Heinrich II. (Österreich): Unterschied zwischen den Versionen

K
 
(22 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 4: Zeile 4:
== Herkunft und Familie ==  
== Herkunft und Familie ==  
Heinrich ''Jasomirgott'' entstammte einer Herrscherfamilie, die heute als die [[Babenberger]] bezeichnet wird. Er war einer der Söhne von [[Leopold III. (Österreich)|Markgraf Leopold "dem Heiligen"]] aus dessen Ehe mit [[Agnes von Hohenstaufen|Agnes]], der Tochter von [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] Er war der ältere Bruder von [[Leopold (Bayern)|Herzog Leopold von Baiern]], Markgraf von Österreich.<ref name ="kleindelstammtafel">vgl. Walter Kleindel: ''Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur'', 1978, Stammtafel (im Anhang)</ref> Durch die erste Ehe seiner Mutter Agnes war Leopold ein Halbbruder von [[w:Konrad III. (HRR)|König Konrad III.]]. Durch die Ehen seiner Schwestern war er mit einer Reihe bedeutender Adelsfamilien aus dem Reich verwandt:  
Heinrich ''Jasomirgott'' entstammte einer Herrscherfamilie, die heute als die [[Babenberger]] bezeichnet wird. Er war einer der Söhne von [[Leopold III. (Österreich)|Markgraf Leopold "dem Heiligen"]] aus dessen Ehe mit [[Agnes von Hohenstaufen|Agnes]], der Tochter von [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] Er war der ältere Bruder von [[Leopold (Bayern)|Herzog Leopold von Baiern]], Markgraf von Österreich.<ref name ="kleindelstammtafel">vgl. Walter Kleindel: ''Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur'', 1978, Stammtafel (im Anhang)</ref> Durch die erste Ehe seiner Mutter Agnes war Leopold ein Halbbruder von [[w:Konrad III. (HRR)|König Konrad III.]]. Durch die Ehen seiner Schwestern war er mit einer Reihe bedeutender Adelsfamilien aus dem Reich verwandt:  
* über seine Schwester Gertrud († 1151) wurde eine weitere Ehe mit einem [[w:Vladislav II.|Przemysliden]] geschlossen.
* Über seine Schwester Gertrud († 1151) wurde eine weitere Ehe mit einem bedeutenden [[w:Vladislav II.|Przemysliden]] geschlossen. Einer ihrer Söhne war [[w:Adalbert III. von Böhmen|Erzbischof Adalbert (III.) von Salzburg]] († 1200), den Herzog Heinrich (II.) 1174-1177 im Konflikt mit dem von [[w:Friedrich I. (HRR)|Friedrich I. "''Barbarossa''"]] eingesetzten [[w:Heinrich I. (Berchtesgaden)|Gegenkandidaten]] unterstützte. Dabei dürfte es zu Überfällen auf den [[Bad Fischau-Brunn|Markt Fischau]] und die Stadt [[Enns]] gekommen sein, zudem wurde das Gebiet um [[Stift Admont]] verwüstet.<ref >vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 295 und S. 296</ref>
* eine weitere Schwester [[Bertha von Babenberg|Bertha]] († um 1150) heiratete in die einflussreiche bairische Familie der [[w:Babonen|Babonen]] ein. Durch sie gehören jene beiden Dichter, die als Burggrafen von [[w:Burggraf von Regensburg|Regensburg]] und [[w:Burggraf von Rietenburg|Riedenburg]] bekannt sind, zu seinen Verwandten.<ref name ="scheibelreiter226">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 226</ref>
* Eine andere Schwester [[Bertha von Babenberg|Bertha]] († um 1150) heiratete in die einflussreiche bairische Familie der [[w:Babonen|Babonen]] ein. Durch sie gehören jene beiden Dichter, die als Burggrafen von [[w:Burggraf von Regensburg|Regensburg]] und [[w:Burggraf von Rietenburg|Riedenburg]] bekannt sind, zu seinen Verwandten.<ref name ="scheibelreiter226">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 226</ref>
* seine Schwester [[w:Agnes von Babenberg|Agnes]] wurde eine "Stammmutter" der [[w:Władysław II. (Polen)|Herzöge von Schlesien]]
* Die Schwester [[w:Agnes von Babenberg|Agnes]] wurde eine "Stammmutter" der [[w:Władysław II. (Polen)|Herzöge von Schlesien]]
* seine Schwester Judith heiratete in die [[w:Markgrafschaft Montferrat|Markgrafenfamilie von Montferrat]] ein. Sie war die Mutter von [[w:Konrad von Montferrat|Markgraf Konrad von Montferrat]] († 1192), dem späteren König von Jerusalem. Seine Enkelin [[w:Isabella II. von Jerusalem|Isabella (II.)]] heiratete später († 1228) [[w:Friedrich II. (HRR)|Kaiser Friedrich II.]] († 1250).
* Die Schwester Judith heiratete in die [[w:Markgrafschaft Montferrat|Markgrafenfamilie von Montferrat]] ein. Sie war die Mutter von [[w:Konrad von Montferrat|Markgraf Konrad von Montferrat]] († 1192), dem späteren König von Jerusalem. Dessen Enkelin [[w:Isabella II. von Jerusalem|Isabella (II.)]] heiratete später († 1228) [[w:Friedrich II. (HRR)|Kaiser Friedrich II.]] († 1250).


Heinrich (I.) ''Jasomirgott'' heiratete zweimal:
Heinrich (I.) ''Jasomirgott'' heiratete zweimal:
:in 1. Ehe [[Gertrud von Sachsen|Gertrud]], die Tochter von [[w:Lothar III. (HRR)|Kaiser Lothar III.]] und Witwe von Herzog [[w:Heinrich der Stolze|Heinrich "''dem Stolzen''"]]. Sie war die Mutter von  Herzog [[w:Heinrich der Löwe|Heinrich "''dem Löwen''"]]<ref name ="krenn133">vgl. Walther Krenn: ''Allgemeine Geschichte Europas und des nahen Ostens''. Verlag Leitner & Co., Wels / Wunsiedel / Zürich, 3. Auflage 1955, S. 133</ref>
:in 1. Ehe [[Gertrud von Sachsen|Gertrud]], die Tochter von [[w:Lothar III. (HRR)|Kaiser Lothar III.]] und Witwe von Herzog [[w:Heinrich der Stolze|Heinrich "''dem Stolzen''"]]. Sie war die Mutter von  Herzog [[w:Heinrich der Löwe|Heinrich "''dem Löwen''"]]<ref name ="krenn133">vgl. Walther Krenn: ''Allgemeine Geschichte Europas und des nahen Ostens''. Verlag Leitner & Co., Wels / Wunsiedel / Zürich, 3. Auflage 1955, S. 133</ref>
::* [[Richardis von Waltersdorf|Richardis]] mit dem Landgrafen Heinrich von Steffling<ref name ="kleindelstammtafel"/>, einem Verwandten der Burggrafen von Regensburg
::* [[Richardis von Waltersdorf|Richardis]] mit dem Landgrafen Heinrich von Steffling<ref name ="kleindelstammtafel"/>, einem Verwandten der Burggrafen von Regensburg
:in 2. Ehe [[Theodora I. (Österreich)|Theodora Komnena]], einer Nichte des  byzantinischen Kaisers [[w:Manuel I. (Byzanz)|Manuel (I.)]]<ref name ="krenn133"/>
:in 2. Ehe [[Theodora I. (Österreich)|Theodora Komnena]], einer Nichte des  byzantinischen Kaisers [[w:Manuel I. (Byzanz)|Manuel (I.)]]<ref name ="krenn133"/>
::* [[Agnes von Babenberg (gest. 1182)|Agnes]] (1. Ehe) mit dem [[w:Königreich Ungarn|ungarischen König]] Stephan (III.); (2. Ehe) mit Herzog Hermann von Kärnten<ref name ="kleindelstammtafel"/>
::* [[Agnes von Babenberg (gest. 1182)|Agnes]] (1. Ehe) mit dem [[w:Königreich Ungarn|ungarischen König]] Stephan (III.); (2. Ehe) mit Herzog Hermann von Kärnten<ref name ="kleindelstammtafel"/>
::* [[Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold "dem Tugendhaften"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>
::* [[Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold "der Tugendhafte" oder "Tugendreiche"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>
::* [[Heinrich von Mödling der Ältere|Herzog Heinrich von Mödling (der Ältere)]] mit Richza, Tochter des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königs]] [[w:Vladislav II.|Wladislaw (II.)]] (1174)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
::* [[Heinrich von Mödling der Ältere|Herzog Heinrich von Mödling (der Ältere)]] mit Richza, Tochter des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königs]] [[w:Vladislav II.|Wladislaw (II.)]] (1174)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:::* [[Heinrich von Mödling der Jüngere|Herzog Heinrich von Mödling (der Jüngere)]]
:::* [[Heinrich von Mödling der Jüngere|Herzog Heinrich von Mödling (der Jüngere)]]


== Herrschaften ==
== Herzog von Baiern ==
[[File:Jas4.jpg|thumb|Wappensiegel von Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" nach einer Zeichnung von Karl von Sava aus dem 19. Jahrhundert]]
[[File:Jas4.jpg|thumb|Wappensiegel von Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" nach einer Zeichnung von Karl von Sava aus dem 19. Jahrhundert]]
Heinrich ''Jasomirgott'' wurde 1140 zum Pfalzgraf am Rhein erhoben. Nach dem  Tod seines Bruders Leopold (IV.) ist er im Jänner oder Februar 1142 erstmals als Markgraf von Österreich genannt. Nach dem Jänner und vor dem 18. April 1143 tritt er erstmals als Herzog Heinrich (XI.) von Baiern in Erscheinung<ref name ="lohrmann257">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 257</ref>. Diese Position behauptete er bis 1156. Um Herzog von Baiern zu werden, legte er das einflussreiche Amt des Pfalzgrafen am Rhein nieder und verzichtete auf die rheinischen Hausgüter aus dem Besitz der [[w:Salier|Salier]], die er von seiner Mutter geerbt hatte, zugunsten der Familie von König Konrad III.<ref name ="scheibelreiter194">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 194</ref> Der viel versprechende Versuch, die Auseinandersetzung mit den [[w:Welfen|Welfen]] um die Herrschaft über das Herzogtum Baiern durch seine Eheschließung mit der Kaisertochter Gertrud friedlich beizulegen, scheiterte an ihrem frühen Tod und dem Umstand, dass es aus dieser kurzen Ehe keine Sohn gab.<ref name ="scheibelreiter195">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 195</ref> 1145/46 musste Herzog Heinrich einen Aufstand seiner österreichischen Ministerialen niederschlagen.<ref name ="lohrmann264">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 264</ref> In den Folgejahren war er in erbitterte Kämpfe mit der [[w:Welfen|Familie der Welfen]] verwickelt, von welchen auch die Markgrafschaft Österreich betroffen war, nicht zuletzt, da die Welfen durch den steirischen Markgrafen [[Otakar III. (Steiermark)|Otakar (III.)]], der über seine [[Sophia von Steier|Mutter]] mit ihnen verwandt war, und einen ungarischen Thronanwärter unterstützt wurden. Zudem mischten sich auch der böhmische König und mehrere Bischöfe ein.<ref name ="scheibelreiter197">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 197</ref> Nach seiner Rückkehr vom sogenannten "Zweiten Kreuzzug" konnte Herzog Heinrich jedoch seine Position im Herzogtum Baiern nochmals vorübergehend verbessern.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 200f.</ref> Sie verschlechterte sich sofort, als mit dem Herrschaftsantritt des späteren Kaisers [[w:Friedrich I. (HRR)|Friedrich I. "''Barbarossa''"]] ein den Welfen nahestehender Herrscher an die Macht kam. Herzog Heinrich gelang es immerhin seine lehensrechtliche Stellung erfolgreich zu behaupten.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 201 und S. 202-205</ref>  
Heinrich ''Jasomirgott'' wurde 1140 zum Pfalzgrafen am Rhein erhoben. Nach dem  Tod seines Bruders Leopold (IV.) wird er im Jänner oder Februar 1142 erstmals als Markgraf von Österreich genannt. Nach dem Jänner und vor dem 18. April 1143 tritt er erstmals als Herzog Heinrich (XI.) von Baiern in Erscheinung<ref name ="lohrmann257">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 257</ref>. Diese Position behauptete er bis 1156. Um Herzog von Baiern zu werden, legte er das einflussreiche Amt des Pfalzgrafen am Rhein nieder und verzichtete auf die rheinischen Hausgüter aus dem Besitz der [[w:Salier|Salier]], die er von seiner Mutter geerbt hatte, zugunsten der Familie von König Konrad III.<ref name ="scheibelreiter194">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 194</ref>  


Nach zähen Verhandlungen verzichtete Herzog Heinrich schließlich auf die bairische Herzogswürde. Als Gegenleistung für seinen Verzicht wurde die Markgrafschaft Österreich 1156 zu einem eigenständigen Herzogtum, von Baiern nun unabhängigen Herzogtum erhoben, welches er bis zu seinem Tod als Herzog von Österreich regierte. Dieses neu gebildete Herzogtum umfasste damals bereits große Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich sowie im späteren Bundesland Oberösterreich gelegenen Grafschaften. Außerdem erhielt er als weitere Entschädigung gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Theodora von Kaiser Friedrich I. "''Barbarossa''" mit dem "[[w:Privilegium minus|Privilegium minus]]" (1156) Sonderrechte verliehen, die für die weitere Geschichte seiner Familie und seines Herzogtums noch wichtig werden sollten.<ref name ="czeike">vgl. {{Czeike|3|168||Herzogtum Österreich}}</ref> Wem von den kirchlichen und weltlichen Reichsfürsten tatsächlich das Verdienst zukam, diese Lösung vermittelt oder angeregt zu haben, ist bisher nicht eindeutig geklärt werden. In der neueren Geschichtsforschung werden diesbezüglich folgende Personen diskutiert: die Bischofe [[w:Otto von Freising|Otto von Freising]] († 1158)<ref group="A">Bischof Otto von Freising wird unter den Zwischenträgern der Verhandlungen im Jahr 1155 genannt, die allerdings noch keinen Erfolg hatten. Zur Beilegung des politischen und gesellschaftlichen Konflikts besaß er ideale Voraussetzungen, außer der engen Verwandtschaft mit den beteiligten Akteuren, geistige Autorität und wohl auch eine Art theologisch fundierte staatsrechtliche Sicht</ref> und [[w:Hartmann von Brixen|Hartmann von Brixen]] († 1164)<ref group="A">Bischof Hartmann von Brixen stand der sogenannten "Reformkirche" nahe. In der neueren Forschung gilt er als einer der wichtigsten Berater von König beziehungsweise Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Als früherer Propst von [[Stift Klosterneuburg|Klosterneuburg]] dürfte er zudem freundschaftliche Kontakte zu Herzog Heinrich (II.) "'Jasomirgott''" gehabt haben</ref> sowie der spätere [[w:Königreich Böhmen|böhmische König]] [[w:Vladislav II.|Vladislav (II.)]] († 1174)<ref group="A">Herzog beziehungsweise König Vladislav II. war der Schwager von Herzog Heinrich II. "''Jasomirgott''" und dürfte als direkter Nachbar großes Interesse an einer Klärung der dortigen Verhältnisse gehabt haben. Dass er mit der zeremoniellen Verkündigung des Fürstenspruches beauftragt wurde, wäre eine Indiz für seine Mitwirkung.</ref>.<ref name ="scheibelreiter214">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 214</ref> Die Zeugenliste des "Privilegium minus" enthält im Wesentlichen jene Fürsten, Grafen, Edelfreie, Hochfreie und Ministeriale, die an einer Neuordnung im Südosten des Reiches Interesse hatten. Ungewöhnlich ist, dass als Zeugen hier einmal alle Bischöfe der bairischen Kirchenprovinz aufscheinen und neben dem [[w:Eberhard von Bamberg|Bischof von Bamberg]], der von Kaiser Friedrich I. häufig bei schwierigen Verhandlungen zugezogen wurde, auch der Bischof von Trient und der Patriach von Aquileia. Weitere Zeugen sind enge Verwandte des Kaisers, unter diesen [[w:Welf VI.|Herzog Welf VI.]], wohl als Garant der welfischen Partei, sowie [[w:Albrecht I. (Brandenburg)|Markgraf Albrecht (I.) von Brandenburg]] ("''Albrecht der Bär''").<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 214f.</ref> Auffällig ist, dass unter den genannten Zeugen [[Otakar III. (Steiermark)|Markgraf Otakar (III.) von Steier]] fehlt.<ref name ="scheibelreiter215">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 215</ref>  
Der viel versprechende Versuch, die Auseinandersetzung mit den [[w:Welfen|Welfen]] um die Herrschaft über das Herzogtum Baiern durch die Eheschließung mit der Kaisertochter Gertrud friedlich beizulegen, scheiterte an ihrem frühen Tod und dem Umstand, dass es aus dieser kurzen Ehe keinen Sohn gab.<ref name ="scheibelreiter195">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 195</ref> 1145/46 musste Herzog Heinrich einen Aufstand seiner österreichischen Ministerialen niederschlagen.<ref name ="lohrmann264">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 264</ref> In den Folgejahren war er in erbitterte Kämpfe mit der [[w:Welfen|Familie der Welfen]] verwickelt, von denen auch seine Markgrafschaft Österreich betroffen war, nicht zuletzt deshalb, da die Welfen durch den steirischen Markgrafen [[Otakar III. (Steiermark)|Otakar (III.)]], der über seine [[Sophia von Steier|Mutter]] mit ihnen verwandt war, und einen ungarischen Thronanwärter unterstützt wurden. Zudem mischten sich auch der böhmische König und mehrere Bischöfe ein.<ref name ="scheibelreiter197">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 197</ref>  


Das tatsächliche Ausmaß der im "Privilegium minus" verliehenen Sonderrechte ist in der Forschung wiederholt diskutiert worden. Feststeht, dass einige dieser Rechte als innovativ einzustufen sind, da sie bisher im Rahmen der Reichsverfassung nicht bekannt gewesen oder gestattet worden waren. Neben der Erbfolge von Töchtern beim Fehlen von erbberechtigten Söhnen war zum Beispiel ein Designationsrecht ("''libertas affectandi''") festgeschrieben, dass dem Herzog beim Fehlen von erbberechtigten Kinder eine Mitbestimmung bei der Nachfolgeregelung einräumte. Nach einer weiteren Bestimmung durfte jede Gerichtsbarkeit im Lande nur mit Genehmigung des Herzogs ("''sine ducis consensu vel percessione''") ausgeübt werden. Hinzu kamen noch die rechtliche Erlaubnis, nur mehr an den königlichen und kaiserlichen Hoftagen im Herzogtum Baiern teilnehmen zu müssen und dem König beziehungsweise Kaiser nur mehr auf dessen Kriegszügen in die dem Herzogtum benachbarte Länder Heerfolge leisten zu müssen. Diese verbrieften Rechten gaben dem Herzog mehr Möglichkeit, sich dem Ausbau seiner eigenen Landesherrschaft zu widmen. Er konnte sich so auch eine ganze Reihe von beträchtlichen Kosten ersparen, welche zum Beispiel die Reise zum Hoftag und der Aufenthalt dort für ihn und sein Gefolge bedeuteten, zudem er durchaus verpflichtet war, sich auf einem solchen auch im eigenen Interesse standesgemäß zu präsentieren. Die Eingrenzung der Heerfolge auf die Nachbarländer, konkret auf die Herrschaft von Friedrich Barbarossa bezogen, befreite den Herzog zum Beispiel von der Teilnahme an dessen zahlreichen Italienfeldzügen.<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger''. Reichsfürsten und Landesherren. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2010. ISBN 978-3-205-78573-6. S. 211ff.</ref> Allerdings war der Herzog keineswegs dazu verpflichtet, die rechtlichen Möglichkeiten, die ihm im "Privilegium minus" eingeräumt worden waren, tatsächlich nutzen zu müssen. So begleitete Herzog Heinrich zum Beispiel den Kaiser 1158 und 1162 auf Italienfeldzuge, wobei er unter den angesehensten Reichsfürsten aufscheint.<ref name ="scheibelreiter213">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 213</ref> Im der Auseinandersetzung zwischen Kaiser Friedrich I. und den Päpsten, die zeitweilig zu einem Schisma führten, stand der Herzog gewöhnlich auf der Seite des Kaisers, wobei er allerdings gegenüber den Vertreter der Gegenseite eine gewisse Neutralität wahrte.<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 220ff.</ref>
Nach seiner Rückkehr vom sogenannten "Zweiten Kreuzzug" konnte Herzog Heinrich jedoch seine Position im Herzogtum Baiern nochmals verbessern.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 200f.</ref> Sie verschlechterte sich aber, als mit dem Herrschaftsantritt des späteren Kaisers [[w:Friedrich I. (HRR)|Friedrich I. "''Barbarossa''"]] ein den Welfen nahestehender Herrscher an die Macht kam. Herzog Heinrich gelang es immerhin seine lehensrechtliche Stellung erfolgreich zu behaupten.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 201 und S. 202-205</ref> Außerdem konnte er während seiner Zeit als bairischer Herzog wichtige Beziehungen zum einigen dortigen Adelsfamilien aufbauen, die auch danach in seiner Zeit als österreichischer Herzog weiter bestehen blieben.<ref name ="lohrmann265">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 265</ref> Das betraf vor allem einige Adelsfamilien, die zwischen Ranshofen (heute Teil der Stadt [[Braunau am Inn|Braunau]] und [[Reichersberg]], am Inn und an der Salzach begütert waren.<ref name ="lohrmann266">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 266</ref>
 
== Herzog von Österreich ==
Nach zähen Verhandlungen verzichtete Herzog Heinrich schließlich auf die bairische Herzogswürde. Wem von den kirchlichen und weltlichen Reichsfürsten das Verdienst zukam, diese Lösung vermittelt oder angeregt zu haben, ist in der Geschichtsforschung bisher nicht eindeutig geklärt. In der neueren Forschung werden diesbezüglich folgende Personen diskutiert: die Bischofe [[w:Otto von Freising|Otto von Freising]] († 1158)<ref group="A">Bischof Otto von Freising wird unter den Zwischenträgern der Verhandlungen im Jahr 1155 genannt, die allerdings noch keinen Erfolg hatten. Zur Beilegung des politischen und gesellschaftlichen Konflikts besaß er jedenfalls ideale Voraussetzungen. Er war ein enger Verwandter der beteiligten Akteure und verfügte über die geistige Autorität und eine theologisch fundierte staatsrechtliche Sicht.</ref> und [[w:Hartmann von Brixen|Hartmann von Brixen]] († 1164)<ref group="A">Bischof Hartmann von Brixen stand der sogenannten "Reformkirche" nahe. In der neueren Forschung gilt er als einer der wichtigsten Berater von König beziehungsweise Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Als früherer Propst von [[Stift Klosterneuburg|Klosterneuburg]] dürfte er zudem freundschaftliche Kontakte zu Herzog Heinrich (II.) "'Jasomirgott''" gehabt haben,</ref> sowie der spätere [[w:Königreich Böhmen|böhmische König]] [[w:Vladislav II.|Vladislav (II.)]] († 1174)<ref group="A">Herzog beziehungsweise König Vladislav II. war der Schwager von Herzog Heinrich II. "''Jasomirgott''" und dürfte als direkter Nachbar großes Interesse an einer Klärung der Verhältnisse im Herzogtum Baiern und der Markgrafschaft Österreich gehabt haben. Dass er mit der zeremoniellen Verkündigung des Fürstenspruches beauftragt wurde, gilt als ein Indiz für seine Mitwirkung.</ref>.<ref name ="scheibelreiter214">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 214</ref> Als Gegenleistung für seinen Verzicht wurde die Markgrafschaft Österreich 1156 zu einem eigenständigen, vom Herzogtum Baiern nun mehr unabhängigen Herzogtum erhoben. Über dieses regierte Herzog Heinrich bis zu seinem Tod als Herzog von Österreich. Dieses neu gebildete Herzogtum Österreich umfasste damals bereits große Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich sowie einige im späteren Bundesland Oberösterreich gelegene Grafschaften. Als weitere Entschädigung für den Verzicht auf die bairische Herzogswürde wurden ihm und seiner zweiten Ehefrau Theodora von Kaiser Friedrich I. "''Barbarossa''" mit dem "[[w:Privilegium minus|Privilegium minus]]" (1156) Sonderrechte verliehen, die für die weitere Geschichte seiner Familie und seines Herzogtums noch wichtig werden sollten.<ref name ="czeike">vgl. {{Czeike|3|168||Herzogtum Österreich}}</ref> Die Zeugenliste des "Privilegium minus" enthält im Wesentlichen jene Fürsten, Grafen, Edelfreie, Hochfreie und Ministeriale, die an einer Neuordnung im Südosten des Reiches Interesse hatten. Ungewöhnlich ist, dass als Zeugen für die Ausstellung dieser Urkunde einmal alle Bischöfe der bairischen Kirchenprovinz aufscheinen und neben dem [[w:Eberhard von Bamberg|Bischof von Bamberg]], der von Kaiser Friedrich I. häufig bei schwierigen Verhandlungen zugezogen wurde, auch der Bischof von Trient und der Patriach von Aquileia genannt sind. Weitere Zeugen waren enge Verwandte des Kaisers, unter diesen [[w:Welf VI.|Herzog Welf VI.]], wohl als Garant der welfischen Partei, sowie [[w:Albrecht I. (Brandenburg)|Markgraf Albrecht (I.) von Brandenburg]] ("''Albrecht der Bär''").<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 214f.</ref> Auffällig ist, dass unter den genannten Zeugen [[Otakar III. (Steiermark)|Markgraf Otakar (III.) von Steier]] fehlt.<ref name ="scheibelreiter215">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 215</ref>
 
Das tatsächliche Ausmaß der im "Privilegium minus" verliehenen Sonderrechte ist in der Forschung wiederholt diskutiert worden. Feststeht, dass einige dieser Rechte als innovativ einzustufen sind, da sie bisher im Rahmen der Reichsverfassung nicht bekannt oder gestattet waren. Neben der Erbfolge von Töchtern beim Fehlen von erbberechtigten Söhnen war zum Beispiel ein Designationsrecht ("''libertas affectandi''") festgeschrieben, dass dem Herzog beim Fehlen von erbberechtigten Kinder eine Mitbestimmung bei der Nachfolgeregelung einräumte. Nach einer weiteren Bestimmung durfte jede Gerichtsbarkeit im Lande nur mit Genehmigung des Herzogs ("''sine ducis consensu vel percessione''") ausgeübt werden. Hinzu kamen noch die rechtliche Erlaubnis, nur mehr an den königlichen und kaiserlichen Hoftagen im Herzogtum Baiern teilnehmen zu müssen und dem König beziehungsweise Kaiser nur mehr auf dessen Kriegszügen in die dem Herzogtum benachbarte Länder Heerfolge zu leisten. Diese verbrieften Rechten gaben dem Herzog mehr Möglichkeit, sich dem Ausbau seiner eigenen Landesherrschaft zu widmen. Er konnte sich so auch eine ganze Reihe von beträchtlichen Kosten ersparen, welche zum Beispiel die Reise zum Hoftag und der Aufenthalt dort für ihn und sein Gefolge bedeuteten, zudem er durchaus verpflichtet war, sich auf einem solchen auch im eigenen Interesse standesgemäß zu präsentieren. Die Eingrenzung der Heerfolge auf die Nachbarländer, konkret auf die Herrschaft von Friedrich Barbarossa bezogen, befreite den Herzog zum Beispiel von der Teilnahme an dessen zahlreichen Italienfeldzügen.<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger''. Reichsfürsten und Landesherren. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2010. ISBN 978-3-205-78573-6. S. 211ff.</ref> Allerdings sah sich der Herzog keineswegs dazu verpflichtet, die rechtlichen Möglichkeiten, die ihm im "Privilegium minus" eingeräumt worden waren, tatsächlich nutzen zu müssen. So begleitete Herzog Heinrich zum Beispiel den Kaiser 1158 und 1162 auf Italienfeldzuge, wobei er unter den angesehensten Reichsfürsten aufscheint.<ref name ="scheibelreiter213">vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 213</ref> In den Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich I. mit verschiedenen Päpsten, die zeitweilig zu einem Schisma führten, stand der Herzog gewöhnlich auf der Seite des Kaisers, wobei er allerdings gegenüber den Vertretern der Gegenseite eine gewisse Neutralität wahrte.<ref>vgl. [w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 220ff.</ref>


== Heinrich ''Jasomirgott'' und die Stadt Wien ==
== Heinrich ''Jasomirgott'' und die Stadt Wien ==
[[File:Heinrich Jasomirgott.jpg|thumb|Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' an der Außenfassade des Wiener Schottenstiftes]]
[[File:Heinrich Jasomirgott.jpg|thumb|Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' an der Außenfassade des Wiener Schottenstiftes]]
1146 zog sich Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' nach einer Niederlage gegen ein Heer der [[w:Magyaren#Geschichte|Mayaren]] nach Wien, das unter ihm erstmals als Stadt ("civitas") bezeichnet wird, zurück. Im Mai 1147 weihte [[Reginbert von Passau|Reginbert von Hagenau]], damals Bischof von [[w:Hochstift Passau|Passau]], der sich als Teilnehmer des Kreuzzugs von [[w:Konrad III. (HRR)|König Konrad III.]] in Wien aufhielt, dort die [[Stephansdom (Wien)|Kirche St. Stephan]], an der damals gebaut wurde.<ref name ="opl8">vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien'': Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 18</ref> Nach der Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum machte Herzog Heinrich die "Burg am Hof" (heute: [[Innere Stadt (Wien)|1. Wiener Gemeindebezirk]]) zu seinem Herrschaftssitz. Mit seiner Ehefrau Theodora gründete er um 1155 das legendäre [[Schottenstift|Wiener Schottenkloster]].<ref name ="krenn133"/> 1165 hielt sich [[w:Friedrich I. (HRR)|Kaiser Friedrich I. Barbarossa]] fast vierzehn Tage in Wien auf, wo [[w:Eberhard der Schwabe|Bischof Eberhard von Regensburg]] und Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' den von ihm geforderten Eid auf [[w:Paschalis III.|Papst Paschalis III. (Guido von Crema)]] leisteten. Im Februar 1172 hielt sich [[w:Heinrich der Löwe|Herzog Heinrich der Löwe]] auf seiner Reise ins Heilige Land mit prominenter Begleitung vorübergehend in [[Klosterneuburg]] und Wien auf.<ref name ="opl9">vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien'': Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 19</ref>
1146 zog sich Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' nach einer Niederlage gegen ein Heer der [[w:Magyaren#Geschichte|Magyaren]] nach Wien, das unter ihm erstmals als Stadt ("civitas") bezeichnet wird, zurück. Im Mai 1147 weihte [[Reginbert von Passau|Reginbert von Hagenau]], damals Bischof von [[w:Hochstift Passau|Passau]], der sich als Teilnehmer des Kreuzzugs von [[w:Konrad III. (HRR)|König Konrad III.]] in Wien aufhielt, dort die [[Stephansdom (Wien)|Kirche St. Stephan]], an der damals gebaut wurde.<ref name ="opl8">vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien'': Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 18</ref> Nach der Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum machte Herzog Heinrich die "Burg am Hof" (heute: [[Innere Stadt (Wien)|1. Wiener Gemeindebezirk]]) zu seinem Herrschaftssitz. Mit seiner Ehefrau Theodora gründete er um 1155 das legendäre [[Schottenstift|Wiener Schottenkloster]].<ref name ="krenn133"/> 1165 hielt sich [[w:Friedrich I. (HRR)|Kaiser Friedrich I. Barbarossa]] fast vierzehn Tage in Wien auf, wo [[w:Eberhard der Schwabe|Bischof Eberhard von Regensburg]] und Herzog Heinrich ''Jasomirgott'' den von ihm geforderten Eid auf [[w:Paschalis III.|Papst Paschalis III. (Guido von Crema)]] leisteten. Im Februar 1172 hielt sich [[w:Heinrich der Löwe|Herzog Heinrich der Löwe]] auf seiner Reise ins Heilige Land mit prominenter Begleitung vorübergehend in [[Klosterneuburg]] und Wien auf.<ref name ="opl9">vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien'': Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 19</ref>


Dass sich die babenbergische Grundherrschaft unter Herzog Heinrich nicht nur auf den damaligen Ort Wien bezog, sondern auch auf Teile des heute zur Stadt Wien zugehörigen Umfeldes, ergibt sich aus der Nennung einer Reihe von seinen Ministerialen<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref>, welche dort Lehen besaßen, als Zeugen im Jahr 1156:<ref name ="scheibelreiter207">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 207</ref>  
Dass sich die babenbergische Grundherrschaft unter Herzog Heinrich nicht nur auf den damaligen Ort Wien bezog, sondern auch auf Teile des heute zur Stadt Wien zugehörigen Umfeldes, ergibt sich aus der Nennung einer Reihe von seinen Ministerialen<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref>, welche dort Lehen besaßen, als Zeugen im Jahr 1156:<ref name ="scheibelreiter207">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 207</ref>  
Zeile 41: Zeile 46:
== Orte mit Bezug zu Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" im heutigen Österreich ==
== Orte mit Bezug zu Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" im heutigen Österreich ==
=== Oberösterreich ===
=== Oberösterreich ===
* [[Sarmingstein]] / [[Waldhausen im Strudengau]]: Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" war ein Förderer des [[w:Stift Waldhausen|Augustiner Chorherrenstiftes Säbnich]] (heute Teil der Gemeinde Sarmingstein), welches der Edelfreie<ref group="A">Die [[w:Edelfrei|Edelfreien oder Hochfreien]] waren innerhalb des Adels ein eigener landrechtlicher Stand. Als Edelfreie oder Hochfreie galten im Mittelalter Personen, die eine dynastische Herkunft aufweisen konnten und ihren Besitz als "freies Eigen" besaßen. Die Edel- und Hochfreien waren dem fürstenmäßigen hohen Adel gleichgestellt, rechtlich hatten sie eine Zwischenstellung zwischen den Personen, welche im Besitz der "wirklichen" alten Gaugrafschaften und Stammesherzogtümern waren und den nur ritterbürtigen Mittelfreien. Im Unterschied zu den [[w:Ministeriale|Ministerialen]] verdankten sie ihren Adel nicht einem Dienst- oder Lehnsverhältnisses und waren somit keiner anderen Dynastien untergeordnet. Sie unterstanden nur dem König beziehungsweise dem Kaiser. Seit dem 11. Jahrhundert galten ihre Territorien daher als "reichsfrei", "königsfrei" oder "reichsunmittelbar". Sie führten gewöhnlich den Titel Herr oder Freiherr, im Spätmittelalter oder in der frühen Neuzeit gelang einigen der Aufstieg in den Grafenstand, während sich die meisten, nicht immer gegen ihren Willen, in die Lehensabhängigkeit mächtigerer Adelsfamilien gerieten.</ref> [[w:Otto von Machland|Otto]] († 1149) zusammen mit seiner Ehefrau und dem [[w:Reginbert von Passau|Bischof von Passau]] um 1147 gegründet hatte<ref name ="Monasterium">vgl. [https://www.monasterium.net/mom/OOEUB/1147_V_16.1/charter?q=waldhausen Stiftungsurkunde von Stift Waldhausen], Monasterium.NET, abgerufen am 4. Dezember 2021</ref>. Unter der Herrschaft von Herzog Heinrich wurde die Stiftung nach Waldhausen verlegt.<ref name ="scheibelreiter197">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 197</ref>
* Sarmingstein (heute Teil der Gemeinde [[St. Nikola an der Donau]] / [[Waldhausen im Strudengau]]: Herzog Heinrich (II.) "''Jasomirgott''" war ein Förderer des [[w:Stift Waldhausen|Augustiner Chorherrenstiftes Säbnich]] (heute Teil der Gemeinde Sarmingstein), welches der Edelfreie<ref group="A">Die [[w:Edelfrei|Edelfreien oder Hochfreien]] waren innerhalb des Adels ein eigener landrechtlicher Stand. Als Edelfreie oder Hochfreie galten im Mittelalter Personen, die eine dynastische Herkunft aufweisen konnten und ihren Besitz als "freies Eigen" besaßen. Die Edel- und Hochfreien waren dem fürstenmäßigen hohen Adel gleichgestellt, rechtlich hatten sie eine Zwischenstellung zwischen den Personen, welche im Besitz der "wirklichen" alten Gaugrafschaften und Stammesherzogtümern waren und den nur ritterbürtigen Mittelfreien. Im Unterschied zu den [[w:Ministeriale|Ministerialen]] verdankten sie ihren Adel nicht einem Dienst- oder Lehnsverhältnisses und waren somit keiner anderen Dynastien untergeordnet. Sie unterstanden nur dem König beziehungsweise dem Kaiser. Seit dem 11. Jahrhundert galten ihre Territorien daher als "reichsfrei", "königsfrei" oder "reichsunmittelbar". Sie führten gewöhnlich den Titel Herr oder Freiherr, im Spätmittelalter oder in der frühen Neuzeit gelang einigen der Aufstieg in den Grafenstand, während sich die meisten, nicht immer gegen ihren Willen, in die Lehensabhängigkeit mächtigerer Adelsfamilien gerieten.</ref> [[w:Otto von Machland|Otto]] († 1149) zusammen mit seiner Ehefrau und dem [[w:Reginbert von Passau|Bischof von Passau]] um 1147 gegründet hatte<ref name ="Monasterium">vgl. [https://www.monasterium.net/mom/OOEUB/1147_V_16.1/charter?q=waldhausen Stiftungsurkunde von Stift Waldhausen], Monasterium.NET, abgerufen am 4. Dezember 2021</ref>. Unter der Herrschaft von Herzog Heinrich wurde die Stiftung nach Waldhausen verlegt.<ref name ="scheibelreiter197">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 197</ref>
* [[Thalheim]]: Hier hielt Herzog Heinrich in den 1140er-Jahren einen Gerichtstag ab.<ref name ="lohrmann259">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 259</ref>
* [[Thalheim bei Wels|Thalheim]]: Hier hielt Herzog Heinrich in den 1140er-Jahren einen Gerichtstag ab.<ref name ="lohrmann259">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 259</ref>


=== Steiermark ===
=== Steiermark ===
* [[Admont]]: Um 1168 gelangte Herzog Heinrich (II.) in den Besitz der Vogtei über das [[Stift Admont]].<ref name ="scheibelreiter223">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 223</ref>
* [[Admont]]: Um 1168/69 gelangte Herzog Heinrich (II.) in den Besitz der Vogtei über das [[Stift Admont]].<ref name ="scheibelreiter223">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 223</ref> Allerdings dürften einige Vogteirechte im Besitz der steirischen Markgrafen gewesen sein. Diese kamen erst mit dem Tod von [[Otakar IV. (Steier)|Markgraf Otakar (IV.)]] († 1192) an die Babenberger.<ref name ="lohrmann295">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1 S. 295</ref>


== Erinnerungsstätten im heutigen Österreich ==
== Erinnerungsstätten im heutigen Österreich ==
Zeile 62: Zeile 67:


== Heinrich ''Jasomirgott'' in Legende und Sage ==
== Heinrich ''Jasomirgott'' in Legende und Sage ==
Der Legende nach soll der Beiname des Herzogs darauf zurückgehen, dass der Herzogs gerne den Ausspruch getan hätte: ''joch sam mir got (helfe)''. Die tatsächliche Bedeutung dieses Beinamens ist bisher nicht eindeutig geklärt. Als relativ wahrscheinlich gilt, dass der Beiname mit Heinrichs Teilnahme am sogenannten "Zweiten Kreuzzug" zusammenhängt und auf die Verballhornung einer arabischen Bezeichnung für ihn zurückgeht. Überliefert ist der Beiname erst im 14. Jahrhundert.<ref name ="scheibelreiter200">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 213</ref>
Im Gegensatz zu anderen Babenberger-Beinamen, die erst später entstanden sind, wird in der Geschichtsforschung vermutet, dass der Beiname "Jasomirgott" zeitgenössisch ist beziehungsweise dass er sich aus einer zeitgenössischen Bezeichnungen entstanden ist.<ref name="Fischer57">vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge'', 2021, S. 57</ref> Als relativ wahrscheinlich gilt der Geschichtsforschung, dass der Beiname mit der Teilnahme des Herzogs am sogenannten "Zweiten Kreuzzug" zusammenhängt und vielleicht auf die Verballhornung einer arabischen Bezeichnung für ihn zurückgeht.<ref name ="scheibelreiter200">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S 213</ref> In der Universalgeschichte des ägyptischen Chronisten Ibn al-Furat (14. Jahrhundert) wird der Herzog im Zusammenhang mit einem Gefecht der Kreuzfahrer bei [[w:Damaskus|Damaskus]] zum Beispiel "Jasan el-Kund Harri" genannt.<ref name="Fischer57">vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge'', 2021, S. 57</ref> Der Beiname ist erstmals im 14. Jahrhundert überliefert. Die populäre Behauptung, dass der Beiname des Herzogs, "Jasomirgott", darauf zurückgeht, dass dieser gerne den Ausspruch getan hätte: ''joch sam mir got (helfe)'', gilt der Geschichtsforschung inzwischen als Legende.<ref name ="scheibelreiter200"/>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Helmut Hanko: ''Herzog Heinrich II. Jasomirgott''. Pfalzgraf bei Rhein – Herzog von Bayern – Herzog von Österreich. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012, ISBN 978-3-534-25605-1
* Helmut Hanko<ref group="A">Information zu Helmut Hanko finden sich im MünchenWiki, Link: [https://www.muenchenwiki.de/wiki/Helmut_Hanko  Helmut Hanko]</ref>: ''Herzog Heinrich II. Jasomirgott''. Pfalzgraf bei Rhein – Herzog von Bayern – Herzog von Österreich. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2012, ISBN 978-3-534-25605-1
* Walter Kleindel: ''Österreich Chronik''. Daten zur Geschichte und Kultur. Verlag Carl Ueberreuter, Wien / Heidelberg, 1978
* Walter Kleindel: ''Österreich Chronik''. Daten zur Geschichte und Kultur. Verlag Carl Ueberreuter, Wien / Heidelberg, 1978
* [[Karl Lechner]]: ''Die Babenberger''. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976–1246. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 6. Auflage 1996. ISBN 3-205-98569-9
* [[Karl Lechner]]: ''Die Babenberger''. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976–1246. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 6. Auflage 1996. ISBN 3-205-98569-9
Zeile 71: Zeile 76:


== Literatur zu Teilaspekten ==
== Literatur zu Teilaspekten ==
* [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge''. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 35-63
* [[w:Johannes Preiser-Kapeller|Johannes Preiser-Kapeller]]: ''Von Ostarrichi an den Bosporus''. Ein Überblick zu den Beziehungen im Mittelalter. In: ''Pro Oriente Jahrbuch'', 2010, S. 66–77 [https://www.academia.edu/633230/Von_Ostarrichi_an_den_Bosporus_Ein_%C3%9Cberblick_zu_den_Beziehungen_im_Mittelalter_From_Ostarrichi_to_the_Bosporus_an_overview_of_relations_in_the_Middle_Ages_ digital]
* [[w:Johannes Preiser-Kapeller|Johannes Preiser-Kapeller]]: ''Von Ostarrichi an den Bosporus''. Ein Überblick zu den Beziehungen im Mittelalter. In: ''Pro Oriente Jahrbuch'', 2010, S. 66–77 [https://www.academia.edu/633230/Von_Ostarrichi_an_den_Bosporus_Ein_%C3%9Cberblick_zu_den_Beziehungen_im_Mittelalter_From_Ostarrichi_to_the_Bosporus_an_overview_of_relations_in_the_Middle_Ages_ digital]


Zeile 93: Zeile 99:
}}
}}


{{BeiWP|Heinrich II. (Österreich)}}
{{WP-Links|Q168647}}


{{WP-Links|Q168647}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=101037155|LCCN=no/2003/065998|VIAF=266372137|WIKIDATA=Q168647}}
{{Normdaten|TYP=p|GND=101037155|LCCN=no/2003/065998|VIAF=266372137|WIKIDATA=Q168647}}


Zeile 105: Zeile 110:
[[Kategorie:Geschichte (Niederösterreich)]]
[[Kategorie:Geschichte (Niederösterreich)]]
[[Kategorie:Geschichte (Oberösterreich)]]
[[Kategorie:Geschichte (Oberösterreich)]]
[[Kategorie:Kreuzzug]]
[[Kategorie:Babenberger|Heinrich 2]]
[[Kategorie:Babenberger|Heinrich 2]]
48.216

Bearbeitungen