Luftangriff auf Wiener Neustadt am 1. Oktober 1943: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Angriffsplan sah vor, dass die gestarteten 124 B-24 in zwei Angriffswellen (''Combat Wave A'' und ''Combat Wave B'') die Wiener Neustädter Flugzeugwerke angreifen sollten. ''Combat Wave A'' wurde gebildet aus der 389., 93. und 44.Bomber-Gruppe, die ''Combat Wave B'' aus den Bombergruppen 376 und 98. Die Flugzeuge starteten zwischen 7.00 und 8.00 Uhr in Tunesien und flogen über Italien und Kroatien in Richtung [[w:Plattensee|Plattensee]]. Über der [[w:Adria|Adria]] trafen die beiden Wellen auf eine Schlechtwetterfront. Während die Flugzeuge der A-Welle die Front ohne Probleme durchquerten, musste die 98. Bomber-Gruppe der zweiten Welle mit ihren 25 Maschinen umkehren. Da sie zuletzt gestartet war, schaffte sie wegen des Unwetters nicht mehr den Anschluss an die 376. Bomber-Gruppe, welche nun allein die zweite Angriffswelle bilden musste. Über dem Plattensee schwenkten die 67 Bomber der ''Combat Wave A'' nach Westen in Richtung Wiener Neustadt ein, einige Zeit später die wenigen Flugzeuge der ''Combat Wave B''. Als letzter Orientierungspunkt vor dem Ziel musste noch der Raum Eisenstadt angeflogen werden, bevor der finale Anflug auf Wiener Neustadt beginnen sollte.<ref name="Reisner328">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 328 und 329, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
Der Angriffsplan sah vor, dass die gestarteten 124 B-24 in zwei Angriffswellen (''Combat Wave A'' und ''Combat Wave B'') die Wiener Neustädter Flugzeugwerke angreifen sollten. ''Combat Wave A'' wurde gebildet aus der 389., 93. und 44.Bomber-Gruppe, die ''Combat Wave B'' aus den Bombergruppen 376 und 98. Die Flugzeuge starteten zwischen 7.00 und 8.00 Uhr in Tunesien und flogen über Italien und Kroatien in Richtung [[w:Plattensee|Plattensee]]. Über der [[w:Adria|Adria]] trafen die beiden Wellen auf eine Schlechtwetterfront. Während die Flugzeuge der A-Welle die Front ohne Probleme durchquerten, musste die 98. Bomber-Gruppe der zweiten Welle mit ihren 25 Maschinen umkehren. Da sie zuletzt gestartet war, schaffte sie wegen des Unwetters nicht mehr den Anschluss an die 376. Bomber-Gruppe, welche nun allein die zweite Angriffswelle bilden musste. Über dem Plattensee schwenkten die 67 Bomber der ''Combat Wave A'' nach Westen in Richtung Wiener Neustadt ein, einige Zeit später die wenigen Flugzeuge der ''Combat Wave B''. Als letzter Orientierungspunkt vor dem Ziel musste noch der Raum Eisenstadt angeflogen werden, bevor der finale Anflug auf Wiener Neustadt beginnen sollte.<ref name="Reisner328">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 328 und 329, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>


Da es bis jetzt weder in der Luft noch auf dem Boden zu einer Gegenwehr gekommen war, glaubten die amerikanischen Besatzungen es ähnlich leicht zu haben, wie beim ersten Angriff am 13. August. Was sie nicht wussten war, dass bereits mehr als eine Stunde zuvor (um 12.38 Uhr), in Wiener Neustadt Fliegeralarm gegeben worden war. Möglich gemacht hatten dies Beobachtungen von militärischen Dienststellen in [[w:Agram|Agram]], welche um 12.10 Uhr den Überflug von 50 bis 60 Bombern (''Combat Wave A'') in Richtung Norden gemeldet hatten. Den Überflug der rund zwanzig Flugzeuge der zweiten Welle meldeten sie eine Stunde später um 13.14 Uhr an die deutschen Dienststellen in Wien weiter.<ref name="Reisner328"></ref>  
Da es bis jetzt weder in der Luft noch auf dem Boden zu einer Gegenwehr gekommen war, glaubten die amerikanischen Besatzungen es ähnlich leicht zu haben, wie beim ersten Angriff am 13. August. Was sie nicht wussten war, dass bereits mehr als eine Stunde zuvor (um 12.38 Uhr), in Wiener Neustadt Fliegeralarm gegeben worden war. Möglich gemacht hatten dies Beobachtungen von militärischen Dienststellen in [[w:Zagreb|Agram]], welche um 12.10 Uhr den Überflug von 50 bis 60 Bombern (''Combat Wave A'') in Richtung Norden gemeldet hatten. Den Überflug der rund zwanzig Flugzeuge der zweiten Welle meldeten sie eine Stunde später um 13.14 Uhr an die deutschen Dienststellen in Wien weiter.<ref name="Reisner328"></ref>  


Die Amerikaner stießen somit in ein Wespennest, das seit ihrem letzten Angriff durch zusätzliche Flak-Kräfte verstärkt worden war. Auch befanden sich alle in der Ostmark verfügbaren deutschen Fliegerkräfte bereits im Anflug auf den Raum Wiener Neustadt um die feindlichen Bomber anzugreifen.<ref name="Reisner328"></ref>
Die Amerikaner stießen somit in ein Wespennest, das seit ihrem letzten Angriff durch zusätzliche Flak-Kräfte verstärkt worden war. Auch befanden sich alle in der Ostmark verfügbaren deutschen Fliegerkräfte bereits im Anflug auf den Raum Wiener Neustadt um die feindlichen Bomber anzugreifen.<ref name="Reisner328"></ref>
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=== Angriff der 44. Bomber-Gruppe ===
=== Angriff der 44. Bomber-Gruppe ===
Als letzter Verband folgte um 13.56 Uhr, also nur zwei Minuten nach dem Beginn des Angriffes, die 44. Bomber-Gruppe. Sie fand jetzt aber einen Gegner vor, dessen Flak-Geschütze nun optimal eingeschossen waren und der mit 30 Jagdflugzeugen gegenüber 25 amerikanischen Bombern ab sofort auch über eine zahlenmäßige Überlegenheit im Luftraum verfügte. Das erste abgeschossene Flugzeug des Verbandes war die Maschine [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_41-23918_der_67._Squadron|41-23918]], geflogen von First Lieutenant Georg Bronstein, die nach einem Flak-Volltreffer in der Luft zerplatzte. Ihre Trümmer gingen bei [[Kobersdorf|Oberpetersdorf/Kobersdorf]] nieder, wie durch ein Wunder überlebten zwei der zehn Besatzungsmitglieder.<ref name="Reisner336">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 336, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref> Gerade dieser Fehlwurf aber war es, der für den Tod von 44 Zivilisten verantwortlich war, denn zwei dieser Bomben trafen zufällig Häuser mit improvisierten Luftschutzkellern und löschten dort fast alles Leben aus.<ref name="Reisner33536">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 335 bis 336, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>  
Als letzter Verband folgte um 13.56 Uhr, also nur zwei Minuten nach dem Beginn des Angriffes, die 44. Bomber-Gruppe. Sie fand jetzt aber einen Gegner vor, dessen Flak-Geschütze nun optimal eingeschossen waren und der mit 30 Jagdflugzeugen gegenüber 25 amerikanischen Bombern ab sofort auch über eine zahlenmäßige Überlegenheit im Luftraum verfügte. Das erste abgeschossene Flugzeug des Verbandes war die Maschine [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 41-23918 der 67. Squadron|41-23918]], geflogen von First Lieutenant Georg Bronstein, die nach einem Flak-Volltreffer in der Luft zerplatzte. Ihre Trümmer gingen bei [[Kobersdorf|Oberpetersdorf/Kobersdorf]] nieder, wie durch ein Wunder überlebten zwei der zehn Besatzungsmitglieder.<ref name="Reisner336">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 336, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>  


Auch Flugzeug [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_42-72877_der_66._Squadron|42-72877]] wurde durch die Flak so schwer beschädigt, dass es bei [[Blumau-Neurißhof]] auf dem Boden aufschlug. Zuvor hatten sich sechs Mann der Besatzung von Second Lieutenant Thomas Hobsons Besatzung retten können.<ref name="Reisner33536"></ref>
Auch Flugzeug [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 42-72877 der 66. Squadron|42-72877]] wurde durch die Flak so schwer beschädigt, dass es bei [[Blumau-Neurißhof]] auf dem Boden aufschlug. Zuvor hatten sich sechs Mann der Besatzung von Second Lieutenant Thomas Hobsons Besatzung retten können.<ref name="Reisner33536"></ref>


Ein weiteres Flugzeug, das einen Flak-Treffer erhielt, war die Maschine von First Lieutenant Coleman Whitaker mit der Nummer [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_42-72877_der_66._Squadron|41-23816]]. Es konnte das Tempo des restlichen Verbandes nicht mehr halten und fiel zurück, um wenige Minuten später eine leichte Beute der deutschen Jagdflugzeuge zu werden.<ref name="Reisner33536"></ref>  
Ein weiteres Flugzeug, das einen Flak-Treffer erhielt, war die Maschine von First Lieutenant Coleman Whitaker mit der Nummer [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 41-23816 der 68. Squadron|41-23816]]. Es konnte das Tempo des restlichen Verbandes nicht mehr halten und fiel zurück, um wenige Minuten später eine leichte Beute der deutschen Jagdflugzeuge zu werden.<ref name="Reisner33536"></ref>  


In der Zwischenzeit hatte die Hauptstreitmacht der deutschen Abwehrkräfte in der Luft, die I. Gruppe des Jagdgeschwaders 27 unter der Führung von [[w:Hauptmann|Hauptmann]] Ludwig Franzisket, die Bomber in sicherem Abstand überholt, hatte eingeschwenkt und griff nun die Bomber an. Trotz des heftigen Abwehrfeuers der amerikanischen Bordschützen gelang es den deutschen Jagdfliegern innerhalb weniger Minuten fünf ihrer Kontrahenten abzuschießen.<ref name="Reisner33536"></ref>
In der Zwischenzeit hatte die Hauptstreitmacht der deutschen Abwehrkräfte in der Luft, die I. Gruppe des Jagdgeschwaders 27 unter der Führung von [[w:Hauptmann|Hauptmann]] Ludwig Franzisket, die Bomber in sicherem Abstand überholt, hatte eingeschwenkt und griff nun die Bomber an. Trotz des heftigen Abwehrfeuers der amerikanischen Bordschützen gelang es den deutschen Jagdfliegern innerhalb weniger Minuten fünf ihrer Kontrahenten abzuschießen.<ref name="Reisner33536"></ref>
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Als erstes erwischte es die schon von der Flak beschädigte Maschine 41-23816, die nun von den deutschen Jägern angegriffen wurde. Fünf Mann der Besatzung konnten sich noch retten, bevor das Flugzeug südlich von Wiener Neustadt abstürzte. Im Trümmerfeld fanden sich dann auch die Leichen der restlichen Besatzungsmitglieder.<ref name="Reisner33536">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 335 bis 336, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
Als erstes erwischte es die schon von der Flak beschädigte Maschine 41-23816, die nun von den deutschen Jägern angegriffen wurde. Fünf Mann der Besatzung konnten sich noch retten, bevor das Flugzeug südlich von Wiener Neustadt abstürzte. Im Trümmerfeld fanden sich dann auch die Leichen der restlichen Besatzungsmitglieder.<ref name="Reisner33536">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 335 bis 336, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>


Innerhalb weniger Minuten wurden drei weitere B-24 von den deutschen Jagdflugzeugen abgeschossen. Zwei dieser Bomber, [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_41-23811_der_66._Squadron|41-23811]] und [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_42-72853_der_67._Squadron|42-72853]], stürzten in der Umgebung von Wiener Neustadt zu Boden, das dritte Flugzeug, [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_41-41017_der_67._Squadron|41-41017]] ging bei Bad Vöslau nieder.
Innerhalb weniger Minuten wurden drei weitere B-24 von den deutschen Jagdflugzeugen abgeschossen. Zwei dieser Bomber, [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 41-23811 der 66. Squadron|41-23811]] und [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 42-72853 der 68. Squadron|42-72853]], stürzten in der Umgebung von Wiener Neustadt zu Boden, das dritte Flugzeug, [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 42-41017 der 67. Squadron|41-41017]] ging bei Bad Vöslau nieder.


Der letzte Bomber, der im Umkreis von Wiener Neustadt, zu Boden ging, war Flugzeug [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug_42-72857_der_506._Squadron|42-72857]]. Pilot First Lieutenant Stanley Olsen ermöglichte mit seinem Opfertod den Absprung seiner neun Kameraden, während er kurz nach Überfliegen der ungarischen Grenze in der explodierenden Maschine ums Leben kam.<ref name="Reisner3394243">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seiten 339, 341 bis 342, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>  
Der letzte Bomber, der im Umkreis von Wiener Neustadt, zu Boden ging, war Flugzeug [[Verluste_der_44._Bomber-Gruppe_beim_Luftangriff_auf_Wiener_Neustadt_am_1._Oktober_1943#Flugzeug 42-72857 der 506. Squadron|42-72857]]. Pilot First Lieutenant Stanley Olsen ermöglichte mit seinem Opfertod den Absprung seiner neun Kameraden, während er kurz nach Überfliegen der ungarischen Grenze in der explodierenden Maschine ums Leben kam.<ref name="Reisner3394243">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seiten 339, 341 bis 342, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>  


Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die 44. Bomber-Gruppe sieben ihrer 25 Flugzeuge verloren, doch damit war dieser rabenschwarze Tag für den amerikanischen Bomberverband noch nicht zu Ende. Weitere Verluste an Mensch und Material entstanden auf dem Rückflug über Italien und dem Mittelmeer nach Tunesien, da einige schwer beschädigte Maschinen unterwegs Bruch- und Notlandungen hinlegen mussten, sodass nur ganze neun Flugzeuge ihre Heimatbasis in Tunesien an diesem Tag noch erreichten.<ref name="Reisner343">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seiten 343, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die 44. Bomber-Gruppe sieben ihrer 25 Flugzeuge verloren, doch damit war dieser rabenschwarze Tag für den amerikanischen Bomberverband noch nicht zu Ende. Weitere Verluste an Mensch und Material entstanden auf dem Rückflug über Italien und dem Mittelmeer nach Tunesien, da einige schwer beschädigte Maschinen unterwegs Bruch- und Notlandungen hinlegen mussten, sodass nur ganze neun Flugzeuge ihre Heimatbasis in Tunesien an diesem Tag noch erreichten.<ref name="Reisner343">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seiten 343, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
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Die 44 Zivilisten kamen in zwei Luftschutzkellern in Privathäusern ums Leben, auf die zufälligerweise fehlgeworfene Bomben fielen. Auch 18 der 22 Tote in den Raxwerken hatten sich in einem Luftschutzkeller befunden, ebenso 30 Tote in der Flugzeugfabrik. Die restlichen Menschen kamen in Splittergräben auf dem Werksgelände ums Leben, die unglücklicherweise direkt getroffen wurden. Diese hohen Verluste in den Luftschutzkellern lässt sich dadurch erklären, dass die amerikanischen Bomben Verzögerungszünder hatten. So durchschlug die Bomber zuerst das Dach und die oberen Stockwerke eines Hauses und explodierte erst im darunterliegenden Raum. Die Wirkung der Explosion war dann natürlich dementsprechend verheerend.<ref name="Reisner34851"></ref>
Die 44 Zivilisten kamen in zwei Luftschutzkellern in Privathäusern ums Leben, auf die zufälligerweise fehlgeworfene Bomben fielen. Auch 18 der 22 Tote in den Raxwerken hatten sich in einem Luftschutzkeller befunden, ebenso 30 Tote in der Flugzeugfabrik. Die restlichen Menschen kamen in Splittergräben auf dem Werksgelände ums Leben, die unglücklicherweise direkt getroffen wurden. Diese hohen Verluste in den Luftschutzkellern lässt sich dadurch erklären, dass die amerikanischen Bomben Verzögerungszünder hatten. So durchschlug die Bomber zuerst das Dach und die oberen Stockwerke eines Hauses und explodierte erst im darunterliegenden Raum. Die Wirkung der Explosion war dann natürlich dementsprechend verheerend.<ref name="Reisner34851"></ref>


=== Verluste der deutschen Jagdflieger ===
=== Bilanz und Verluste der deutschen Jagdflieger ===
Am Luftkampf mit den amerikanischen Bombern nahmen folgende Kräfte teil:
* I. Gruppe des Jagdgeschwaders 27 mit dreißig Me 109
* I. Gruppe des Kampfgeschwaders 51 mit fünfzehn Me 410
* einige Me 109 des Jagdgeschwaders 108
* einige Me 109 des Flugplatzstaffel


=== Verluste der amerikanischen Bombergruppen ===
Von den neun in Österreich und Ungarn abgestürzten Flugzeuge wurden drei von der Flak und sechs von den Jagdfliegern des JG 27 abgeschossen. Die Jagdflieger reklamierten aber elf Abschüsse für sich. Ob diese genehmigt wurden oder ob es sich um Doppelnennungen und/oder auch um welche mit Flak-Beteiligung handelte, kann nicht festgestellt werden.<ref name="Reisner34447"></ref>
 
Die überlebenden amerikanischen Bomberbesatzungen machten bei ihrer Rückkehr total überzogene Angaben sowohl über die Anzahl der angreifenden Jäger (bis zu 200) und als auch über die von ihnen abgeschossenen Jagdflugzeugen (bis zu 50). Tatsächlich betrugen die Verluste der eingesetzten Jäger vier Me 109 und ein Pilot.<ref name="Reisner34447">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 331 bis 332, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
 
Die I. Gruppe des Jagdgeschwaders 27, welche den Hauptanteil an den Luftkämpfen hatte, verlor drei Maschinen. Eine von den Bordschützen der Amerikaner schwer beschädigte Me 109 konnte vom Piloten im Raum [[Draßmarkt]] notgelandet werden. Einem Unteroffizier der Gruppe gelang es, sein Flugzeug auf dem Heimathorst [[Fels am Wagram]] zu landen. Der einzige Tote war [[w:Unteroffizier|Unteroffizier]] Ludwig Gräf. Auch er machte in Draßmarkt eine Notlandung, dabei wurde er aber aus dem Flugzeug geschleudert und tödlich verletzt. Eine vierte Me 109 gehörte zum Jagdgeschwader 108, dem Ausbildungsverband aus Bad Vöslau, hier konnte sich der Pilot mit dem Fallschirm retten.<ref name="Reisner34447"></ref>
 
=== Verluste der amerikanischen Bomberbesatzungen ===
siehe dazu: [[Verluste der 44. Bomber-Gruppe beim Luftangriff auf Wiener Neustadt am 1. Oktober 1943]]
siehe dazu: [[Verluste der 44. Bomber-Gruppe beim Luftangriff auf Wiener Neustadt am 1. Oktober 1943]]


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Zahlreiche weitere Flugzeuge, vor allem jene der 44.Bomber-Gruppe, wiesen schwerwiegende Beschädigungen auf, sodass vier von ihnen in Italien notlanden mussten. Auch hatte es an Bord dieser und anderer Maschinen noch neun Tote und sogar sechs Kriegsgefangene gegeben, die vorschnell aus den scheinbar todgeweihten Maschinen absprangen. Ihre Piloten schafften es dann doch mit viel Geschick zumindest nach Italien zu kommen.<ref name="Reisner1070">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 1070 und 1071, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
Zahlreiche weitere Flugzeuge, vor allem jene der 44.Bomber-Gruppe, wiesen schwerwiegende Beschädigungen auf, sodass vier von ihnen in Italien notlanden mussten. Auch hatte es an Bord dieser und anderer Maschinen noch neun Tote und sogar sechs Kriegsgefangene gegeben, die vorschnell aus den scheinbar todgeweihten Maschinen absprangen. Ihre Piloten schafften es dann doch mit viel Geschick zumindest nach Italien zu kommen.<ref name="Reisner1070">Markus Reisner: ''Bomben auf Wiener Neustadt'', Seite 1070 und 1071, ISBN-10: 3-200-00649-8</ref>
Somit verloren insgesamt 57 Besatzungsmitglieder bei dem Angriff ihr Leben, 48 weitere gingen in Kriegsgefangenschaft und wurden in der Regel erst gegen Ende des Krieges aus den Gefangenenlagern befreit.


== Folgen ==
== Folgen ==
Obwohl die Abwehr bei diesem Angriff sehr effektiv war, musste nach diesem und einem weiteren [[Luftangriff auf Wiener Neustadt am 2. November 1943|Luftangriff am 2. November]] die Flugzeugproduktion auf 24 Standorte dezentralisiert werden. Die amerikanischen Luftangriffe wurden nun von an immer heftiger, weil die US-Luftwaffe ihre großzügig ausgebauten Flugplätze im Süden Italiens nutzen konnte.
Obwohl die Abwehr bei diesem Angriff sehr effektiv war, musste nach diesem und einem weiteren [[Luftangriff auf Wiener Neustadt am 2. November 1943|Luftangriff am 2. November]] die Flugzeugproduktion auf 24 Standorte dezentralisiert werden. Die amerikanischen Luftangriffe wurden nun von an immer heftiger, weil die US-Luftwaffe ihre großzügig ausgebauten Flugplätze im Süden Italiens nutzen konnte.
 
== Weblinks ==
siehe auch: [[Liste der abgeschossenen alliierten Flugzeuge im 2. Weltkrieg]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Alliierte Luftangriffe in Österreich]]
[[Kategorie:Alliierte Luftangriffe in Österreich]]
[[Kategorie:Geschichte (Niederösterreich)]]
[[Kategorie:Zweiter Weltkrieg (Burgenland)]]
[[Kategorie:Zweiter Weltkrieg (Niederösterreich)]]
[[Kategorie:Zweiter Weltkrieg (Steiermark)]]
[[Kategorie:Bad Vöslau]]
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[[Kategorie:Blumau-Neurißhof]]
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[[Kategorie:Draßmarkt]]
[[Kategorie:Kobersdorf]]
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[[Kategorie:Naintsch]]
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[[Kategorie:Wiener Neustadt]]
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[[Kategorie:1943]]
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