Tamás Erdődy: Unterschied zwischen den Versionen

6.426 Bytes hinzugefügt ,  19. Mai 2021
K
Einleitung Erweiterung
K (Einleitung Erweiterung)
 
(28 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
{{inuse}}
'''Tamás Graf Erdődy ''' (* [[1. Juli]] [[1887]] in [[Rotenturm an der Pinka]]; † [[20. April]] [[1931]] in [[w:Kőszeg|Güns]], heute Ungarn) war kaiserlicher Geheimkurier, [[w:Offizier|Offizier]] im [[w:k.u.k. Husarenregiment „Graf Nádasdy“ Nr. 9|k.u.k. Husarenregiment Nr. 9]] und in der [[w:Bundesgendarmerie|Gendarmerie]], [[w:Freischar|Freischarführer]] sowie zeitweise Bürgermeister und Feuerwehrkommandant von Rotenturm. Der Nachwelt bekannt bleibt er aufgrund seiner Rolle in der [[w:Sixtus-Affäre|Sixtus-Affäre]], wo er im Auftrag von Kaiser [[w:Karl I. (Österreich-Ungarn)|Karl I.]] als Geheimkurier Kontakt mit den Brüdern von Kaiserin [[w:Zita_von_Bourbon-Parma|Zita]], [[w:Sixtus von Bourbon-Parma|Sixtus]] und Xavier von [[w:Bourbon-Parma|Bourbon-Parma]], in der Schweiz aufnahm, mit dem Ziel Friedensverhandlungen zwischen [[w:Österreich-Ungarn|Österreich-Ungarn]] und der [[w:Triple Entente|Entente]] zur Beendigung des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] anzubahnen. Während der Entstehungsphase des Burgenlandes kämpfte er auf der Seite Ungarns als Führer einer Freischar gegen die österreichische Gendarmerie und das [[w:Bundesheer (1. Republik)|Bundesheer]].
[[Datei:Schloss Rotenturm bei Nacht.jpg|mini|404x404px|Das Schloss von Rotenturm, wo Tamás eine Zeit lang als Bürgermeister tätig war.]]
'''Tamás Graf Erdődy ''' (* [[1. Juli]] [[1887]] in [[Rotenturm an der Pinka]]; † [[20. April]] [[1931]] in [[w:Kőszeg|Güns]], heute Ungarn) war ein kaiserlicher Geheimkurier, Bürgermeister von Rotenturm und Ordonanzoffizier beim 5. Armeekommando.
 
==Leben==
Tamás Erdődy war der Sohn von Gyula Graf Erdődy von Monyókerek und Monoszló aus der Rotenturmer Linie der Erdődy. Seine Mutter war Emilie, geborene Gräfin Széchenyi, eine Nichte Gyulas. Gyula Erdődy war Großgrundbesitzer und durch sein Erbe Mitglied im [[w:Reichstag (Ungarn)|ungarischen Reichstag]]. Tamás wurde gemeinsam mit [[w:Karl I. (Österreich-Ungarn)|Erzherzog Karl]] (dem späteren Kaiser) großgezogen. Er war Privatschüler und legte seine Prüfungen am königlichen Obergymnasium in Steinamanger ([[w:Szombathely|Szombathely]]) ab. Später besuchte er das Gymnasium in Raab. Tamás Onkel, Nikolaus Széchenyi, war von 1901 bis 1911 Bischof von Raab.
 
Sein Leben widmete Tamás zunächst dem Feuerwehrwesen. So wurde er im Jahr 1908 Kommandant der [[Freiwillige Feuerwehr Rotenturm an der Pinka|Feuerwehr Rotenturm]]. Auch sein Vater zählte schon zu den Gründern und Kommandanten dieser Wehr.<ref>Peter Krajasich, Roland Widder : Die Freiwilligen Feuerwehren des Burgenlandes - 60 Jahre Burgenländischer Landesfeuerwehrverband, 1983, Seite: 514</ref>. Zeitweise war er auch Bürgermeister von Rotenturm. 1908 wurde er Leutnant der Reserve beim [[w:k.u.k. Husarenregiment „Graf Nádasdy“ Nr. 9|k.u.k. Husarenregiment Nr. 9]] in [[w:Sopron|Ödenburg]], 1914 war er Ordonanzoffizier beim 5. Armeekommando. Von Oktober 1915 bis September 1916 diente er an der Front in Galizien, danach in den Dolomiten. Als er 1915 verwundet wurde, erfolgte eine Versetzung zur Feldgendamerie. Da sein Vater schwer erkrankte, wurden er und sein Bruder Lajos von der Front beurlaubt. Erzherzog Karl, welcher mit Tamás aufgewachsen ist, besuchte die Familie Erdődy gerne zu Jagdausflügen.


==Werdegang==
==Werdegang==
Zeile 36: Zeile 29:
==== Etappendienst im Raum Złoczów/Lemberg - April bis September 1916 ====
==== Etappendienst im Raum Złoczów/Lemberg - April bis September 1916 ====
An Tamás Erdődys Soldatenleben änderte sich zunächst nicht viel. Neben der Erledigung kleinerer dienstlichen Aufgaben hinsichtlich seiner Funktion als landwirtschaftlicher Referent und Gendarmeriebeamter, genoss er die Annehmlichkeiten eines Offiziers in der Etappe und unternahm mit verschiedenen Offizierskameraden weiterhin zahlreiche Jagdausflüge ins Umland von Złoczów. Bei einer dieser Jagden begleitete er am 19. April den [[w:Erzherzog|Erzherzog]] [[w:Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen|Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen]], mit dem es auch in den darauffolgenden Wochen immer wieder zu privaten Treffen kam.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=2. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1915-1917|Seiten=35 bis 57}}</ref>
An Tamás Erdődys Soldatenleben änderte sich zunächst nicht viel. Neben der Erledigung kleinerer dienstlichen Aufgaben hinsichtlich seiner Funktion als landwirtschaftlicher Referent und Gendarmeriebeamter, genoss er die Annehmlichkeiten eines Offiziers in der Etappe und unternahm mit verschiedenen Offizierskameraden weiterhin zahlreiche Jagdausflüge ins Umland von Złoczów. Bei einer dieser Jagden begleitete er am 19. April den [[w:Erzherzog|Erzherzog]] [[w:Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen|Wilhelm Franz von Habsburg-Lothringen]], mit dem es auch in den darauffolgenden Wochen immer wieder zu privaten Treffen kam.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=2. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1915-1917|Seiten=35 bis 57}}</ref>
[[Datei:EasternFront1916b.jpg|mini|150px|Frontverschiebungen durch die Brussilow-Offensive 1916]]
 
Den Juni 1916 konnte Tamás Erdődy wieder zuhause als Fronturlauber verbringen, ehe es wieder zurück nach Lemberg ging. Dort erhielt er die Information, dass sein Gendarmerie-Kommando als selbständige Gendarmerie-Abteilung dem Kommando der [[w:2. Armee (Österreich-Ungarn)|k.u.k. 2. Armee]] unterstellt wurde. Dies bedeutete für Erdődy vorerst ein Ende des schönen Etappenlebens, weil er nun mit seinen Gendarmen immer wieder auf Streifengängen unterwegs war. Grund für diese Änderung der Verwendung war vermutlich die am 4. Juni 1916 losgebrochene [[w:Brussilow-Offensive|Brussilow-Offensive]], wo besonders nördlich der k.u.k. 2. Armee der russischen Armee ein tiefer Einbruch in die Front gelang. So war der Raum rund um Luzk, in dem sich Erdődy noch im Dezember 1915 aufgehalten hatte, an den Gegner verloren gegangen. Jagdausflüge gehörten nun der Vergangenheit an, vielmehr befand sich Tamás Erdődys Kommando hinter einer unruhig gewordenen Front, wo Artillerieduelle nun zum Alltag gehörten.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=2. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1915-1917|Seiten=58 bis 58}}</ref>
Den Juni 1916 konnte Tamás Erdődy wieder zuhause als Fronturlauber verbringen, ehe es wieder zurück nach Lemberg ging. Dort erhielt er die Information, dass sein Gendarmerie-Kommando als selbständige Gendarmerie-Abteilung dem Kommando der [[w:2. Armee (Österreich-Ungarn)|k.u.k. 2. Armee]] unterstellt wurde. Dies bedeutete für Erdődy vorerst ein Ende des schönen Etappenlebens, weil er nun mit seinen Gendarmen immer wieder auf Streifengängen unterwegs war. Grund für diese Änderung der Verwendung war vermutlich die am 4. Juni 1916 losgebrochene [[w:Brussilow-Offensive|Brussilow-Offensive]], wo besonders nördlich der k.u.k. 2. Armee der russischen Armee ein tiefer Einbruch in die Front gelang. So war der Raum rund um Luzk, in dem sich Erdődy noch im Dezember 1915 aufgehalten hatte, an den Gegner verloren gegangen. Jagdausflüge gehörten nun der Vergangenheit an, vielmehr befand sich Tamás Erdődys Kommando hinter einer unruhig gewordenen Front, wo Artillerieduelle nun zum Alltag gehörten.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=2. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1915-1917|Seiten=58 bis 58}}</ref>


Zeile 54: Zeile 47:


=== Sixtus-Affäre ===
=== Sixtus-Affäre ===
Am 5. Februar 1917 meldete sich Tamás Erdődy in Baden um in der Militärkanzlei des Kaisers seinen neuen Dienst anzutreten.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917-1918|Seiten=4}}</ref>
Am 5. Februar 1917 meldete sich Tamás Erdődy in Baden um in der Militärkanzlei des Kaisers seinen neuen Dienst anzutreten.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=4}}</ref>


Da Tamás Erdődy ein enger Vertrauter von Kaiser Karl I. war, wurde er in der Zeit von März bis Mai 1917 von diesem betraut, mehrmals als Geheimkurier in die Schweiz zu fahren, um Briefe an zwei Brüder von [[w:Zita_von_Bourbon-Parma|Kaiserin Zita]], [[w:Sixtus von Bourbon-Parma|Sixtus]] und Xavier von [[w:Bourbon-Parma|Bourbon-Parma]], zu überbringen, mit denen der österreichische Kaiser hinter dem Rücken des deutschen Verbündeten Verhandlungen für einen Sonderfrieden mit der [[w:Triple Entente|Entente]] einläuten wollte. Diese Bemühungen scheiterten nicht nur, sondern wuchsen sich im April 1918 zur sogenannten [[w:Sixtus-Affäre|Sixtus-Affäre]] aus, die letztendlich das Ende von [[w:Österreich-Ungarn|Österreich-Ungarn]] beschleunigte.   
Da Tamás Erdődy ein enger Vertrauter von Kaiser Karl I. war, wurde er in der Zeit von März bis Mai 1917 von diesem betraut, mehrmals als Geheimkurier in die Schweiz zu fahren, um Briefe an zwei Brüder von [[w:Zita_von_Bourbon-Parma|Kaiserin Zita]], [[w:Sixtus von Bourbon-Parma|Sixtus]] und Xavier von [[w:Bourbon-Parma|Bourbon-Parma]], zu überbringen, mit denen der österreichische Kaiser hinter dem Rücken des deutschen Verbündeten Verhandlungen für einen Sonderfrieden mit der [[w:Triple Entente|Entente]] einläuten wollte. Diese Bemühungen scheiterten nicht nur, sondern wuchsen sich im April 1918 zur sogenannten [[w:Sixtus-Affäre|Sixtus-Affäre]] aus, die letztendlich das Ende von [[w:Österreich-Ungarn|Österreich-Ungarn]] beschleunigte.   


==== Erste Fahrt in die Schweiz am 11. März 1917 ====
==== Erste Fahrt in die Schweiz - 8. bis 15. Feber 1917 ====
[[Datei:Zita magyar királyné.jpg|mini|120px|Kaiserin und Königin Zita im Dezember 1916]]
[[Datei:Zita magyar királyné.jpg|mini|120px|Kaiserin und Königin Zita im Dezember 1916]]
[[Datei:Sixte de Bourbon-Parme 1914.jpg|miniatur|120px|Prinz Sixtus von Bourbon-Parma, 1914]]
[[Datei:Sixte de Bourbon-Parme 1914.jpg|miniatur|120px|Prinz Sixtus von Bourbon-Parma, 1914]]
[[Datei:Graf Ottokar Czernin (1872–1932) 1918.jpg|mini|120px|Ottokar Graf Czernin, k.u.k. Minister des Äußeren]]
[[Datei:Graf Ottokar Czernin (1872–1932) 1918.jpg|mini|120px|Ottokar Graf Czernin, k.u.k. Minister des Äußeren]]
Am 8. Februar traf Tamás Erdődy zum ersten Mal auf Kaiser Karl I., der ihn fragte, ob er für ihn in einer sehr wichtigen Mission in die [[w:Schweiz|Schweiz]] fahren könne. Erdődy bejahte diese Frage und wurde dadurch zu einer Schlüsselfigur in der sogenannten Sixtus-Affäre. Karl weihte ihn daraufhin ein, "dass es sich um mit Frankreich angefangene Friedensverhandlungen handle."<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917-1918|Seiten=6}}</ref>  
Am 8. Februar traf Tamás Erdődy zum ersten Mal auf Kaiser Karl I., der ihn fragte, ob er für ihn in einer sehr wichtigen Mission in die [[w:Schweiz|Schweiz]] fahren könne. Erdődy bejahte diese Frage und wurde dadurch zu einer Schlüsselfigur in der sogenannten Sixtus-Affäre. Karl weihte ihn daraufhin ein, "dass es sich um mit Frankreich angefangene Friedensverhandlungen handle."<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=6}}</ref>  


Er stand nun vor dem Problem sich mitten im Krieg Zivilkleidung und einen entsprechenden Pass zu organisieren. Nachdem diese Dinge erledigt waren, musste er noch den k.u.k. Minister des Äußeren [[w:Ottokar Czernin|Ottokar Czernin]] aufsuchen, der ihm eine versiegelte Kuriertasche übergab. Anschließend meldete er sich wieder beim Kaiserpaar und erhielt von Kaiserin Zita einen Stadtplan von [[w:Neuchâtel|Neuchâtel]] ausgehändigt, auf dem diese handschriftlich die Strecke zwischen dem Bahnhof und der Rue de Pomier 7 eingezeichnet hatte,<ref>[https://www.archivinformationssystem.at/bild.aspx?VEID=4028356&DEID=10&SQNZNR=8 Stadtplan Neuchâtel], Webseite www.archivinformationssystem.at, abgerufen am 7. April 2021</ref> wo Erdődy die Brüder der Kaiserin, Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma, aufsuchen und ihnen zwei Briefe des Kaisers übergeben sollte. Karl machte ihn darauf aufmerksam, dass außer Erdődy, Zita und Karl nur Außenminister Czernin von der Existenz der Briefe etwas wüsste.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=62 bis 68}}</ref>   
Er stand nun vor dem Problem sich mitten im Krieg Zivilkleidung und einen entsprechenden Pass zu organisieren. Nachdem diese Dinge erledigt waren, musste er noch den k.u.k. Minister des Äußeren [[w:Ottokar Czernin|Ottokar Czernin]] aufsuchen, der ihm eine versiegelte Kuriertasche übergab. Anschließend meldete er sich wieder beim Kaiserpaar und erhielt von Kaiserin Zita einen Stadtplan von [[w:Neuchâtel|Neuchâtel]] ausgehändigt, auf dem diese handschriftlich die Strecke zwischen dem Bahnhof und der Rue de Pomier 7 eingezeichnet hatte,<ref>[https://www.archivinformationssystem.at/bild.aspx?VEID=4028356&DEID=10&SQNZNR=8 Stadtplan Neuchâtel], Webseite www.archivinformationssystem.at, abgerufen am 7. April 2021</ref> wo Erdődy die Brüder der Kaiserin, Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma, aufsuchen und ihnen zwei Briefe des Kaisers übergeben sollte. Karl machte ihn darauf aufmerksam, dass außer Erdődy, Zita und Karl nur Außenminister Czernin von der Existenz der Briefe etwas wüsste.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=62 bis 68}}</ref>   


Tamás Erdődy fuhr noch am 8. Februar vom Westbahnhof mit dem Abendzug über Innsbruck und [[Feldkirch]] in Richtung [[w:Schweiz|Schweiz]], wo er zunächst in [[w:Zürich|Zürich]] übernachtete. Am 10. Februar traf er in [[w:Bern|Bern]] den österreichischen Gesandten, [[w:Oberst|Oberst]] von Einem, dem er die versiegelte Kuriertasche übergab, die ihm Ottokar Czernin ausgehändigt hatte. Der Oberst, der den Grund von Erdődys Reise nicht kannte, warnte den Kurier, dass die Schweiz ein Tummelplatz von feindlichen Agenten sei, die zum Zwecke der Informationsbeschaffung auch vor Mord nicht zurückschrecken würden. Den 12. Februar nutzte er für einen Ausflug nach [[w:Interlaken|Interlaken]], ehe Erdődy am 13. als "Herr Waldmayer, Kaufmann aus [[Bregenz]]" mit dem Zug nach Neuchâtel weiterfuhr, um dort die beiden Bourbonen-Prinzen in der Rue de Pomier zu treffen. Mit einem Antwortschreiben der beiden trat er wieder den Rückweg an, der ihn über Zürich, Bern, Innsbruck und Salzburg in der Nacht von 15. auf den 16. Februar wieder zurück nach Wien führte, wo er am nächsten Morgen auf Kaiser Karl traf, um ihm das Schreiben seiner beiden Schwäger auszuhändigen.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917-1918|Seiten=11 bis 17}}</ref>  
Tamás Erdődy fuhr noch am 8. Februar vom Westbahnhof mit dem Abendzug über Innsbruck und [[Feldkirch]] in Richtung [[w:Schweiz|Schweiz]], wo er zunächst in [[w:Zürich|Zürich]] übernachtete. Am 10. Februar traf er in [[w:Bern|Bern]] den österreichischen Gesandten, [[w:Oberst|Oberst]] von Einem, dem er die versiegelte Kuriertasche übergab, die ihm Ottokar Czernin ausgehändigt hatte. Der Oberst, der den Grund von Erdődys Reise nicht kannte, warnte den Kurier, dass die Schweiz ein Tummelplatz von feindlichen Agenten sei, die zum Zwecke der Informationsbeschaffung auch vor Mord nicht zurückschrecken würden. Den 12. Februar nutzte er für einen Ausflug nach [[w:Interlaken|Interlaken]], ehe Erdődy am 13. als "Herr Waldmayer, Kaufmann aus [[Bregenz]]" mit dem Zug nach Neuchâtel weiterfuhr, um dort die beiden Bourbonen-Prinzen in der Rue de Pomier zu treffen. Mit einem Antwortschreiben der beiden trat er wieder den Rückweg an, der ihn über Zürich, Bern, Innsbruck und Salzburg in der Nacht von 15. auf den 16. Februar wieder zurück nach Wien führte, wo er am nächsten Morgen auf Kaiser Karl traf, um ihm das Schreiben seiner beiden Schwäger auszuhändigen.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=11 bis 17}}</ref><ref name="Szemere6983">{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=69 bis 83}}</ref>


In dem 1931 erschienenen Memoiren wird die Geschichte erzählt, dass er Neuchâtel von verschiedenen Personen verfolgt worden sei, Hinweise darauf, dass dies tatsächlich der Fall war, finden sich in den Tagebüchern nicht.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=69 bis 83}}</ref>
==== Zweite Fahrt in die Schweiz - 19. bis 25. Feber 1917 ====
Mit einem Antwortschreiben Karls brach Tamás Erdődy am 19. Feber neuerlich nach Neuchâtel auf. Dabei bemerkte er, dass er bereits ab Baden von einem Mann verfolgt wurde, der ihm schon auf seiner letzten Reise in die Schweiz aufgefallen war. In Neuchâtel sprach dieser Verfolger einen jungen Mann an, der sich in weiterer Folge Erdődy gegenüber als sehr aufdringlich erwies, und diesem seine Dienste anbot, die Tamás Erdődy aber umgehend ablehnte. Am 21. Feber übergab er Karls Antwort an Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma und man vereinbarte, dass im Falle einer positiven Antwort der Entente auf Karls Schreiben folgender Telegrammtext über Oberst von Einem an Erdődy geschickt werden würde:<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=22}}</ref>
{{Zitat|Erwarte dich am x.-ten. Grüsse Bertrand.}}
Nachdem Tamás Erdődy das Haus verließ, in dem das Treffen mit den Prinzen stattgefunden hatte, kam es zu einem kleinen Handgemenge mit jenem jungen Mann, der sich bereits zuvor als aufdringlich erwiesen hatte, bei dem Erdődy aber als Sieger hervorging und so seinen Verfolger erfolgreich abschütteln konnte. Ohne weitere Zwischenfälle ging es dann wieder, nach einer Zwischenstation in Bern, zurück nach Wien, wo er am Morgen des 25. Febers ankam.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=19 bis 26}}</ref>


==== Zweite Fahrt in die Schweiz am 16. März 1917 ====
In den 1931 erschienen Memoiren fand diese Reise keine separate Erwähnung. Vermutlich aus dramaturgischen Gründen wurde das Handgemenge mit dem Verfolger mit Erdődys erster Reise vermischt.
[[Datei:Blauer Hof Laxenburg 3-4.JPG|miniatur|120px|Schloss Laxenburg - Blauer Hof]]
 
[[Datei:Blauer Hof Sixtusstiege 01.jpg|miniatur|120px|''Sixtus-Stiege'', über sie brachte Erdődy die Zitas Brüder zum Kaiserehepaar]]
==== Dritte Fahrt in die Schweiz - 13. bis 16. März 1917 ====
Am 15. März 1917 wurde Tamás Erdődy wieder zum Kaiser befohlen, der ihm eröffnete, dass er neuerlich in die Schweiz zu fahren habe. Dieses Mal sollte er aber nicht als Kurier einen Brief übermitteln, sondern die Brüder Zitas, getarnt als ''Ingenieure Bertrand'', von [[w:Genf|Genf]] nach Wien schmuggeln. Die Reise führte ihn zunächst wieder nach Bern, wo ihm General von Einem, der zwar den Auftrag Erdődys, nicht aber die Identität der zu schmuggelnden Personen kannte, den Auftrag erteilte, im Genfer k.u.k. Generalkonsulat zwei Pässe abzuholen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=84 bis 85}}</ref>
Am 13. März erhielt Tamás Erdődy ein Telegramm mit folgendem Text, worüber er umgehend den Kaiser informierte:<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=22}}</ref>
{{Zitat|Bertrand erwartet dich am 20.igsten Grüsse: [Unterschrift unleserlich]}}
 
Am Abend des 16. März brach Tamás Erdődy neuerlich in die Schweiz auf, um, nach einer Zwischenstation in Bern, am 19. März nach [[w:Genf|Genf]] weiterzureisen, wo er am Abend dieses Tages Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma ein Schreiben Karls zu übergab. Am nächsten Tag traf auch Oberst von Einem in Genf ein, wo er zusammen mit  Erdődy das k.u.k. Generalkonsulat aufsuchte, um zwei Pässe lautend auf "Josef Pfister, Kaufmann aus [[w:Brünn|Brünn]]" (für Xavier) und "Ingenieur Stefan Blattner aus [[w:Prag|Prag]]" (für Sixtus) ausstellen zu lassen. <ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=35 bis 40}}</ref>


Am 21. März fuhr Erdődy nach Genf weiter und nachdem er General von Einems Auftrag erledigt hatte, bemerkte er, dass ihn wieder wer beobachtete und verfolgte. Um seine Verfolger abzuschütteln unternahm er dieses Mal eine richtige Maskerade. Zum Zwecke der Tarnung war er mit verschiedenen Pässen, darunter auch mit dem eines Maschinisten ausgestattet. In einem [[w:Versatzamt|Versatzamt]], das er zufällig fand, versetzte er Anzug und Mantel und kaufte sich stattdessen das gebrauchte Arbeitsgewand eines Maschinisten. Dann mischte er sich unter die einheimischen Arbeiter indem er sich bis spät in die Nacht in ein Lokal setzte, um dann weit nach Mitternacht einem Polizisten, den er zufällig auf der Straße antraf, eine erfundene Geschichte aufzutischen, der ihn daraufhin in eine [[w:Notschlafstelle|Notschlafstelle]] lotste. Am nächsten Morgen ging Erdődy, nachdem er seine alte Kleidung wieder ausgelöst hatte, zurück in sein Hotel, wo er in Erfahrung bringen konnte, dass sich tatsächlich jemand nach ihm erkundigt hatte. Er erhielt somit eine Bestätigung dafür, dass einerseits seine Tarnstrategie Erfolg gehabt hatte und andererseits er wieder beschattet wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=86 bis 88}}</ref>
Noch am 20. März kehrten Tamás Erdődy und Oberst von Einem nach Bern zurück, während die beiden Prinzen getrennt von ihnen bis nach [[w:Freiburg im Üechtland|Freiburg im Üechtland]] fuhren und dort übernachteten. Am 21. März fuhren dann Erdődy und die beiden Bourbonen-Prinzen im gleichen Zug, aber in unterschiedlichen Abteils, weiter in Richtung Grenze. Auch der Grenzübertritt erfolgte getrennt, während nämlich Erdődy bei Feldkirch die Grenze passierte, wurden Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma vom Landesverweser des Fürstentums [[w:Liechtenstein|Liechtenstein]], Leopold Freiherr von Imhoff,<ref>[https://historisches-lexikon.li/Imhof,_Leopold_Freiherr_von Leopold Rupert Quaderer: ''Freiherr von Imhof''], Webseite , abgerufen am 8. Feber 2021</ref> übernommen und über das Fürstentum in die Monarchie geschleust, wo sie von Tamás Erdődy wieder in Empfang genommen wurden und anschließend gemeinsam nach Wien weiterreisten. Am Abend des 22. März fand die abenteuerliche Reise ein Ende und die beiden Prinzen verbrachten die Nacht in Erdődys Wohnung in der Landskrongasse 5.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=40 bis 44}}</ref>  


Um die Mittagszeit ging er in das Hotel der beiden Bourbonen-Prinzen, die wenig später eintrafen. Im Hotelrestaurant kam es zu einer lebhaften und freizügigen Diskussion zwischen den Dreien, bei der Erdődy zum ersten Mal die Tragweite seiner Mission und deren Bedeutung für den weiteren Kriegsverlauf bewusst wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=89 bis 92}}</ref> Gegen Abend bestiegen Erdődy und die vermeintlichen Ingenieure Bertrand den Nachtzug nach Wien. Weil der Zug nach dem Grenzübertritt berstend voll war und andere Reisende in das Abteil der drei drängten, musste Erdődy, um die Identität der beiden Prinzen zu wahren, zum ersten und zum einzigen Male Gebrauch vom ''Offenen Befehl'' machen,<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=94}}</ref> der ihm für Notfälle ausgestellt worden war:<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=1}}</ref>
In den 1931 erschienen Memoiren wurde diese dritte Reise ganz anders dargestellt. Demnach wurde am 15. März 1917 Tamás Erdődy zum Kaiser befohlen, der ihm eröffnete, dass er neuerlich in die Schweiz zu fahren habe. Dieses Mal sollte er aber nicht als Kurier einen Brief übermitteln, sondern die Brüder Zitas, getarnt als ''Ingenieure Bertrand'', von [[w:Genf|Genf]] nach Wien schmuggeln. Die Reise führte ihn zunächst wieder nach Bern, wo ihm General von Einem, der zwar den Auftrag Erdődys, nicht aber die Identität der zu schmuggelnden Personen kannte, den Auftrag erteilte, im Genfer k.u.k. Generalkonsulat zwei Pässe abzuholen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=84 bis 85}}</ref> Am 21. März fuhr Erdődy nach Genf weiter und nachdem er General von Einems Auftrag erledigt hatte, bemerkte er, dass ihn wieder wer beobachtete und verfolgte. Um seine Verfolger abzuschütteln unternahm er dieses Mal eine richtige Maskerade. Zum Zwecke der Tarnung war er mit verschiedenen Pässen, darunter auch mit dem eines Maschinisten ausgestattet. In einem [[w:Versatzamt|Versatzamt]], das er zufällig fand, versetzte er Anzug und Mantel und kaufte sich stattdessen das gebrauchte Arbeitsgewand eines Maschinisten. Dann mischte er sich unter die einheimischen Arbeiter indem er sich bis spät in die Nacht in ein Lokal setzte, um dann weit nach Mitternacht einem Polizisten, den er zufällig auf der Straße antraf, eine erfundene Geschichte aufzutischen, der ihn daraufhin in eine [[w:Notschlafstelle|Notschlafstelle]] lotste. Am nächsten Morgen ging Erdődy, nachdem er seine alte Kleidung wieder ausgelöst hatte, zurück in sein Hotel, wo er in Erfahrung bringen konnte, dass sich tatsächlich jemand nach ihm erkundigt hatte. Er erhielt somit eine Bestätigung dafür, dass einerseits seine Tarnstrategie Erfolg gehabt hatte und andererseits er wieder beschattet wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=86 bis 88}}</ref> Um die Mittagszeit ging er in das Hotel der beiden Bourbonen-Prinzen, die wenig später eintrafen. Im Hotelrestaurant kam es zu einer lebhaften und freizügigen Diskussion zwischen den Dreien, bei der Erdődy zum ersten Mal die Tragweite seiner Mission und deren Bedeutung für den weiteren Kriegsverlauf bewusst wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=89 bis 92}}</ref> Gegen Abend bestiegen Erdődy und die vermeintlichen Ingenieure Bertrand den Nachtzug nach Wien. Weil der Zug nach dem Grenzübertritt berstend voll war und andere Reisende in das Abteil der drei drängten, musste Erdődy, um die Identität der beiden Prinzen zu wahren, zum ersten und zum einzigen Male Gebrauch vom ''Offenen Befehl'' machen,<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=94}}</ref> der ihm für Notfälle ausgestellt worden war:<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=1}}</ref>


{{Zitat|Sämtliche Militär und Zivilbehörden haben den Anforderungen des Oberleutnants Thomas Grafen von Erdődy so nachzukommen, als ob Seine k.und k.Apostolische Majestät diesbezüglich einen Befehl erteilt hätten.}}
{{Zitat|Sämtliche Militär und Zivilbehörden haben den Anforderungen des Oberleutnants Thomas Grafen von Erdődy so nachzukommen, als ob Seine k.und k.Apostolische Majestät diesbezüglich einen Befehl erteilt hätten.}}
[[Datei:Blauer Hof Laxenburg 3-4.JPG|miniatur|120px|Schloss Laxenburg - Blauer Hof]]
[[Datei:Blauer Hof Sixtusstiege 01.jpg|miniatur|120px|''Sixtus-Stiege'', über sie brachte Erdődy die Zitas Brüder zum Kaiserehepaar]]
Hinsichtlich der Entwicklungen der nächsten Tagen stimmen Tagebücher und Memoiren wieder mehr überein, wobei laut Tagebücher ein weiterer Bruder Zitas, [[w:René von Bourbon-Parma|René von Bourbon-Parma]] mit von der Partie war und mit seinem Auto Erdődy und seine beiden Brüder nach [[w:Schlösser von Laxenburg#Blauer Hof oder Neues Schloss|Schloss Laxenburg]] brachte. Tamás Erdődy hatte zuvor mit dem Burghauptmann ausgemacht, dass sie das Schloss über einen Hintereingang betreten sollten. Über eine kleine Rundstiege, die damals den Namen ''Blaue Stiege'' trug und heute aufgrund dieser historischen Begebenheit ''Sixtus-Stiege'' genannt wird, begaben sie sich in den ersten Stock, wo das Kaiserpaar schon auf sie wartete. Während Karl, Zita, Sixtus und Xavier sich zurückzogen, hielt Tamás Erdődy vor dem Zimmer Wache, um zu beobachten, dass auch Außenminister Ottokar Czernin später zu den Verhandlungen stieß. Nachdem diese vorüber waren, fuhren Erdődy, Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma wieder zurück in die Landskrongasse gebracht, wo die Prinzen neuerlich übernachteten. Am nächsten Tag ging es dann wieder mit René von Bourbon-Parma zurück nach Schloss Laxenburg zu neuen Verhandlungen, bei denen Erdődy wieder persönlich Wache hielt. <ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=95 bis 97}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=42 bis 48}}</ref>


In Wien angekommen, brachte Tamás Erdődy die beiden wegen ihrer eleganten Kleidung auffälligen Bourbonen-Prinzen zunächst in seine Wohnung in der Landskrongasse 5, um sie dann am Abend mit dem Auto ins [[w:Schlösser von Laxenburg#Blauer Hof oder Neues Schloss|Schloss Laxenburg]] zu bringen. Sie betraten das Schloss von der Parkseite und Erdődy führte Zitas Brüder über eine kleine Rundstiege, die damals den Namen ''Blaue Stiege'' trug und heute aufgrund dieser historischen Begebenheit ''Sixtus-Stiege'' genannt wird, in den ersten Stock, wo das Kaiserpaar schon auf sie wartete.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=95 bis 97}}</ref>
Am 25. März (laut den Memoiren am 24. März) fuhr Tamás Erdődy mit Zitas Brüdern Sixtus und Xavier mit der Bahn wieder in Richtung Schweizer Grenze. Am 26. März verabschiedete er sich von den beiden, die von Leopold Freiherr von Imhoff wieder übernommen und in die Schweiz geschmuggelt wurden.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=98 bis 99}}</ref>
 
Während Karl, Zita, Sixtus und Xavier sich zurückzogen, hielt Tamás Erdődy vor dem Zimmer Wache, um zu beobachten, dass auch Außenminister Ottokar Czernin später zu den Verhandlungen stieß. Nachdem diese vorüber waren, wurden Erdődy, Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma vom Leibchaffeur des Kaiser, Josef Schlederer, zurück in die Landskrongasse gebracht, wo die Prinzen übernachteten. Am nächsten Tag ging es dann wieder zurück nach Schloss Laxenburg zu neuen Verhandlungen, bei denen Erdődy wieder persönlich Wache hielt. Am Nachmittag dieses 24. März fuhren er und die beiden vermeintlichen Ingenieure Bertrand mit dem Zug wieder in Richtung Schweiz. Aus Vorsichtsgründen wählte Erdődy dieses Mal aber einen Weg über das [[w:Fürstentum Liechtenstein|Fürstentum Liechtenstein]], wo er die beiden "Ingenieure" dem Landesverweser des Fürstentums, Leopold Freiherr von Imhoff übergab, der die beiden Prinzen, ohne deren wahre Identität zu kennen, weiter in die Schweiz schmuggelte.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=98 bis 99}}</ref><ref>[https://historisches-lexikon.li/Imhof,_Leopold_Freiherr_von Leopold Rupert Quaderer: ''Freiherr von Imhof''], Webseite , abgerufen am 8. Feber 2021</ref>


==== Weitere Reisen in die Schweiz im April und Mai ====
==== Weitere Reisen in die Schweiz im April und Mai ====
Am 24. April war Tamás Erdődy erneut mit Briefen für Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma in die Schweiz unterwegs. Der Treffpunkt befand sich dieses Mal in der Stadt [[w:Zug (Stadt)|Zug]] am [[w:Zugersee|Zugersee]], wo Erdődy pünktlich ankam, während sich die Prinzen verspäteten. Da die Schweizer Polizei auf ihn aufmerksam wurde, musste er sich eine Tarnung als Fleischhauer zurechtlegen, eine Tätigkeit, die er in [[w:Chicago|Chicago]] bei einem Aufenthalt in den USA einige Zeit ausgeführt hatte. Zu einer Ausübung dieser Tätigkeit kam es dieses Mal aber nicht, weil die Prinzen dann doch erschienen, wobei ein Leutnant der französischen Armee sie begleitete.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=100 bis 102}}</ref>  
Am 22. April war Tamás Erdődy erneut mit Briefen für Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma in die Schweiz unterwegs. Der Treffpunkt befand sich dieses Mal in der Stadt [[w:Zug (Stadt)|Zug]] am [[w:Zugersee|Zugersee]], wo Erdődy am 24. April auf die Prinzen traf. Zwei Tage später fuhr er mit der Antwort der Entente wieder zurück nach Wien, wo er am 28. ankam.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=100 bis 102}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=52 und 53}}</ref> 


Während Erdődy mit den Antwortbriefen von Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma wieder zurück nach Wien fuhr, begaben sich die Prinzen und ihr französischer Begleiter nach Neuchâtel, um dort auf die Antwort von Karl zu warten. Diese kam am 4. Mai 1917 in Form eines Briefes, den wieder Tamás Erdődy überbrachte. Sixtus entschloss sich darauf mit Erdődy nach Wien zu begeben, während sein Bruder Xavier und der französische Leutnant in der Schweiz blieben. Am 8. und 9 Mai verhandelte Sixtus in Schloss Laxenburg mit seiner Schwester Zita und seinem kaiserlichen Schwager. Am 9. Mai kam es dann zur Übergabe des berühmt gewordenen ''zweiten Kaiserbriefes'', welcher Mitteilungen über ein italienisches Friedensangebot und die Bereitschaft Österreich-Ungarns für Friedensverhandlungen enthielt. Außerdem enthielt dieser Brief eine von Ottokar Czernin eigenhändig verfasste Beilage, in dem dieser Bedingungen für Friedensverhandlungen formuliert hatte. Am 10. Mai begleitete Tamás Erdődy Sixtus von Bourbon-Parma wieder in Richtung Schweiz. Dieses Mal gab er Sixtus auf ausdrücklichen Befehl Karls Informationen über die Lage der Monarchie, wobei Erdődy im Nachhinein missfiel, dass Sixtus in einer späteren Veröffentlichung viele Dinge des Gespräches falsch wiedergab.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=103 bis 107}}</ref>
Während Erdődy mit den Antwortbriefen von Sixtus und Xavier von Bourbon-Parma wieder zurück nach Wien fuhr, begaben sich die Prinzen nach Neuchâtel, um dort auf die Antwort von Karl zu warten. Diese kam am 5. Mai 1917 in Form eines Briefes, den wieder Tamás Erdődy überbrachte. Sixtus entschloss sich darauf mit Erdődy nach Wien zu begeben, während sein Bruder Xavier in der Schweiz blieb. Am 8. und 9 Mai verhandelte Sixtus in Schloss Laxenburg mit seiner Schwester Zita und seinem kaiserlichen Schwager. Am 9. Mai kam es dann zur Übergabe des berühmt gewordenen ''zweiten Kaiserbriefes'', welcher Mitteilungen über ein italienisches Friedensangebot und die Bereitschaft Österreich-Ungarns für Friedensverhandlungen enthielt. Außerdem enthielt dieser Brief eine von Ottokar Czernin eigenhändig verfasste Beilage, in dem dieser Bedingungen für Friedensverhandlungen formuliert hatte. Am 10. Mai begleitete Tamás Erdődy Sixtus von Bourbon-Parma wieder in Richtung Schweiz.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=103 bis 107}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=55 und 64}}</ref>


Bei seiner letzten Fahrt in die Schweiz machte Erdődy wieder Station bei General von Einem in Bern, der ihn davor warnte, dass er eventuell entführt werden würde, weil er aufgrund seiner Nähe zu Kaiser Karl I. besonders interessant für feindliche Geheimdienste wäre. Tatsächlich wollte ihn sein Kontaktmann, der Besitzer jener Villa in Neuchâtel in der es zum ersten Aufeinandertreffen mit den Bourbonen-Prinzen gekommen war, dazu bewegen, an die französische Grenze zu fahren, um dort den angeblich wartenden Sixtus von Bourbon-Parma die mitgeführten Briefe persönlich zu übergeben. Da aber im Vorfeld der Übergabe, die in der Schweizer Stadt [[w:Biel/Bienne|Biel]] hätte stattfinden sollen, ausgemacht war, dass der Kontaktmann die Briefe übernehmen sollte, brach Erdődy die Übergabe ab und fuhr unverrichteter Dinge wieder nach Wien zurück. Mit dieser letzten, erfolglosen, Fahrt in die Schweiz endeten Tamás Erdődys Kurierdienste in der sogenannten Sixtus-Affäre.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=107 bis 111}}</ref>
Bei seiner letzten Fahrt in die Schweiz machte Erdődy wieder Station bei General von Einem in Bern, der ihn davor warnte, dass er eventuell entführt werden würde, weil er aufgrund seiner Nähe zu Kaiser Karl I. besonders interessant für feindliche Geheimdienste wäre. Tatsächlich wollte ihn sein Kontaktmann, der Besitzer jener Villa in Neuchâtel in der es zum ersten Aufeinandertreffen mit den Bourbonen-Prinzen gekommen war, dazu bewegen, an die französische Grenze zu fahren, um dort den angeblich wartenden Sixtus von Bourbon-Parma die mitgeführten Briefe persönlich zu übergeben. Da aber im Vorfeld der Übergabe, die in der Schweizer Stadt [[w:Biel/Bienne|Biel]] hätte stattfinden sollen, ausgemacht war, dass der Kontaktmann die Briefe übernehmen sollte, brach Erdődy die Übergabe ab und fuhr unverrichteter Dinge wieder nach Wien zurück. Mit dieser letzten, erfolglosen, Fahrt in die Schweiz endeten Tamás Erdődys Kurierdienste in der sogenannten Sixtus-Affäre.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=107 bis 111}}</ref>
Zeile 103: Zeile 103:


=== Weitere Ereignisse bis Kriegsende ===
=== Weitere Ereignisse bis Kriegsende ===
==== Explosion in der Pulverfabrik Blumau - 17. April 1917 ====
In der Nacht von 16. auf den 17. April wurde Tamás Erdődy von der Wiener Berufsfeuerwehr verständigt, dass es in der ''k.u.k. Pulverfabrik Blumau'' zu einer großen Explosion gekommen war. Erdődy fuhr daraufhin mit dem Fernzug der Berufsfeuerwehr zur Unglücksstätte, wobei der Feuerschein bereits vom [[w:Laaer Berg|Laaer Berg]] aus zu beobachten war. Mit den Löscharbeiten konnten die Wiener Feuerwehrleute erst am späten Nachmittag beginnen und hatten großes Glück, als Artilleriemunition explodierte, das in einem Gebäude gelagert war, das sie versuchten zu löschen. Erdődy arbeitete in weiterer Folge mit einigen Experten ein [[w:Memorandum|Memorandum]] über die zukünftige Organisation des militärischen Feuerwehrwesens aus, das er dann Kaiser Karl übergab.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=3. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=76 bis 79}}</ref>
==== Brandkatastrophe von Gyöngyös im Mai 1917====
==== Brandkatastrophe von Gyöngyös im Mai 1917====
[[Datei:Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita besuchen das am 21.5.1917 von einem Brand zerstörte Gyöngyös am 23.5.1917 (BildID 15564777).jpg|mini|150px|Karl und Zita am Bahnhof von Gyöngyös]]
[[Datei:Kaiser Karl I. und Kaiserin Zita besuchen das am 21.5.1917 von einem Brand zerstörte Gyöngyös am 23.5.1917 (BildID 15564777).jpg|mini|150px|Karl und Zita am Bahnhof von Gyöngyös]]
Am 21. Mai 1917 brach in der ungarischen Kleinstadt [[w:Gyöngyös|Gyöngyös]] ein Brand aus, dem insgesamt 549 Häuser und 1400 Nebengebäude zum Opfer fielen. Als Tamás Erdődy von dieser Brandkatastrophe erfuhr, machte er sich sofort mit dem Auto auf den Weg in die betroffene Stadt und half bei den Lösch- und Aufräumarbeiten mit. Es schickte außerdem ein Telegramm an Kaiser Karl, in dem er diesem vom Ausmaß der Katastrophe berichtete und ihm nahelegte, dass es opportun wäre, wenn dieser an den Ort des Geschehens kommen würde. Das Kaiserehepaar beherzigte Erdődys Rat und begab sich umgehend mit dem Hofzug in das geplagte Städtchen, um der Bevölkerung Trost zu spenden und die Weichen für den Wiederaufbau zu stellen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=52 und 53}}</ref>
Am 21. Mai 1917 brach in der ungarischen Kleinstadt [[w:Gyöngyös|Gyöngyös]] ein Brand aus, dem insgesamt 549 Häuser und 1400 Nebengebäude zum Opfer fielen. Als Tamás Erdődy von dieser Brandkatastrophe erfuhr, machte er sich sofort mit dem Auto auf den Weg in die betroffene Stadt und half bei den Lösch- und Aufräumarbeiten mit. Es schickte außerdem ein Telegramm an Kaiser Karl, in dem er diesem vom Ausmaß der Katastrophe berichtete und ihm nahelegte, dass es opportun wäre, wenn dieser an den Ort des Geschehens kommen würde. Das Kaiserehepaar beherzigte Erdődys Rat und begab sich umgehend mit dem Hofzug in das geplagte Städtchen, um der Bevölkerung Trost zu spenden und die Weichen für den Wiederaufbau zu stellen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=52 und 53}}</ref>
==== Hamburg-Reise mit Erzherzog Wilhelm - Mitte Juli 1917 ====
Mitte Juli begleitete Tamás Erdődy Erzherzog Wilhelm von Habsburg-Lothringen, der ihm von den Jagdausflügen an der russischen Front bekannt war, nach [[w:Hamburg|Hamburg]], wo dieser den [[w:Metropolit|Metropolit]]en der [[w:Ukrainische griechisch-katholische Kirche|Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche]], [[w:Andrej Scheptyzkyj|Andrej Scheptyzkyj]], traf, um mit diesem über ein ''Fürstentum Ukraine'' unter Wilhelms Regentschaft zu sprechen. Während der Erzherzog mit dem Metropoliten hoffnungsvolle Verhandlungen führte, informierte sich Tamás Erdődy ausführlich während des Hamburg-Aufenthaltes über das deutsche Feuerwehrwesen, ehe die beiden am 25. Juli über Berlin wieder die Rückreise nach Wien antraten.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=4. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=20 bis 26}}</ref>
==== Konstantinopel-Reise zu Enver Pascha - Ende August 1917 ====
Am 22. August 1917 brach Tamás Erdődy zu einer Fahrt nach [[w:Konstantinopel|Konstantinopel]] auf, um im Auftrag von Kaiser Karl dem Kriegsminister des [[w:Osmanisches Reich|Osmanischen Reiches]], [[w:Enver Pascha|Enver Pascha]], die [[w:Militär-Verdienstmedaille (Österreich)|Große Militärverdienstmedaille]] zu überreichen. Am 27. August wurde er vom türkischen Kriegsminister empfangen und konnte diesem die hohe Auszeichnung übergeben. Im türkischen Kriegsministerium traf Erdődy auch auf die beiden deutschen Offiziere [[w:Erich von Falkenhayn|Erich von Falkenhayn]] und [[w:Guido von Usedom (Admiral)|Guido von Usedom]], welche versuchten zusammen mit der türkischen Armee die Briten im [[w:Naher Osten|Nahen Osten]] zu besiegen.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=4. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=32 bis 49}}</ref>
Mit einem österreichisch-ungarischen Offizier unternahm er mit einem bereitgestellten Auto eine längere Fahrt durch türkisches Herrschaftsgebiet, um dabei auf Spuren des [[w:Völkermord an den Armeniern|Völkermords an den Armeniern]] zu treffen, die ihm veranlassten folgenden Tagebucheintrag am 1. Oktober zu machen:<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=4. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=45 bis 46}}</ref>
{{Zitat|In allen Ortschaft, besonders ? [unleserlich], haben die Türken entsetzlich gehaust, was armenisch ist, wurde in den letzten Jahren, besonders aber im Laufe des Krieges umgebracht. Meine Gendarmen erzählten mir grinsend von ihren diesbezüglichen Heldentaten. Viele Tausende wurden ausgeraubt, gleich ermordet oder dem langsamen Hungertode preisgegeben.}}
Der Ausdruck ''Meine Gendarmen'' ist wohl so zu verstehen, dass er als Gendarmerie-Offizier, ähnlich wie bei den Feuerwehrleuten als begeisterter Feuerwehrmann, zu dieser Personengruppe eine besondere Beziehung pflegte.
Nach einem neuerlichen Zusammentreffen mit Enver Pascha trat Tamás Erdődy am 4. Oktober wiede die Rückreise nach Wien an.<ref>{{Literatur |Autor=Tamás Erdődy|Titel=4. Tagebuch von Thomas Erdödy|Verlag=Österreichisches Staatsarchiv|Ort=Wien|Datum=1917|Seiten=49}}</ref>


==== Jännerstreik 1918 ====
==== Jännerstreik 1918 ====
Zeile 125: Zeile 141:


Vor diesem Hintergrund plante Karl eine Dienstreise nach Ungarn, die ihn nach [[w:Debrecen|Debrecen]] und nach Gödöllö führen sollte, und die im Nachhinein betrachtet seine letzte größere Reise als Kaiser darstellte. Um den ungarischen Nationalismus nicht weiter zu provozieren, beauftragte er Tamás Erdődy damit, dass beim Empfang in Debrecen, wo ein Universitätsgebäude eröffnet werden sollte, am Bahnhof eine Musikkapelle des [[w:k.u. Landwehr (Österreich-Ungarn)|Honvéd]] stehen sollte, die anstatt der [[w:Österreichische Kaiserhymnen#Volkshymne unter Franz Joseph I. und Karl I.|Kaiserhymne ''"Gott erhalte"'']] die [[w:Himnusz|ungarische Nationalhymne]] spielen sollte. Die Debrecener Garnison hatte Erdődys Telegramm nachweislich bekommen, es aber seiner Ansicht nach bewusst ignoriert und somit vorsätzlich einen Eklat heraufbeschworen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=149}}</ref>
Vor diesem Hintergrund plante Karl eine Dienstreise nach Ungarn, die ihn nach [[w:Debrecen|Debrecen]] und nach Gödöllö führen sollte, und die im Nachhinein betrachtet seine letzte größere Reise als Kaiser darstellte. Um den ungarischen Nationalismus nicht weiter zu provozieren, beauftragte er Tamás Erdődy damit, dass beim Empfang in Debrecen, wo ein Universitätsgebäude eröffnet werden sollte, am Bahnhof eine Musikkapelle des [[w:k.u. Landwehr (Österreich-Ungarn)|Honvéd]] stehen sollte, die anstatt der [[w:Österreichische Kaiserhymnen#Volkshymne unter Franz Joseph I. und Karl I.|Kaiserhymne ''"Gott erhalte"'']] die [[w:Himnusz|ungarische Nationalhymne]] spielen sollte. Die Debrecener Garnison hatte Erdődys Telegramm nachweislich bekommen, es aber seiner Ansicht nach bewusst ignoriert und somit vorsätzlich einen Eklat heraufbeschworen.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=149}}</ref>
[[Datei:Debrecen-kalvinter.jpg|mini|200px|Kossuth-Statue vor der Großen Reformierten Kirche, wo 1849 der ungarische Landtag unter dem Vorsitz von Lajos Kossuth tagte.]]
 
Als der Zug in den Bahnhof der ungarischen Stadt einfuhr, stand Erdődy auf dem Trittbett des ersten Wagons, Karl hinter ihm in der Tür, um sicherzustellen, dass alles glatt lief. Als sie erkannten, dass nicht die bestellte Honvéd-Kapelle aufmarschiert war, sondern die Kapelle des in Debrecen stationierten tschechischen [[w:Infanterie|Infanterie]]-[[w:Regiment|Regiment]]s, musste Erdődy vom fahrenden Zug abspringen und zum Kapellmeister eilen, um diesen aufzufordern, die ungarische Nationalhymne zu spielen. Er kam aber zu spät, denn die Kapelle hatte die Kaiserhymne bereits zu spielen begonnen, die sie dann auf Anweisung von Erdődy nach ein paar Takten wieder abbrach. Die Provokation war somit gelungen und die ungarischen Nationalisten schlachteten diese Episode in weiterer Folge als "Beleidigung der Nation" aus.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=149 und 150}}</ref>  
Als der Zug in den Bahnhof der ungarischen Stadt einfuhr, stand Erdődy auf dem Trittbett des ersten Wagons, Karl hinter ihm in der Tür, um sicherzustellen, dass alles glatt lief. Als sie erkannten, dass nicht die bestellte Honvéd-Kapelle aufmarschiert war, sondern die Kapelle des in Debrecen stationierten tschechischen [[w:Infanterie|Infanterie]]-[[w:Regiment|Regiment]]s, musste Erdődy vom fahrenden Zug abspringen und zum Kapellmeister eilen, um diesen aufzufordern, die ungarische Nationalhymne zu spielen. Er kam aber zu spät, denn die Kapelle hatte die Kaiserhymne bereits zu spielen begonnen, die sie dann auf Anweisung von Erdődy nach ein paar Takten wieder abbrach. Die Provokation war somit gelungen und die ungarischen Nationalisten schlachteten diese Episode in weiterer Folge als "Beleidigung der Nation" aus.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=149 und 150}}</ref>  


Zeile 275: Zeile 291:


==== Zweiter Restaurationsversuch Kaiser Karls - 23. Oktober 1921 ====
==== Zweiter Restaurationsversuch Kaiser Karls - 23. Oktober 1921 ====
[[Datei:CarlosYZitaEnGyőr19211021.jpg|mini|150px|Empfang von Karl in Sopron am 21. Oktober 1921]]
[[Datei:Vasútállomás, tábori mise 1921. X. 22 én, IV. Károly király és Zita királyné (a lámpaoszloptól balra) visszatérése során. Fortepan 11639.jpg|mini|150px|Feldmesse mit dem Kaiserpaar auf ihrer Fahrt nach Budapest am 22. Oktober 1921]]
Pál Prónay hatte sein Hauptquartier von Oberwart nach Großpetersdorf verlegt und dort will Tamás Erdődy laut seinen Memoiren am Abend des 21. Oktobers 1921 ein [[w:Junkers Motorenbau und Junkers Flugzeugwerk|Junkers]]-Flugzeug gesehen haben, das in Richtung Südosten flog und in dem er im Nachhinein vermutete, dass es Kaiser Karl und seine Frau Zita an Bord hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=273 und 274}}</ref>  Tatsächlich war das Kaiserpaar am 20. Oktober 1921 vom Flugfeld [[w:Dübendorf|Dübendorf]] an Bord einer [[w:Junkers F 13|Junkers F 13]] in Richtung Ungarn gestartet. Laut dem Bericht des Piloten Wilhelm Zimmermann führte der Flug aber über [[Linz]], [[Steyr]],  [[St. Pölten]], [[Baden]] und das [[w:Leitha-Gebirge|Leitha-Gebirge]] in das Gebiet südlich von Sopron, um schließlich nahe der Ortschaft Dénesfa zu laden, wo sich das Landgut des Grafen Cziráky befand.<ref>[https://www.junkers.de/blog/der-letzte-kaiser-flugbericht-zum-zweiten-restaurationsversuch/ Bericht über den Flug Dübendorf (Schweiz) – Cziraki (Ungarn) mit dem ungarischen Königspaar am 20.10.1921.], Webseite www.junkers.de, aufgerufen am 2. April 2021</ref>  
Pál Prónay hatte sein Hauptquartier von Oberwart nach Großpetersdorf verlegt und dort will Tamás Erdődy laut seinen Memoiren am Abend des 21. Oktobers 1921 ein [[w:Junkers Motorenbau und Junkers Flugzeugwerk|Junkers]]-Flugzeug gesehen haben, das in Richtung Südosten flog und in dem er im Nachhinein vermutete, dass es Kaiser Karl und seine Frau Zita an Bord hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=273 und 274}}</ref>  Tatsächlich war das Kaiserpaar am 20. Oktober 1921 vom Flugfeld [[w:Dübendorf|Dübendorf]] an Bord einer [[w:Junkers F 13|Junkers F 13]] in Richtung Ungarn gestartet. Laut dem Bericht des Piloten Wilhelm Zimmermann führte der Flug aber über [[Linz]], [[Steyr]],  [[St. Pölten]], [[Baden]] und das [[w:Leitha-Gebirge|Leitha-Gebirge]] in das Gebiet südlich von Sopron, um schließlich nahe der Ortschaft Dénesfa zu laden, wo sich das Landgut des Grafen Cziráky befand.<ref>[https://www.junkers.de/blog/der-letzte-kaiser-flugbericht-zum-zweiten-restaurationsversuch/ Bericht über den Flug Dübendorf (Schweiz) – Cziraki (Ungarn) mit dem ungarischen Königspaar am 20.10.1921.], Webseite www.junkers.de, aufgerufen am 2. April 2021</ref>  


9.493

Bearbeitungen