Barbara Szüts: Unterschied zwischen den Versionen

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3.303 Bytes hinzugefügt ,  20. April 2021
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== Werke ==
== Werke ==
Szüts künstlerische Arbeit umfasst Skulptur, Zeichnung, Malerei und [[Lichtskulptur]]. 1987 entstehen in Köln erste, aus Kunststoff geschnitzte Wandobjekte, die sie „Epigramme“ nennt. Ab 1998 arbeitet sie am Werkzyklus zu Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“. Das Jahr 2001 verbrachte sie als „artist in residence“ im Hotel Chelsea in Köln und entwickelte dort aus Fingerabdrücken der Gäste und Satellitenbildern aus dem All Lichtskulpturen.
Barbara Szüts bezeichnet  „Linie und Natur“ als eine „zweifache Konstante“ in ihrem bildnerischen Werk. Dabei hat die Linie einen formalen Charakter. „Natur“ im Sinne von Physis zielt indessen darüber hinausgehend auf Inhaltliches, d.h. auf das in der Wirklichkeit Vorhandene und damit Erfahrbare. In der künstlerischen Produktion geht es letztlich immer darum, im Ergebnis des fertigen Werks eine ästhetische Deckungsgleichheit zwischen Form und Inhalt zu visualisieren. Ihre künstlerische Strategie mit einer interdisziplinären Verwobenheit von Zeichnung, Licht(kunst), Rauminszenierung und Physik ist immer als Ausdruck eines „erweiterten Bildhauereibegriffs“ zu vestehen. Die Gerinnung von Bewegung sichtbar zu machen, etwa die Suspension einer Lichtbewegung in einer plastischen Form, die z.B. einen Kugelblitz visualisiert, war bereits in einer früheren Schaffensphase ein zentrales Thema ihres bildnerischen Vorgehens.  


Ihre neuesten Arbeiten sind skriptural wirkende Objekte aus Edelstahl oder Aluminium, die Titel wie „Spiegelung“, „Überlagerung“, „Space“ oder „Natur“ tragen. In Kreide- oder Bleistiftzeichnungen „übersetzt“ die Künstlerin Bewegungslinien zuerst auf Papier, dann in Skulpturen. Mit Hilfe eines Computerprogrammes werden die Linien der Zeichnung digitalisiert und zuerst als kleine Varianten in Papier ausgedruckt, die sie weiter bearbeitet. Schließlich wird die Skulptur mit dem gleichen Verfahren mittels Laser oder Wasserstrahl herausgelöst. Ihre bevorzugten Werkstoffe sind dabei Edelstahl und Aluminium, weil sie das Licht und die Farben der Umgebung aufnehmen. Ursprünglich von der Fläche kommend, wirken die fertigen Skulpturen räumlich und beweglich, was durch entsprechende Beleuchtung oder die Anordnung mehrerer Objekte hintereinander verstärkt werden kann. Sie sind sowohl für die Wand wie auch als Rauminstallationen konzipiert und können beliebig gehängt oder gestellt werden und somit sehr unterschiedliche Eindrücke erwecken. Dabei legt die Künstlerin viel Wert auf die Beleuchtung, die ihren Werken, je nachdem von wo aus das Licht kommt und wie das Metall poliert wurde, eine unterschiedliche Wirkung verleiht.
Auch heute setzt die Künstlerin für ihre Skulpturen weiterhin zumeist Edelstahl und Aluminium ein, aber indem sie seit 2007 ihre Zeichnungen als Vorstufe der plastischen Ausführung digitalisiert, bewegt sie sich im gesamten Arbeitsprozess von der klassischen Bildhauerei noch weiter weg als früher.  


[[Datei: Space 1,2 & 3, 2013, Ausstellungsansicht Esslmuseum 2014.jpeg|mini|Space 1, 2 & 3, Ausstellungsansicht, Essl Museum, Klosterneuburg 2014]]
Mit ihrer spezifischen künstlerischen Ausbreitung verdichteter Linien im Raum schlägt Barbara Szüts einen Weg ein, bei dem die Zeit nicht in der Fixierung auf eine Pointe im Lessingschen Sinne und nicht als Visualisierung einer epischen Erzählung gerinnt, sondern als die Darstellung eines sukzessiven kurvigen Verlaufs von gestischer, zeichnerischer Bewegung und deren anschließender Übertragung ins Plastische.
 
Barbara Szüts beobachtet Bewegungsabläufe in der Natur. Visualisieren lässt sich dies durch Linien oder Linienbündel, mit der diese Wahrnehmung im (Natur)-Raum auf die Zweidimensionalität des Papiers übertragen wird. Diese gezeichneten Linien täuschen mithin eine Räumlichkeit vor, wobei der Vorgang des Zeichnens selbst zwar durch die erwähnte motorische Gestik bestimmt ist, in der die allerdings die Zeit in der Darstellung von Bewegung als Ablauf eines Prozesses sichtbar ist.
 
Die Digitalisierung der Originalzeichnung ist für Barbara Szüts ein wichtiger Zwischenschritt zur Übersetzung dieser Linienverläufe ins Räumliche, d.h. in Wandplastiken (Reliefs) oder in freistehende Skulpturen. Deshalb definiert sie diese Arbeiten zu Recht als „Raumzeichnungen“. Technisch ist dies ein mehrstufiger Prozess des Zeichnens, Abfotografierens der Zeichnung, anschließender Digitalisierung, erneuter Zeichnung und schließlich der Umwandlung in eine DFX-Datei. Die Beschreibung dieses Vorgangs verdeutlicht, wie die Künstlerin während der digitalen Bearbeitung immer wieder künstlerische Eingriffe vornimmt, die den gesamten Arbeitsvorgang als prozesshaft erscheinen lassen. Und genau mit dieser Prozesshaftigkeit grenzt sich der Werkbegriff von Barbara Szüts gegenüber der klassischen statischen Skulptur ab, die ja letztlich immer nur ein „ergebnisorientiertes“ Umsetzen eines Entwurfs in ein dreidimensionales (End)produkt ist.    
 
So entstand 2016-2018 die Werkreihe „Flying“ mit gestisch-kurvig verlaufenden Raumlinien, bei deren Betrachtung sich manchmal die Teilabschnitte einer Lemniskate assozieren lassen, oder - wie der Titel andeutet – die Spuren einer Flugbahn, etwa eines Loopings bei einer Kunstflugvorführung. Primäre Inspirationsquelle ist zwar die beobachtete physikalische Bewegung, aber darüber hinaus spiegelt sich ebenso die beschriebene mixesdmediale Dynamik des Entstehungsprozesses in der Formensprache des Reliefs oder der Freiplastik wider. Die freie künstlerische Interpretation erlaubt dabei eine Abkehr von der physikalischen Gesetzmäßigkeit, die woanders den mathematischen Verlauf einer ballistischen Kurve beschreibt, wie bei einem Geschoss oder Flugobjekt aufgrund des Luftwiderstands eine Abweichung von der idealen Wurfparabel entsteht. Denn Barbara Szüts nutzt zwar die beobachteten physikalischen Phänomene als Inspirationsmoment, aber ihre Skulpturen illustrieren letztlich keine physikalischen Abläufe, sondern die Anlage und Ausbreitung von Linien und Linienbündeln an der Wand oder im Raum fußt immer auf rein ästhetischen Entscheidungen.
 
Somit beschreibt der Begriff „Raumzeichnungen“ einen Transformationsprozess. Die Künstlerin  unternimmt in den oben beschriebenen Arbeitsschritten eine Umwandlung der Zeichnung in eine Skulptur. Die zunächst nur gezeichnete und dann digitalisierte Linie wird in den späteren Arbeitsschritten dann - trivial ausgedrückt -  zu einem objekthaften Stab oder zur gebogenen Stange im Raum. Die Realisierung als Metallskulptur und die Aufstellung oder Aufhängung an einem konkreten Ort verdeutlicht ein Zurückfließen der beobachteten Bewegung in der (räumlichen) Natur zunächst in eine zweidimensional angelegte „Raumzeichnung“ und dann wieder in den realen dreidimensionalen Raum. (Textauszug: Jürgen Raap, Köln)[[Datei: Space 1,2 & 3, 2013, Ausstellungsansicht Esslmuseum 2014.jpeg|mini|Space 1, 2 & 3, Ausstellungsansicht, Essl Museum, Klosterneuburg 2014]]


== Einzelausstellungen (Auswahl) ==
== Einzelausstellungen (Auswahl) ==
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