeit der von ihnen beherrschten Territorien festhält, aber bereits eine Teilung der Zuständigkeiten verfügt. Hier erhält Albrecht die Regentschaft über die Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und [[Herzogtum Steier|Steier]], während das Herzogtum [[w:Krain|Krain]], die [[Grafschaft Tirol]] und die "Vorderen Lande" Leopold unterstellt sind. Die Einkünfte aus dem [[Herzogtum Kärnten]], das damals unter der Verwaltung des Grafen [[Meinhard VI. (Görz)|Meinhard von Görz]] stand, werden geteilt. Die Amtsträger werden auf beide Herzöge vereidigt. Leopold ist es nun verboten, in [[Linz]] (im Herzogtum Österreich) oder [[Graz]] (im Herzogtum Steier) seinen Aufenthalt zu nehmen, Albrecht in jenen Orten der anderen Ländergruppe, die Sitz eines Landeshauptmanns oder eines Landvogtes sind.<ref name="nieder178">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 178</ref>  


Nach dem Auslaufen dieses Vertrages wurden 1375 bzw. 1376 weitere Verträge geschlossen, in denen Leopold noch die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten mit Erwerbungen in [[w:Istrien|Istrien]], in der [[w:Windische Mark|Windischen Mark]] und im heutigen oberen [[w:Italien|Italien]] erhält. Hier wird erstmals die Führung einer "selbständigen" "Außenpolitik" erlaubt. Ein weiterer Vertrag wurde noch 1379 geschlossen oder war zumindest geplant.<ref name="nieder179">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 179</ref>
Nach dem Auslaufen dieses Vertrages wurden 1375 sowie am 5. Jänner 1376 in [[w:Bad Waldsee|Waldsee]] weitere Teilungsverträge geschlossen, in denen Leopold noch die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten mit Erwerbungen in [[w:Istrien|Istrien]], in der [[w:Windische Mark|Windischen Mark]] und im heutigen oberen [[w:Italien|Italien]] erhält. Hier wird erstmals die Führung einer "selbständigen" "Außenpolitik" erlaubt. Ein weiterer Vertrag wurde noch 1379 geschlossen oder war zumindest geplant.<ref name="nieder179">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 179</ref>


==Der Vertrag von Neuberg an der Mürz (1379)==
==Der Vertrag von Neuberg an der Mürz (1379)==
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*Sie verpflichten sich zu gegenseitiger Hilfe.
*Sie verpflichten sich zu gegenseitiger Hilfe.
*Sie verpflichten sich dazu, keine Bündnisse einzugehen, die gegen den anderen gerichtet sind.
*Sie verpflichten sich dazu, keine Bündnisse einzugehen, die gegen den anderen gerichtet sind.
*Albrecht erhält das Herzogtum [[w:Erzherzogtum Österreich|Österreich]] mit der Stadt [[Steyr]] sowie [[Hallstatt]] und das [[Salzkammergut|Ischlland (inneres Salzkammergut)]], außerdem die Festen [[w:Burgruine Starhemberg|Starhemberg]], [[Pitten]], [[Ternberg]] und [[w:Burg Schwarzenbach (Niederösterreich)|Schwarzenbach]] mit den dazu gehörigen Landesgerichten.
*Albrecht erhält das Herzogtum [[Herzogtum Österreich|Österreich]] mit der Stadt [[Steyr]] sowie [[Hallstatt]] und das [[Salzkammergut|Ischlland (inneres Salzkammergut)]], außerdem die Festen [[Burgruine Starhemberg|Starhemberg]], [[Pitten]], [[Ternberg]] und [[Burg Schwarzenbach (Niederösterreich)|Schwarzenbach]] mit den dazu gehörigen Landesgerichten.
*Leopold erhält die Herzogtümer Steier, Kärnten und Krain, die Windische Mark, die Güter in Istrien, [[w:Feltre|Feltre]] und [[w:Belluno|Belluno]], die Grafschaft Tirol und die vorländischen Besitzungen (westlich des [[w:Arberg|Arlberges]], in der heutigen [[w:Schweiz|Schweiz]], im der [[w:Schwaben|Reichslandschaft Schwaben]] und im [[w:Elsaß|Elsaß]]), außerdem [[Wiener Neustadt]] und [[Neunkirchen]]<ref group="A">Beide Städte lagen im Gebiet der Grafschaft Pitten, die im Neuberger Teilungsvertrag jedoch an Albrecht mit dem Zopfe gekommen war und auch in den Nachfolgeverträgen unter der Verwaltung des Herzogtums Österreich und nicht des Herzogtums Steier gestanden haben dürfte, vgl. [[w:Martha Keil|Martha Keil]]: ''"… vormals bey der Juden Zeitt …"''. Studien zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Wiener Neustadt im Spätmittelalter. Dissertation, Universität Wien, 1998, S. 9</ref> sowie die Burgen [[Schottwien]], [[Klamm]] und [[Aspang]].
*Leopold erhält die Herzogtümer Steier, Kärnten und Krain, die Windische Mark, die Güter in Istrien, [[w:Feltre|Feltre]] und [[w:Belluno|Belluno]], die [[Grafschaft Tirol]] und die "vorländischen Besitzungen" (westlich des [[w:Arberg|Arlberges]]), in der heutigen [[w:Schweiz|Schweiz]], in der [[w:Schwaben|Reichslandschaft Schwaben]] und im [[w:Elsaß|Elsaß]]), außerdem [[Wiener Neustadt]] und [[Neunkirchen]]<ref group="A">Beide Städte lagen im Gebiet der [[Grafschaft Pitten]], die im Neuberger Teilungsvertrag jedoch an Albrecht mit dem Zopfe gekommen war und auch in den Nachfolgeverträgen unter der Verwaltung des Herzogtums Österreich und nicht des Herzogtums Steier gestanden haben dürfte, vgl. [[w:Martha Keil|Martha Keil]]: ''"… vormals bey der Juden Zeitt …"''. Studien zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Wiener Neustadt im Spätmittelalter. Dissertation, Universität Wien, 1998, S. 9</ref> sowie die Burgen [[Schottwien]], [[Klamm]] und [[Aspang]].


Dass Leopold im Vertrag außerdem eine Kompensationszahlung zugestanden wurde<ref name="nieder179" />, zeigt, dass die ihm zugeteilten Territorien zu diesem Zeitpunkt wesentlich weniger Einkünfte erbrachten, als die von Albrecht III.  
Dass Leopold im Vertrag außerdem eine Kompensationszahlung zugestanden wurde<ref name="nieder179" />, zeigt, dass die ihm zugeteilten Territorien zu diesem Zeitpunkt wesentlich weniger Einkünfte erbrachten, als die von Albrecht III.  
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==Hintergründe für den "Neuberger Teilungsvertrag"==
==Hintergründe für den "Neuberger Teilungsvertrag"==
Belege, warum dieser Vertrag und die früheren Verträge geschlossen wurden, sind bisher nicht aufgetaucht. Dass Leopold zum Beispiel im Sommer 1377, während Albrecht an einem Kreuzzug gegen die Preußen teilnahm, die Herrschaft über alle Territorien alleine ausübte und diese Situation keineswegs zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt hat oder dass der "Neuberger Vertrag" eine relativ faire Teilung beinhaltet<ref name="nieder1792" />, wurde in der älteren Forschung immer wieder als Indiz dafür gedeutet, dass beide Herzöge ein gutes Verhältnis zueinander hatten und der "Neuberger Teilungsvertrag" aus praktischen, verwaltungsbedingten Gründen geschlossen wurde. Die neuere Forschung dagegen vermutete dahinter einen möglichen "Bruderzwist", der in schriftlicher Form ausgetragen wurde. Die aktuelle Forschung geht inzwischen von einem richtigen Bruderkrieg (oder "Beinahe-Bruderkrieg") aus, der mit dem unter Vermittlung der Landstände geschlossenen Teilungsvertrag beendet oder gerade noch verhindert werden konnte. Da das Informationsmaterial zum "Neuberger Teilungsvertrag" ausschließlich aus Dokumenten besteht und eine seriöse zeitgenössische Beschreibung der Geschehnisse, die zum Abschluss des Vertrages führten, bisher nicht aufgetaucht ist, kann allerdings nur gemutmaßt werden, warum dieser Vertrag geschlossen wurde.
Belege, warum dieser Vertrag und die früheren Verträge geschlossen wurden, sind bisher nicht aufgetaucht. Dass Leopold zum Beispiel im Sommer 1377, während Albrecht an einem Kreuzzug gegen die Preußen teilnahm, die Herrschaft über alle Territorien alleine ausübte und diese Situation keineswegs zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt hat oder dass der "Neuberger Vertrag" eine relativ faire Teilung beinhaltet<ref name="nieder172"/>, wurde in der älteren Forschung immer wieder als Indiz dafür gedeutet, dass beide Herzöge ein gutes Verhältnis zueinander hatten und der "Neuberger Teilungsvertrag" aus praktischen, verwaltungsbedingten Gründen geschlossen wurde. Die neuere Forschung dagegen vermutete dahinter einen möglichen "Bruderzwist", der in schriftlicher Form ausgetragen wurde. Die aktuelle Forschung geht inzwischen von einem richtigen Bruderkrieg (oder "Beinahe-Bruderkrieg") aus, der mit dem unter Vermittlung der Landstände geschlossenen Teilungsvertrag beendet oder gerade noch verhindert werden konnte. Da das Informationsmaterial zum "Neuberger Teilungsvertrag" ausschließlich aus Dokumenten besteht und eine seriöse zeitgenössische Beschreibung der Geschehnisse, die zum Abschluss des Vertrages führten, bisher nicht aufgetaucht ist, kann allerdings nur gemutmaßt werden, warum dieser Vertrag geschlossen wurde.


==Geschichtliche Entwicklung nach Abschluss des Vertrags==
==Geschichtliche Entwicklung nach Abschluss des Vertrags==
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==Beurteilung des "Neuberger Vertrags"==
==Beurteilung des "Neuberger Vertrags"==
Die als "Neuburger Vertrag" in die Geschichtsschreibung eingegangene Übereinkunft der Herzöge Albrecht III. und Leopold III. widersprach zwar den Bestimmungen der "''Albrechtinischen Hausordnung''" und des "Privilegium maius", die beide die "Unteilbarkeit" der Territorien festgelegt hatten, mit Blick auf die damaligen Rechtsnormen war er jedoch zulässig. Albrecht und Leopold waren zum Zeitpunkt des Abschlusses als voll handlungsfähige Fürsten dazu berechtigt, Verträge zu revidieren und neue Abkommen zu schließen. Der Vertrag dürfte zudem im gegenseitigen Einvernehmen zustande gekommen sein und widersprach auch keineswegs dem damaligen Reichsrechten oder den Bestimmungen der [[w:Goldene Bulle|Goldenen Bulle]]. Er wurde außerdem mit Zustimmung der Landstände geschlossen und von [[Wenzel (HRR)|König Wenzel IV. von Böhmen]], der 1378 die Nachfolge von [[w:Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl IV.]] angetreten hatte, bestätigt.<ref name="nieder180" />
Die als "Neuberger Vertrag" in die Geschichtsschreibung eingegangene Übereinkunft der Herzöge Albrecht III. und Leopold III. widersprach zwar den Bestimmungen der "''Albrechtinischen Hausordnung''" und des "Privilegium maius", die beide die "Unteilbarkeit" der Territorien festgelegt hatten, mit Blick auf die damaligen Rechtsnormen war er jedoch zulässig. Albrecht und Leopold waren zum Zeitpunkt des Abschlusses als voll handlungsfähige Fürsten dazu berechtigt, Verträge zu revidieren und neue Abkommen zu schließen. Der Vertrag dürfte zudem im gegenseitigen Einvernehmen zustande gekommen sein und widersprach auch keineswegs dem damaligen Reichsrechten oder den Bestimmungen der [[w:Goldene Bulle|Goldenen Bulle]]. Er wurde außerdem mit Zustimmung der Landstände geschlossen und von [[Wenzel (HRR)|König Wenzel IV. von Böhmen]], der 1378 die Nachfolge von [[w:Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl IV.]] angetreten hatte, bestätigt.<ref name="nieder180" />


Dennoch wird die Länderteilung, besonders wegen der damit zusammenhängenden Spaltung der Dynastie in eine "Albertinische" und eine "Leopoldinische Linie", eher negativ gesehen, führte sie doch zu langwierigen innerfamiliären Auseinandersetzungen, die als wesentliche Ursache für die Schwächung der politischen Position der Dynastie innerhalb des [[w:Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] gelten.<ref name="nieder181">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181</ref> Nachteilig wirkte sich vor allem aus, dass es den Familienzweigen nicht gelang, langfristig an einer einheitlichen politischen Linie festzuhalten.<ref name="nieder180" /> Während sich die "Albertinische Linie" auf den Osten ausrichtete und meistens auf Seite des ungarischen Königs und späteren [[Sigismund (HRR)|Kaisers Sigismund]] zu finden war, orientierte sich die Politik der "Leopoldinischen Linie" vornehmlich nach Westen und Süden<ref group="A">Ein gutes Beispiel dafür bietet das "[[w:Abendländisches Schisma|große abendländliche Schisma"]]. Während Albrecht III. wie König Wenzel und der größte Teil der Reichsfürsten auf der Seite des "römischen" [[w:Urban VI.|Papstes Urban VI.]] stand, gehörte Leopold III., dem gerade eine politische Annäherung an den Herzog von Burgund gelungen war, wie der französische Westen dem Lager von [[w:Clemens VII.|Papst Clemens VII.]] an, der in [[w:Avignon|Avignon]] residierte, vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181.</ref>.  
Dennoch wird die Länderteilung, besonders wegen der damit zusammenhängenden Spaltung der Dynastie in eine "Albertinische" und eine "Leopoldinische Linie", eher negativ gesehen, führte sie doch zu langwierigen innerfamiliären Auseinandersetzungen, die als wesentliche Ursache für die Schwächung der politischen Position der Dynastie innerhalb des [[w:Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] gelten.<ref name="nieder181">vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181</ref> Nachteilig wirkte sich vor allem aus, dass es den Familienzweigen nicht gelang, langfristig an einer einheitlichen politischen Linie festzuhalten.<ref name="nieder180" /> Während sich die "Albertinische Linie" auf den Osten ausrichtete und meistens auf Seite des ungarischen Königs und späteren [[Sigismund (HRR)|Kaisers Sigismund]] zu finden war, orientierte sich die Politik der "Leopoldinischen Linie" vornehmlich nach Westen und Süden<ref group="A">Ein gutes Beispiel dafür bietet das "[[w:Abendländisches Schisma|große abendländliche Schisma"]]. Während Albrecht III. wie König Wenzel und der größte Teil der Reichsfürsten auf der Seite des "römischen" [[w:Urban VI.|Papstes Urban VI.]] stand, gehörte Leopold III., dem gerade eine politische Annäherung an den Herzog von Burgund gelungen war, wie der französische Westen dem Lager von [[w:Clemens VII.|Papst Clemens VII.]] an, der in [[w:Avignon|Avignon]] residierte, vgl. Alois Niederstätter: ''Österreichische Geschichte 1278–1411'', 2001, S. 181.</ref>.  


Allerdings war dies weniger auf persönliche Konflikte zwischen den einzelnen Familienmitgliedern zurückzuführen, sondern eher auf die Unterschiedlichkeit der einzelnen Territorien und ihrer divergierenden Interessen, die eine gemeinsame Politik nach außen wesentlich erschwerten.<ref name="nieder181" /> Das Herzogtum Österreich war trotz der Vorrechte von bairischen Klöstern und Kirchen sowie der Bistümer Passau und Freising ein geschlossener und abgerundeter "Territorialstaat" mit relativ geklärten landesfürstlichen Rechten. Die anderen Herzogtümer, Grafschaften und Herrschaften waren dagegen aufgesplittert, ihre Geschlossenheit wurde durch den eigenständigen Besitz weiterer Hochadelsfamilien (zum Beispiel die Grafen von Görz und Cilli) und geistlichen Territorien des [[w:Erzstift Salzburg|Erzbistums Salzburg]] und seiner Suffraganbistümer, des [[w:Patriarchat von Aquileia|Patriachats von Aquileia]], den Bistümern [[w:Bistum Bamberg|Bamberg]], [[w:Bistum Freising|Freising]], [[w:Bistum Brixen|Brixen]], [[w:Bistum Trient|Trient]] und [[w:Bistum Chur|Chur]] durchsetzt.<ref>vgl. [[w:Heinrich Koller (Historiker)|Heinrich Koller]]: ''Das Herzogtum Steyr als Grundlage der österreichischen Politik Kaiser Friedrich III.''. In: [[w:Othmar Pickl|Othmar Pickl]] (Hrsg.): ''800 Jahre Steiermark und Österreich 1192-1992''. Der Beitrag der Steiermark zu Österreichs Größe. Graz 1992, S. 158f.</ref>
Allerdings war dies weniger auf persönliche Konflikte zwischen den einzelnen Familienmitgliedern zurückzuführen, sondern eher auf die Unterschiedlichkeit der einzelnen Territorien und ihrer divergierenden Interessen, die eine gemeinsame Politik nach außen wesentlich erschwerten.<ref name="nieder181" /> Das Herzogtum Österreich war trotz der Vorrechte von bairischen Klöstern und Kirchen sowie der Bistümer Passau und Freising ein geschlossener und abgerundeter "Territorialstaat" mit relativ geklärten landesfürstlichen Rechten. Die anderen Herzogtümer, Grafschaften und Herrschaften waren dagegen aufgesplittert, ihre Geschlossenheit wurde durch den eigenständigen Besitz weiterer Hochadelsfamilien (zum Beispiel die Grafen von Görz und Cilli) und geistlichen Territorien des [[Erzstift Salzburg|Erzbistums Salzburg]] und seiner Suffraganbistümer, des [[w:Patriarchat von Aquileia|Patriachats von Aquileia]], den Bistümern [[w:Bistum Bamberg|Bamberg]], [[w:Bistum Freising|Freising]], [[w:Bistum Brixen|Brixen]], [[w:Bistum Trient|Trient]] und [[w:Bistum Chur|Chur]] durchsetzt.<ref>vgl. [[w:Heinrich Koller (Historiker)|Heinrich Koller]]: ''Das Herzogtum Steyr als Grundlage der österreichischen Politik Kaiser Friedrich III.''. In: [[w:Othmar Pickl|Othmar Pickl]] (Hrsg.): ''800 Jahre Steiermark und Österreich 1192-1992''. Der Beitrag der Steiermark zu Österreichs Größe. Graz 1992, S. 158f.</ref>


Ein weiterer Nachteil des "Neuberger Vertrages war sicher, dass er zwar die Frage der Vormundschaft beim Tod von einem der beiden Herzöge regelte, nicht aber zukünftige Streitfälle, die zum Beispiel das Recht des "''Senior familiae''" betrafen, was ebenfalls Konflikte innerhalb der Familie zur Folge hatte.<ref name="nieder181" /> Als Vorteil wird heute gesehen, dass die Reduktion einzelner Herrschaftsgebiete zumindest ansatzweise eine erfolgreiche Territorialpolitik förderte.<ref name="nieder181" />
Ein weiterer Nachteil des "Neuberger Vertrages war sicher, dass er zwar die Frage der Vormundschaft beim Tod von einem der beiden Herzöge regelte, nicht aber zukünftige Streitfälle, die zum Beispiel das Recht des "''Senior familiae''" betrafen, was ebenfalls Konflikte innerhalb der Familie zur Folge hatte.<ref name="nieder181" /> Als Vorteil wird heute gesehen, dass die Reduktion einzelner Herrschaftsgebiete zumindest ansatzweise eine erfolgreiche Territorialpolitik förderte.<ref name="nieder181" />
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==Weblinks==
==Weblinks==
{{Wikidata|Q561493|Vertrag von Neuberg}}
*[http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=713845 Neuberger Teilungsvertrag], Österreichischen Staatsarchiv
*[http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=713845 Neuberger Teilungsvertrag], Österreichischen Staatsarchiv


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