Spanische Grippe in der Steiermark: Unterschied zwischen den Versionen

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Zu Ende des [[Erster Weltkrieg|1. Weltkriegs]] wurde die Welt von einer der schwersten Grippeepidemien seit jeher heimgesucht. In Österreich kostete die [[Spanische Grippe]] im Jahr 1916 rund 18.500 Menschen das Leben. Zu Beginn des Jahres 1919 verstarben weitere 2.400 Menschen an den Auswirkungen der Krankheit. Am meisten verbreitet war die Epidemie vor allem bei Menschen zwischen 14 und 40 Jahren. Die Medizin stand vor einem Rätsel, denn es konnten weder die Erreger noch die Art der Übertragung eruiert werden. Somit konnten auch keine vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung der Ansteckung getroffen werden.<ref name= Grippe> Die Spanische Grippe von 1918: [https://ww1.habsburger.net/de/kapitel/die-spanische-grippe-von-1918] In: Die Welt der Habsburger, abgerufen am 09.03.2019</ref>
Als 1918 der 1. Weltkrieg zu Ende ging, entbrannte auf der ganzen Welt eine der größten Grippeepidemien seit jeher: Die Spanische Grippe. In Österreich forderte diese 1918 rund 18.500 Opfer und 1919 weitere 2.400. Am häufigsten traf es Personen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren. Die Ärzte standen vor einem Rätsel. Die Erreger der Krankheit konnten nämlich nicht eruiert werden. Sogar die Diagnose der Krankheit fiel sehr schwer.
<ref name= Grippe> Die Spanische Grippe von 1918: [https://ww1.habsburger.net/de/kapitel/die-spanische-grippe-von-1918] In: Die Welt der Habsburger, abgerufen am 09.03.2019</ref>


Die Erkrankten wurden von schweren [[Fieber|Fieberschüben]] geplagt. Es kam häufig zu sekundären Infektionen mit [[Staphylokokken]], die zu lebensgefährlichen Lunge- oder Rippenfellentzündungen führten. Bekannte Arzneimittel wie [[Aspirin]] oder [[Chinin]] zeigten keinerlei Wirkung. Schließlich konnten mit der Verabreichung eines bestimmten Antistreptokokkenserums gute Behandlungsfortschritte erzielt werden.<ref name= Grippe/>
Die Erkrankten wurden von schweren Fieberschüben geplagt. Einige infizierten sich auch noch mit Staphylokokken, die wiederum zu lebensgefährlichen Lungen- oder Rippenfellentzündungen führten. Bisher bekannte Gegenmittel halfen wie Aspirin oder Chinin konnten die Krankheit nicht bekämpfen. Schließlich konnten durch ein bestimmtes Antistreptokokkenserum erste Erfolge im Kampf gegen die Krankheit erzielt werden. <ref name= Grippe/>


Als spanische Grippe bezeichnet man die hochansteckende Grippe deshalb, weil sie in den spanischen Zeitungen zum ersten Mal genauer beschrieben wurde. Im neutral gebliebenen Spanien herrschte Anfang 1918 nämlich keine [[Pressezensur]].<ref> Maya McKechneay: [https://orf.at/v2/stories/2426035/2426036/] In: News.orf.at, abgerufen am 11.02.2019. </ref> Bis heute ist der Ausgangspunkt dieser verheerenden Epidemie nicht restlos geklärt. Man geht davon aus, dass das Ursprungsgebiet auf den Mittleren Westen der USA eingegrenzt werden kann. Das Virus sprang Anfang des Jahres 1918 von Hausschweinen oder domestiziertem Zuchtgeflügel auf den Menschen über.<ref> André Müllerschön: [https://wehrmed.de/article/3362-die-spanische-grippe-verlauf-folgen.html] In: wehrmed.de, abgerufen am 11.02.2019. </ref>
Als Spanische Grippe wird die Epidemie nur deshalb bezeichnet, da in den Spanischen Zeitungen als erstes von der Grippe berichtet wurde. Erste Anzeichen der Grippe waren oftmals nur Halsschmerzen und leichtes Fieber. Letztendlich begann sich jedoch die Haut zu verfärben und die erkrankten Personen waren mit braunen Flecken am ganzen Körper überseht.<ref> Maya McKechneay: [https://orf.at/v2/stories/2426035/2426036/] In: News.orf.at, abgerufen am 11.02.2019. </ref> Der Ursprungsort der Spanischen Grippe ist bis heute umstritten. Historiker gehen davon aus, dass der Ursprung im Mittleren Westen der USA liegt. Dort ist das Virus vermutlich von Hausschweinen oder Zuchtgeflügel auf den Menschen übergesprungen. <ref> André Müllerschön: [https://wehrmed.de/article/3362-die-spanische-grippe-verlauf-folgen.html] In: wehrmed.de, abgerufen am 11.02.2019. </ref>


==Die Spanische Grippe in der Steiermark==
==Die Spanische Grippe in der Steiermark==
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===Lebensumstände in der Steiermark===
===Lebensumstände in der Steiermark===


In der [[Steiermark]] gab es in der Zeit des Weltkriegs grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen. Die Lebenserhaltungskosten stiegen drastisch an, während die Löhne dieser Inflation nicht Schritt halten konnten. Es waren jedoch nicht alle Gesellschaftsschichten gleichermaßen betroffen. Vor allem der Unterschied zwischen Stadt und Land verschärfte sich. Alle Bereiche der Lebensmittelversorgung wurden staatlich reglementiert, um die immer schlechter werdende Versorgung mit Lebensmitteln in den Griff zu bekommen. Der Milch kam im Zuge der Grippeepidemie eine besondere Rolle zu. Bereits im Juni 1918 waren in Wien die Milchzuweisungen an Grippeerkrankten stark angestiegen. Sie war bekannt als eines der stärksten Gegenmittel für die Spanische Grippe.
Um 1918 kam es in der Steiermark zu beträchtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die Lebensmittelpreise stiegen stetig an, während die Löhne immer niedriger wurden. Das Stadt-Land-Gefälle wurde immer mehr spürbar. Schließlich wurde die Lebensmittelversorgung auch noch staatlich reglementiert. Um an Lebensmittel zu kommen bedarf es an Lebenskarten, die pro Kopf nur begrenzt zur Verfügung standen. Der Milch kam während der Epidemie eine besondere Rolle zu. Sie galt als eines der wenigen Gegenmittel der Spanischen Grippe.


Gegen Ende des Krieges lebte der Großteil der steirischen Bevölkerung in bescheidenen Verhältnissen. In den Häusern herrschten fürchterliche hygienische Bedingungen. Trotz der vorherrschenden Raumnot und den Hygieneumständen verschlangen die Wohnungskosten oft bis zu 30 % des Haushaltsbudgets. Im November 1918 spitzte sich die Wohnungssituation noch weiter zu. Aufgrund des Zerfalls der k.u.k. Monarchie setzte eine enorme Zuwanderung von Deutschösterreichern ein, die neuen Lebensraum suchten. Zusätzlich beansprucht beanspruchten die aus dem Krieg zurückgekehrten Soldaten ihre alten Wohnungen.<ref name= Hörzer> Thomas Hörzer: [http://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/211771?originalFilename=true] In: unipub.uni-graz.at, abgerufen am 11.02.2019 S. 16 </ref>
Auch die Wohnungsnot war ein großes Thema in der Nachkriegszeit. Der Großteil der steirischen Bevölkerung lebte in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Die hygienischen Umstände in den Wohnungshäusern waren miserabel. Die Kosten für die Wohnungen und Häuser verschlangen fast 30 % des Haushaltsbudgets. Als ein großer Ansturm an Deutschösterreichern dann auch noch in die Steiermark flüchtete und zudem die Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehrten ihre alten Wohnungen beanspruchten spitzte sich die Wohnungsnot noch mehr zu.<ref name= Hörzer> Thomas Hörzer: [http://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/211771?originalFilename=true] In: unipub.uni-graz.at, abgerufen am 11.02.2019 S. 16 </ref>


===Verlauf===
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[[Datei:165-WW-269B-11-trolley-l.jpg|mini|Ein Schaffner verweigert Passagieren ohne Schutzmaske die Mitfahrt]]
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Am 9. Oktober 1918 reagierte der Grazer Stadtrat erstmals auf die steigende Erkranktenzahl , in einem Schreiben, dass an alle politischen Unterbehörden gerichtet war. Das Amt informierte darin, dass sie aufgrund vermehrt auftretender Influenza-Fälle ab folgendem Tage zu verschiedenen Maßnahmen berechtigt seien. Die Anweisung betraf unter Punkt 1 die Ermächtigung zur Schließung aller Volks- und Bürgerschulen „auf drei Wochen“ sobald „in einem Orte ein gehäuftes Auftreten von Grippeerkrankungen beobachtet wird.Die beiden nächsten Punkte dehnen diese Ermächtigung auch auf alle öffentlichen und privaten Mittelschulen sowie Handels-, Lehrlings-, Handfertigkeits- und Tanzschulen aus. Das Schreiben beinhaltete auch „das Verbot der Abhaltung gemeinsamer religiöser Übungen“.<ref name= Hörzer/>
Am 19. Oktober 1918 erließ das Amt ein Schreiben, indem es bekundete, dass alle Volks- und Bürgerschulen, in Orten, in denen ein hohes Erkrankungsrisiko gegeben sei, für drei Wochen geschlossen werden sollen. Auch die Ausübung religiöser Übungen wurde untersagt. Die Ermächtigung geht jedoch noch weiter und dehnt die Verordnung auch auf Mittelschulen, Tanzschulen und Handelsschulen aus.


Außerdem sollen in Orten, in denen ein gehäuftes Auftreten von Grippeerkrankungen auftritt, die Kinos geschlossen. Die Bevölkerung wird aufgefordert, die Grippeerkrankten in einem eigenen Zimmer zu isolieren. Diese Anweisungen waren sehr vage formuliert und gaben der Bevölkerung einen großen Interpretrationsspielraum.
Ebenfalls sollen in allen Orten, wo ein hohes Auftreten an Grippeerkrankungen beobachtet wird, die Kinos geschlossen werden. Da diese Regelung nur für Kinos, aber nicht für Theaterhäuser galt, kam es zu kontroversen Diskussionen innerhalb der Bevölkerung.
 
Laut dem Schreiben sollen die Grippeerkrankten in einem eigenen Zimmer isoliert werden und von der Außenwelt abgeschottet werden. Alle Formulierungen in diesem Amtsschreiben waren sehr vage formuliert. Die Bevölkerung hatte somit einen großen Interpretationsspielraum.<ref name= Hörzer/>


====Schulschließungen====
====Schulschließungen====
Die Steiermärkischen Statthalterei fasste einen Schluss betreffend Schulschließungen. Es  startete ein reger Briefverkehr zwischen den ortsansässigen Schuldirektoren und den Bezirkshauptmannschaften. Darin wurden die Gründe für die Schulschließung dargelegt. Die Schulleitung von St. Marein etwa berichtete, dass nahezu zwei Drittel aller Schüler erkrankt seien und die Schule aus diesem Grund für drei Wochen geschlossen wird. Andere Schulberichte geben zudem Aufschluss darüber, wie viele Kinder in welcher Klasse mit der Spanischen Grippe infiziert sind. Daraus lässt sich ableiten, dass jene Kinder stärker betroffen sind, welche näher am Erwachsenenalter sind. Oft mussten die Schulen längger als die vorgeschlagenen drei Wochen geschlossen bleiben oder nach der Wiedereröffnung gleich wieder geschlossen werden. Diese erweiterten Schulschließungen mussten dann aber von der Ärzteschaft begründet werden. Viele der Schulen in der Steiermark verlängerten die Frist von drei Wochen. Manche Schulen im Bezirk Bruck an der Mur öffneten den Lehrbetrieb erst nach Weihnachten wieder. Die Schulen am Land blieben deutlich länger geschlossen als in der Stadt. In den Grazer Schulen waren im Gegensatz zu den ländlichen Regionen keine Todesfälle von Schulkindern zu verzeichnen.<ref name= Hörzer/>
Durch den Beschluss der Statthalterei, startete ein Briefverkehr zwischen den Schuldirektoren und den Bezirkshauptmannschaften. Darin wurden von den Direktoren die Gründe dargelegt, warum ihre Schule für einige Wochen geschlossen bleiben muss. Die meisten Schulschließungen wurden auch genehmigt. In einigen Schulen wurde sogar die Krankheitsfälle in den jeweiligen Klassen angeführt. Dadurch konnte man erkennen, dass die Krankenanzahl mit steigendem Alter zunahm.


====Veranstaltungsverbot====
Einige Schulen blieben auch über die vorgesehenen drei Wochen hinaus geschlossen. Dies musste jedoch durch eine weiterers Ansuchungsschreiben genehmigt werden. Während es in den Grazer Schulen keine Todesfälle zu verzeichnen gab, kam es am Land zu Todesfällen in den Schulen und somit zu längeren Schulschließungen.<ref name= Hörzer/>
Am selben Tag, an dem das Isolieren der Erkrankten angeordnet wurde, berichteten die Werkmeister der Firma Böhler in Kapfenberg, dass der Besuch von Influenza Erkrankten zu unterlassen sei. Obwohl dies nicht explizit von der Landesregierung angeordnet wurde, zeigten die meisten Gemeinden grippebedingte Todesfälle sofort bei den Bezirkshauptmannschaften an. Die Kinos in Graz wurden bereits am 10. Oktober geschlossen. Dies rief natürlich Unmut bei den Kinobesitzern hervor. Theater und Schauspielhäuser waren von der Sperre nämlich nicht betroffen. Dies führte zu kontrovers geführten Diskussionen innerhalb der Bevölkerung.<ref name= Hörzer/>


== Literatur ==
== Literatur ==
Anonymer Benutzer

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