Innsbrucker Hexenprozess: Unterschied zwischen den Versionen

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Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name="TschaiknerTH198" /> Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.<ref name="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>
Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name="TschaiknerTH198" /> Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.<ref name="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.<ref name="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>


Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. Stattdessen entschuldigte er sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestand.<ref name="TschaiknerTH198" /> Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. In diesem Schreiben hatte ihn der Erzherzog auch ausdrücklich zur Beteiligung verpflichtet. Stattdessen entschuldigte der Bischof sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestanden worden war.<ref name="TschaiknerTH198" /> Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.<ref name="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>


Bereits im Vorfeld des eigentlichen Prozesses war bei der Innsbrucker Bevölkerung große Unruhe und Kritik als Folge der umstrittenen Vorgangsweise des Inquisitors aufgekommen. Nicht zuletzt deshalb holte Erzherzog Siegmund zur Vertretung seiner Interessen einige rechtsgelehrte Personen an seinen Hof nach Innsbruck. Unter diesen ist Dr. Paulus Wann, der Domprediger von [[w:Passau|Passau]] namentlich genannt. Paulus Wann war ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker und hatte zudem mit theoretisches Wissen über Hexenverfolgungen und warnte den Erzherzog ausdrücklich davor, dass der bevorstehende Prozess bei der Bevölkerung zu einem Aufstand führen könnte. Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref> Ein Geständnis von Jörg Ott, einem ehemaligen landesfürstlichen "Türhüter", das einige Zeit nach dem Innsbrucker Hexenprozess aufgezeichnet wurde, enthält Hinweise darauf, dass Heinrich Kramer außerdem versucht haben dürfte, um Druck auf den Erzherzog ausüben zu können, einige Personen in dessen direktem Umfeld in den Prozess zu verwickeln, darunter [[Anna Seng|Anna Spießin]], die als eine Vertraute des Erzherzogs galt.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 201f.</ref>
Bereits im Vorfeld des eigentlichen Prozesses war bei der Innsbrucker Bevölkerung große Unruhe und Kritik als Folge der umstrittenen Vorgangsweise des Inquisitors aufgekommen. Nicht zuletzt deshalb holte Erzherzog Siegmund zur Vertretung seiner Interessen einige rechtsgelehrte Personen an seinen Hof nach Innsbruck. Unter diesen ist Dr. Paulus Wann, der Domprediger von [[w:Passau|Passau]] namentlich genannt. Paulus Wann war ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker und hatte zudem mit theoretisches Wissen über Hexenverfolgungen und warnte den Erzherzog ausdrücklich davor, dass der bevorstehende Prozess bei der Bevölkerung zu einem Aufstand führen könnte. Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref> Ein Geständnis von Jörg Ott, einem ehemaligen landesfürstlichen "Türhüter", das einige Zeit nach dem Innsbrucker Hexenprozess aufgezeichnet wurde, enthält Hinweise darauf, dass Heinrich Kramer außerdem versucht haben dürfte, um Druck auf den Erzherzog ausüben zu können, einige Personen in dessen direktem Umfeld in den Prozess zu verwickeln, darunter [[Anna Seng|Anna Spießin]], die als eine Vertraute des Erzherzogs galt.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 201f.</ref>
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