Siegfried von Mahrenberg

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Die Ruinen der Burganlage Mahrenberg, Zeichnung aus dem Jahr 1910

Siegfried, Seifried oder Seyfried von Mahrenberg (* im 13. Jahrhundert; † im 13. Jahrhundert, nach dem 6. Dezember 1271, vermutlich in Prag), urkundlich erstmals Mitte des 13. Jahrhunderts genannt, war ein einflussreicher steirischer Adliger, der im steirisch-kärntnerischen Machtbereich während des Interregnums politisch tätig war und nach seinem brutalen Tod als Märtyrer und Heiliger Verehrung erfuhr. Seinem Tod, für den der böhmische König Ottokar[A 1] († 1278) verantwortlich war, verdankt er bis heute eine gewisse Bekanntheit, zudem der Grund, warum er getötet wurde, bisher als nicht eindeutig geklärt gilt.

Siegfrieds Herkunft und Familie

Die Familie von Siegfried von Mahrenberg war mit der Grafenfamilie von Trixen verwandt. Er war der Sohn von Albert von Trixen aus dessen Ehe mit Gisela von Hardegg († nach 1251).[1] Ihre Familie war bei St. Veit an der Glan ansässig. Gisela dürfte ihren Ehemann um mehrere Jahre überlebt haben. Ihre im Herzogtum Kärnten gelegenen Besitzungen erbte ihr Sohn Siegfried erst nach ihrem Tod. Er heiratete vor 1251 eine Frau mit Namen Richardis, deren Herkunftsfamilie bisher unbekannt ist.[2]

Die Burg Mahrenberg

Siegfried von Mahrenberg benannte sich nach der im südlichen Drautal gelegenen Burg Mahrenberg (heute Teil der in Slowenien gelegenen Gemeinde Radlje ob Dravi), welche Teil einer Burgenkette war, die dem Vorposten für das Kärntner Drautal gegen den Osten bildete. Sie befand sich an der Schnittstelle einer damals wichtigen Verkehrsroute, nämlich an der Einbindung der Radlpassstraße in die Drautalstraße. Im Mittelalter gehörte die Burg Mahrenberg zunächst zur Grafschaft im Jauntal, die bis 1147 Teil des Herzogtums Kärnten war und dann unter die Herrschaft der steirischen Markgrafen kam. Nach deren Aussterben in "männlicher Linie" kam sie als Teil des Herzogtums Steier unter die Herrschaft der Babenberger.[3] Als Erbauer der Burg Mahrenberg gilt Siegfrieds Vater, Albert von Trixen. Er soll die Burg angeblich auf Gründen erbaut haben, welche dem Kloster von St. Paul im Lavanttal gehörten. Bisher war nicht eindeutig zu klären, ob es sich dabei um dem Kloster "entfremdetes" Kirchengut gehandelt hat. Da es sich bei der Anlage um eine obere und eine niedere Burg handelt, sind die Rechtsverhältnisse zudem nur schwer zu bestimmen. Der Umstand, dass sich Siegfried von Mahrenberg als erstes und einziges Mitglied seiner Familie nach der Burg Mahrenberg benannte, bedeutet jedenfalls, dass er auf dieser seinen Hauptsitz hatte.[2]

Leben

Siegfried von Mahrenberg wird urkundlich erstmals 1246 beziehungsweise 1251 genannt. Damals regelte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Richardis die Rechtsverhältnisse seiner Ansitze, indem er die auf Klostergründen erbauten Burgen Trixen und Mahrenberg mit allem Zubehör Abt Leuthold von St. Paul übergab und sie von diesem auf Lebenszeit für sich und seine Ehefrau zu Lehen nahm. Die in der Urkunde für dieses Rechtsgeschäft angeführte Begründung legt nahe, dass er zu dieser Zeit Gründe hatte, mit seinem baldigen Tod zu rechnen, womöglich also schwer erkrankt war. Eine Bestätigung dafür könnte die Gründungsurkunde für das Dominikanerinnenkloster in Mahrenberg sein, das wenig später von seiner Mutter Gisela gegründet wurde. Von ihm hat sich zu dieser Klosterstiftung nur eine Zustimmungsurkunde erhalten. Er wird zwar in der Gründungsurkunde als Mitgründer genannt, scheint dort aber weder als Mithandelnder noch unter den Sieglern auf.[2] Erst seit ca. 1266 machten Siegfried und Richardis diesem Kloster eine Reihe von Schenkungen.[4]

In den 1260er-Jahren planten Siegfried und Richardis zunächst die Gründung einer Zisterze im Kanaltal, wofür beide 1260 und 1264 ihre Burgen Hardegg, Trixen und die obere Feste zu Mahrenberg mit dem Bischof von Bamberg gegen Güter bei Tarvis tauschten. Mit dem Bischof dürfte das Ehepaar ein gutes Verhältnis gehabt haben. 1267 fungierten sie als Geldgeber für ihn, im April 1270 siegelte Siegfried einen Vergleichskontrakt zwischen ihm und den Grafen Ulrich von Heunburg († 1308), an dessen Zustandekommen er vermutlich selbst beteiligt war. 1271 stellte Siegfried dem Bischof von Bamberg alle Güter, welche dieser an ihn verpfändet hatte, zurück, was er mit den vielen Wohltaten begründete, die er bisher von ihm empfangen hatte.[5] Die Urkunde vom 6. Dezember 1271 für den Bischof von Bamberg, die Siegfried von Mahrenberg in Waldeck bei Windisch-Grätz ausstellte, ist die späteste datierte Urkunde, die sich von ihm erhalten hat.[6] Die Klostergründung im Kanaltal sollte dagegen nicht realisiert werden und wurde bereits um 1266 aufgegeben. Die Gründe, weswegen sie nicht verwirklicht wurde, sind bisher nicht bekannt.[7]

Im Zusammenhang mit dieser Klostergründung dürfte jene Urkunde stehen, die Herzogin Gertrud († 1288) 1263 in Voitsberg für Siegfried von Mahrenberg ausstellen ließ. In dieser erlaubte sie ihm, seine Eigengüter und jene Besitzungen des Herzogtums Steier, welche er von ihr als Lehen erhalten hatte, nach Belieben weiterzugeben und zu verschenken. Da sich Siegfried von Mahrenberg in den Jahren danach häufig im Umfeld des Herzogs Ulrich (III.) von Kärnten († 1269) findet, wo er zudem in einigen herzoglichen Urkunden von einiger Tragweite als Zeuge belegt ist, wird in der Forschung gemutmaßt, dass sein damaliger Aufenthalt in Voitsberg im Zusammenhang mit der Werbung und Eheschließung des Herzogs mit Gertruds Tochter Agnes († 1295) zu sehen ist. Um 1263 soll Herzog Ulrich (III.) zudem nach einer Urkunde Siegfried vorübergehend mit der Regierung seines Herzogtums betraut haben.[8]

Während er offensichtlich ein Vertrauter von Herzog Ulrich (III.) war, gehörte Siegfried von Mahrenberg offensichtlich nicht zu den engsten Vertrauten von König Ottokar, der nach der Schlacht bei Kressenbrunn (Juli 1260) die Herrschaft über das Herzogtum Steier übernommen hatte. Es gibt bisher keine Belege dafür, dass er zu dessen Gegnern gehört hätte. So nahm er 1260 an den Hof- und Gerichtstagen zu Graz teil, auf denen König Ottokar persönlich anwesend war und besuchte auch die Landtaidinge der von König Ottokar eingesetzten Hauptmänner zu Steier, die 1261 in Marburg und 1269 in Graz stattfanden. Als König Ottokar nach dem Tod von Herzog Ulrich (III.) um 1270 das Herzogtum Kärnten in Besitz nahm, hielt sich Siegfried vorübergehend in seinem Umfeld auf.[4]

Ende des Jahres 1271 wurde Siegfried von Mahrenberg gefangen genommen und ins böhmische Königreich geschafft, wo er brutal ermordet wurde, nachdem er zumindest nach der "Steirische Reimchronik" zuvor schwer gefoltert worden war. Beigesetzt im Dominikanerinnenkloster zu Radlje ob Dravi, wurde er dort als "Märtyrer" und "Heiliger" verehrt.[9] Beerbt wurde er von seinem Neffen Otto von Emmerberg.[10]

Geschichtswissenschaftliche Beurteilung

Nach der Einschätzung des Historikers Gerhard Pferschy[11] war Siegfried von Mahrenberg ein bedeutender Politiker des Interregnums im steirisch-kärntnerischen Machtbereich. Sein grausamer Tod, der dem Landrecht seiner Heimat widersprach, dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass König Ottokar II. die innere Gefolgsschaft des steirischen und kärntnerischen Adels verlor. Nach Pferschy könnte Siegfried von Mahrenberg keineswegs nur das unschuldige Opfer von Verleumdungen gewesen sein, sondern er könnte bei der Nachfolge im Herzogtum Kärnten auch eigene Ziele verfolgt und dafür mit dem Leben bezahlt haben.[9]

Erinnerungen an Siegfried von Mahrenberg

Erhalten hat sich ein Sarkophag, den Maria Johanna Linzer, die Priorin des von ihm gegründeten Dominikanerinnenklosters 1654 für seine Umbettung anfertigen ließ. Dieser gilt heute als regionales Geschichtsdenkmal und ist seit 1812 Teil der kulturhistorischen Sammlung des Grazer Landesmuseums "Joanneum".[12]

Siegfried von Mahrenberg in Sage und Legende

  • Die Steirischen Reimchronik, die Ottokar aus der Gaal († 1318 / 1322) zugeschrieben wird, und der älteren Geschichtsforschung als zuverlässige Hauptquelle für die Ereignisse um die brutale Tötung von Siegfried von Mahrenberg gilt, sieht Siegfried von Mahrenberg als unschuldiges Opfer einer haltlosen Verleumdung und eines negativ besetzten Königs, der einen Unschuldigen martern und töten lässt, weil er Verleumdern blind glaubt, statt ihre Beschuldigungen rechtlich untersuchen zu lassen. Auslöser ist hier, dass Siegfried, als König Ottokar vor seiner Burg Mahrenberg vorbeizieht, dem König aus gesundheitlichen Gründen wegen eines Gichtanfalls nicht huldigen kann. Ein böser Mann nützt dies, um Siegfried mit Verleumdungen um die Huld des Königs zu bringen, worauf König Ottokar den Mahrenberger gefangen nehmen und nach Prag verschleppen lässt. Dort wird er grundlos gemartert und peinlich verhört und dann erschlagen. Allerdings ist die Darstellung der Chronik in sich selbst nicht in allen Details schlüssig. Bei einem Abgleich mit den vorhandenen Urkunden ergeben sich zudem weitere Unstimmigkeiten. An der Burg Mahrenberg ist der Böhmenkönig zum Beispiel nach seinem Itinerar im November 1270 vorbeigezogen, Siegfried von Mahrenberg aber lässt sich noch am 6. Dezember 1270 in Villach als Zeuge einer Urkunde nachweisen, welche König Ottokar dort ausstellte.[13]
  • Nach der steirischen Reimchronik wurde König Ottokar in der Schlacht auf dem Marchfeld (26. August 1278) getötet, nachdem er sich gefangenen gegeben hatte, was in der Chronik als unritterliche Tat negativ konnotiert ist. Die Täter werden nicht namentlich genannt, doch dürfte die zeitgenössische Leserschaft aufgrund einiger indirekter Angaben imstande gewesen sein, sie zu identifizieren. Das Motiv für die Tötung ist in der Reimchronik Blutrache für Siegfried von Mahrenberg durch seine Verwandte, wobei den Tätern für die Tat eine gewisse moralische Entlastung zugestanden wird.[14]

Siegfried von Mahrenberg auf der Bühne

Siegfried von Mahrenberg in zeitgenössischen Quellen

Literatur

Einzelnachweise

  1. vgl. Friedrich Hausmann: Die steirischen Otakare, Kärnten und Friaul. In: Gerhard Pferschy (Hrsg.): Das Werden der Steiermark. Die Zeit der Traungauer. Festschrift zur 800. Wiederkehr der Erhebung zum Herzogtum. (= Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchives. Bd. 10). Verlag Styria, Graz / Wien / Köln, 1980. ISBN 3-222-11281-9. S. 231
  2. 2,0 2,1 2,2 vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 368
  3. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 367f.
  4. 4,0 4,1 vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 370
  5. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 368f. und S. 370f.
  6. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 371
  7. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 369 und S. 370
  8. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 369
  9. 9,0 9,1 vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 378
  10. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 377
  11. vgl. Gerhard Pferschy, OEAW.AC.AT, abgerufen am 10. November 2022
  12. vgl. Sarkophag, Museum-Joanneum.AT, abgerufen am 12. Juni 2022
  13. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 367 und S. 377
  14. vgl. Gerhard Pferschy: Zur Beurteilung Siegfrieds von Mahrenberg, 1977, S. 377f.

Anmerkungen

  1. Für König Přemysl Otakar II. finden sich in der Sekundärliteratur unterschiedliche Namensformen: Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl, Otakar Premysl etc. Da er in Österreich zu Beginn des 21. Jahrhunderts als Ottokar II. bekannt war und es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier aus Gründen der Übersicht durchgehend die Bezeichnung Ottokar verwendet.