Spanische Grippe in der Steiermark: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Regiowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
de>Carmen Brasch
K (Textersetzung - „Kategorie:Regiowiki:Von Wikiversity importiert“ durch „Kategorie:Wiki:Von Wikiversity importiert“)
 
(25 dazwischenliegende Versionen von 3 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Spanish flu death chart.png|mini|Sterberaten-Anstieg in Amerika und Europa]]
Die '''Spanische Grippe wütete auch in der Steiermark''' wie in [[Die Spanische Grippe in Österreich|ganz Österreich]] wütete am Ende des [[w:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]].
 
Als 1918 der [[w: 1. Weltkrieg|Erster Weltkrieg]] zu Ende ging, entbrannte auf der ganzen Welt eine der größten Grippeepidemien seit jeher: Die [[w: Spanische Grippe|Spanische Grippe]]. In Österreich forderte diese 1918 rund 18.500 Opfer und 1919 weitere 2.400. Am häufigsten traf es Personen im Alter zwischen 15 und 40 Jahren. Die Ärzte standen vor einem Rätsel. Die Erreger der Krankheit konnten nämlich nicht eruiert werden. Sogar die Diagnose der Krankheit fiel sehr schwer.<ref name= Grippe> Die Spanische Grippe von 1918: [https://ww1.habsburger.net/de/kapitel/die-spanische-grippe-von-1918] In: Die Welt der Habsburger, abgerufen am 09.03.2019</ref>
 
Die Erkrankten wurden von schweren Fieberschüben geplagt. Einige infizierten sich auch noch mit [[w: Staphylokokken|Staphylokokken]], die wiederum zu lebensgefährlichen Lungen- oder Rippenfellentzündungen führten. Bisher bekannte Gegenmittel halfen wie [[w: Aspirin|Aspirin]] oder [[w: Chinin|Chinin]] konnten die Krankheit nicht bekämpfen. Schließlich konnten durch ein bestimmtes Antistreptokokkenserum erste Erfolge im Kampf gegen die Krankheit erzielt werden.<ref name= Grippe/>
 
Als Spanische Grippe wird die Epidemie nur deshalb bezeichnet, da in den Spanischen Zeitungen als erstes von der Grippe berichtet wurde. Erste Anzeichen der Grippe waren oftmals nur Halsschmerzen und leichtes Fieber. Letztendlich begann sich jedoch die Haut zu verfärben und die erkrankten Personen waren mit braunen Flecken am ganzen Körper überseht.<ref> Maya McKechneay: [https://orf.at/v2/stories/2426035/2426036/] In: News.orf.at, abgerufen am 11.02.2019. </ref> Der Ursprungsort der Spanischen Grippe ist bis heute umstritten. Historiker gehen davon aus, dass der Ursprung im Mittleren Westen der USA liegt. Dort ist das Virus vermutlich von Hausschweinen oder Zuchtgeflügel auf den Menschen übergesprungen.<ref> André Müllerschön: [https://wehrmed.de/article/3362-die-spanische-grippe-verlauf-folgen.html] In: wehrmed.de, abgerufen am 11.02.2019. </ref>
 
 
==Medienberichterstattung==
 
In Österreich wurde Ende Mai erstmals von der Spanischen Grippe berichtet. Die Grippe wird dabei als eine "geheimnisvolle" Krankheit beschrieben, die vermehrt in der Spanischen Bevölkerung auftritt.<ref>Österreichische Nationalbibliothek: [http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwg&datum=19180603&seite=7&zoom=33&query=%22Spanische%22%2B%22Grippe%22&ref=anno-search] In: Neues Wiener Tagblatt, anno.onb.ac.at, abgerufen am 27.03.2019</ref> Dem Bericht zufolge kann die Grippe epidemisch auftreten, bis Juni gibt es aber nur Berichte über das Auftreten der Grippe in Spanien. Am 4. Juni etwa schrieb die Reichspost, dass es alleine in Madrid 100.000 Menschen erkrankt sind und die Zahl der Patienten täglich steigt.<ref>Österreichische Nationalbibliothek: [http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=19180604&seite=23&zoom=33&query=%22Spanische%22%2B%22Grippe%22&ref=anno-search] In: Neue Freie Presse, anno.onb.ac.at, abgerufen am 27.03.2019</ref>
 
Erst Mitte Juni wurde auch über Krankheitsfälle in Deutschland berichtet. Zuerst traf die Epidemie Wien und Innsbruck. Die Anfangssymptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder Schwindel werden beschrieben.<ref>Österreichische Nationalbibliothek: [http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwg&datum=19180704&seite=9&zoom=33&query=%22Spanische%22%2B%22Grippe%22&ref=anno-search] In: Neues Wiener Tagblatt, anno.onb.ac.at, abgerufen am 27.03.2019</ref> Auch über andere Länder wie Holland oder der Schweiz wurde berichtet. Berichte über Österreich finden sich erst ab Anfang Oktober. Zuerst traf die Grippe auf Wien. Das Neue Wiener Journal berichtet am 2. Oktober 1918, dass die Erkrankungen in Wien einen sehr beträchtlichen Umfang angenommen haben.<ref>Österreichische Nationalbibliothek: [http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nwj&datum=19181002&seite=3&zoom=33&query=%22Spanische%22%2B%22Grippe%22&ref=anno-search] In: Neues Wiener Journal, anno.onb.ac.at, abgerufen am 27.03.2019</ref>
 
 
Die Zeitungsausgaben der nächsten Tage sind voll mit der Berichterstattung über die Spanische Grippe. Die Grippe wird als sehr hartnäckig und hochansteckend beschrieben. Personen, bei denen der Verdacht auf eine Erkrankung besteht, werden gebeten ihre Häuser nicht zu verlassen.<ref>Österreichische Nationalbibliothek: [http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=aze&datum=19181006&seite=8&zoom=33&query=%22Spanische%22%2B%22Grippe%22&ref=anno-search] In: Arbeiter-Zeitung, anno.onb.ac.at, abgerufen am 27.03.2019</ref>
 
==Die Spanische Grippe in der Steiermark==


===Lebensumstände in der Steiermark===
===Lebensumstände in der Steiermark===


Um 1918 kam es in der [[w: Steiermark|Steiermark]] zu beträchtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die Lebensmittelpreise stiegen stetig an, während die Löhne immer niedriger wurden. Das Stadt-Land-Gefälle wurde immer mehr spürbar. Schließlich wurde die Lebensmittelversorgung auch noch staatlich reglementiert. Um an Lebensmittel zu kommen bedarf es an Lebenskarten, die pro Kopf nur begrenzt zur Verfügung standen. Der Milch kam während der Epidemie eine besondere Rolle zu. Sie galt als eines der wenigen Gegenmittel der Spanischen Grippe.
Um 1918 kam es in der [[Steiermark]] zu beträchtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die Lebensmittelpreise stiegen stetig an, während die Löhne immer niedriger wurden. Das Stadt-Land-Gefälle wurde immer mehr spürbar. Schließlich wurde die Lebensmittelversorgung auch noch staatlich reglementiert. Um an Lebensmittel zu kommen bedarf es an Lebenskarten, die pro Kopf nur begrenzt zur Verfügung standen. Der Milch kam während der Epidemie eine besondere Rolle zu. Sie galt als eines der wenigen Gegenmittel der [[w:Spanischen Grippe|Spanischen Grippe]].


Auch die Wohnungsnot war ein großes Thema in der Nachkriegszeit. Der Großteil der steirischen Bevölkerung lebte in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Die hygienischen Umstände in den Wohnungshäusern waren miserabel. Die Kosten für die Wohnungen und Häuser verschlangen fast 30 % des Haushaltsbudgets. Als ein großer Ansturm an Deutschösterreichern dann auch noch in die Steiermark flüchtete und zudem die Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehrten ihre alten Wohnungen beanspruchten spitzte sich die Wohnungsnot noch mehr zu.<ref name= Hörzer> Thomas Hörzer: [http://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/211771?originalFilename=true] In: unipub.uni-graz.at, abgerufen am 11.02.2019 S. 16 </ref>
Auch die Wohnungsnot war ein großes Thema in der Nachkriegszeit. Der Großteil der steirischen Bevölkerung lebte in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Die hygienischen Umstände in den Wohnungshäusern waren miserabel. Die Kosten für die Wohnungen und Häuser verschlangen fast 30 % des Haushaltsbudgets. Als ein großer Ansturm an Deutschösterreichern dann auch noch in die Steiermark flüchtete und zudem die Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehrten ihre alten Wohnungen beanspruchten spitzte sich die Wohnungsnot noch mehr zu.<ref name= Hörzer> Thomas Hörzer / Ursula Kunze: [https://www.springermedizin.at/kaum-ein-haus-in-dem-nicht-kranke-lagen-die-spanische-grippe-in-/14928062 Die Spanische Grippe in der Steiermark] In: springermedizin.at, abgerufen am 27. März 2019</ref>


===Verlauf===
===Verlauf===
 
[[Datei:165-WW-269B-11-trolley-l.jpg|mini|hochkant|Ein Schaffner verweigert Passagieren ohne Schutzmaske die Mitfahrt (Beispiel)]]
[[Datei:165-WW-269B-11-trolley-l.jpg|mini|Ein Schaffner verweigert Passagieren ohne Schutzmaske die Mitfahrt]]
Am 19. Oktober 1918 erließ die Behörde ein Schreiben, indem es bekundete, dass alle Volks- und Bürgerschulen, in Orten, in denen ein hohes Erkrankungsrisiko gegeben sei, für drei Wochen geschlossen werden sollen. Auch die Ausübung religiöser Übungen wurde untersagt. Die Ermächtigung geht jedoch noch weiter und dehnt die Verordnung auch auf Mittelschulen, Tanzschulen und Handelsschulen aus.
 
Am 19. Oktober 1918 erließ das Amt ein Schreiben, indem es bekundete, dass alle Volks- und Bürgerschulen, in Orten, in denen ein hohes Erkrankungsrisiko gegeben sei, für drei Wochen geschlossen werden sollen. Auch die Ausübung religiöser Übungen wurde untersagt. Die Ermächtigung geht jedoch noch weiter und dehnt die Verordnung auch auf Mittelschulen, Tanzschulen und Handelsschulen aus.


Ebenfalls sollen in allen Orten, wo ein hohes Auftreten an Grippeerkrankungen beobachtet wird, die Kinos geschlossen werden. Da diese Regelung nur für Kinos, aber nicht für Theaterhäuser galt, kam es zu kontroversen Diskussionen innerhalb der Bevölkerung.
Ebenfalls sollen in allen Orten, wo ein hohes Auftreten an Grippeerkrankungen beobachtet wird, die Kinos geschlossen werden. Da diese Regelung nur für Kinos, aber nicht für Theaterhäuser galt, kam es zu kontroversen Diskussionen innerhalb der Bevölkerung.
Zeile 42: Zeile 22:
== Literatur ==
== Literatur ==
* Laura Spinney: 1918 – Die Welt im Fieber: Wie die Spanische Grippe die Gesellschaft veränderte. Hanser, München 2018, ISBN 978-3-446-25848-8
* Laura Spinney: 1918 – Die Welt im Fieber: Wie die Spanische Grippe die Gesellschaft veränderte. Hanser, München 2018, ISBN 978-3-446-25848-8
* [[w:Diether Kramer|Diether Kramer]]: ''Der Wandel der Mortalität: Untersuchungen zum Sterblichkeitsrückgang in der Steiermark'', 2014, Springer Verlag, S.177ff. ISBN 978-3-658-06257-6


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


== Weblinks ==
{{Normdaten|TYP=s|WIKIDATA=Q106633581}}
 
{{Wikiversity Uni Wien|Benutzer:Carmen Brasch/Arbeitsseite (WS 2018)}}


* [https://der.orf.at/ ORF-Online]
[[Kategorie:Erster Weltkrieg]]
* Website: '''heute.de''': Torsten Kleinz: ''[https://www.zdf.de/nachrichten/heute/wikipedianer-internet-wissen-als-ehrenamt-100.html  - Die freiwilligen Schreiber im Verborgenen ]'', 2. Januar 2019
[[Kategorie:Geschichte (Steiermark)]]
[[Kategorie:Wiki:Von Wikiversity importiert]]
[[Kategorie:Spanische Grippe 1918|Steiermark]]

Aktuelle Version vom 19. Juni 2024, 19:24 Uhr

Die Spanische Grippe wütete auch in der Steiermark wie in ganz Österreich wütete am Ende des Ersten Weltkrieg.

Lebensumstände in der Steiermark

Um 1918 kam es in der Steiermark zu beträchtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen. Die Lebensmittelpreise stiegen stetig an, während die Löhne immer niedriger wurden. Das Stadt-Land-Gefälle wurde immer mehr spürbar. Schließlich wurde die Lebensmittelversorgung auch noch staatlich reglementiert. Um an Lebensmittel zu kommen bedarf es an Lebenskarten, die pro Kopf nur begrenzt zur Verfügung standen. Der Milch kam während der Epidemie eine besondere Rolle zu. Sie galt als eines der wenigen Gegenmittel der Spanischen Grippe.

Auch die Wohnungsnot war ein großes Thema in der Nachkriegszeit. Der Großteil der steirischen Bevölkerung lebte in äußerst bescheidenen Verhältnissen. Die hygienischen Umstände in den Wohnungshäusern waren miserabel. Die Kosten für die Wohnungen und Häuser verschlangen fast 30 % des Haushaltsbudgets. Als ein großer Ansturm an Deutschösterreichern dann auch noch in die Steiermark flüchtete und zudem die Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehrten ihre alten Wohnungen beanspruchten spitzte sich die Wohnungsnot noch mehr zu.[1]

Verlauf

Ein Schaffner verweigert Passagieren ohne Schutzmaske die Mitfahrt (Beispiel)

Am 19. Oktober 1918 erließ die Behörde ein Schreiben, indem es bekundete, dass alle Volks- und Bürgerschulen, in Orten, in denen ein hohes Erkrankungsrisiko gegeben sei, für drei Wochen geschlossen werden sollen. Auch die Ausübung religiöser Übungen wurde untersagt. Die Ermächtigung geht jedoch noch weiter und dehnt die Verordnung auch auf Mittelschulen, Tanzschulen und Handelsschulen aus.

Ebenfalls sollen in allen Orten, wo ein hohes Auftreten an Grippeerkrankungen beobachtet wird, die Kinos geschlossen werden. Da diese Regelung nur für Kinos, aber nicht für Theaterhäuser galt, kam es zu kontroversen Diskussionen innerhalb der Bevölkerung.

Laut dem Schreiben sollen die Grippeerkrankten in einem eigenen Zimmer isoliert werden und von der Außenwelt abgeschottet werden. Alle Formulierungen in diesem Amtsschreiben waren sehr vage formuliert. Die Bevölkerung hatte somit einen großen Interpretationsspielraum.[1]

Schulschließungen

Durch den Beschluss der Statthalterei, startete ein Briefverkehr zwischen den Schuldirektoren und den Bezirkshauptmannschaften. Darin wurden von den Direktoren die Gründe dargelegt, warum ihre Schule für einige Wochen geschlossen bleiben muss. Die meisten Schulschließungen wurden auch genehmigt. In einigen Schulen wurde sogar die Krankheitsfälle in den jeweiligen Klassen angeführt. Dadurch konnte man erkennen, dass die Krankenanzahl mit steigendem Alter zunahm.

Einige Schulen blieben auch über die vorgesehenen drei Wochen hinaus geschlossen. Dies musste jedoch durch eine weiterers Ansuchungsschreiben genehmigt werden. Während es in den Grazer Schulen keine Todesfälle zu verzeichnen gab, kam es am Land zu Todesfällen in den Schulen und somit zu längeren Schulschließungen.[1]

Literatur

  • Laura Spinney: 1918 – Die Welt im Fieber: Wie die Spanische Grippe die Gesellschaft veränderte. Hanser, München 2018, ISBN 978-3-446-25848-8
  • Diether Kramer: Der Wandel der Mortalität: Untersuchungen zum Sterblichkeitsrückgang in der Steiermark, 2014, Springer Verlag, S.177ff. ISBN 978-3-658-06257-6

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Thomas Hörzer / Ursula Kunze: Die Spanische Grippe in der Steiermark In: springermedizin.at, abgerufen am 27. März 2019

Uni Wien logo.gif Dieser Artikel wurde auf Wikiversity im Zuge des Uni-Projektes an der Universität Wien mit dem Thema Brasch/Arbeitsseite (WS 2018) erstellt oder maßgeblich erweitert.