Ulrich I. von Liechtenstein: Unterschied zwischen den Versionen

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* Diemut ∞ mit Wulfing von Trennstein
* Diemut ∞ mit Wulfing von Trennstein
* Perchta ∞ mit [[w:Herrand II. von Wildon|Herrand (II.) von Wildon]] († um 1278)
* Perchta ∞ mit [[w:Herrand II. von Wildon|Herrand (II.) von Wildon]] († um 1278)
<ref name ="Dopsch">vgl. [[w:Heinz Dopsch|Heinz Dopsch]]: ''Der Dichter Ulrich von Liechtenstein und die Herkunft seiner Familie'', 1977, S. 102</ref>


== Leben ==
== Leben ==
Ulrich von Liechtenstein benannte sich nach der [[w:Burg Liechtenstein (Judenburg)|Liechtenstein]] (heute Teil der Gemeinde [[Judenburg]]). 1215-1218 diente er als Knappe bei [[w:Heinrich (Istrien)|Markgraf Heinrich von Istrien]] († 1228). 1218 trat er das Erbe seines Vaters an. 1222 wurde er in [[Wien]]<ref group="A">Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im [[Herzogtum Österreich]] und gehörte zu dessen [[w:Landstände|Landständen]]. Sie war unter der Herrschaft der [[Babenberger]] seit [[Heinrich II. (Österreich)|Herzog Heinrich (II.)]] ("''Heinrich Jasomirgott''") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der [[Habsburger]]. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.</ref> unter [[Leopold VI. (Österreich)|Herzog Leopold (VI.) "''dem Glorreichen''"]] († 1230) zum Ritter geschlagen. Angeblich hatte Ulrich von Liechtenstein eine verwachsene Unterlippe, weshalb er sich 1224 in Graz einer kosmetischen Operation unterzog. 1227 nahm er an einem großen Turnier in [[Friesach]] teil, 1230 an einem Turnier in [[w:Bressanone|Brixen]]. Bei diesem soll er einen Finger verloren haben. 1230 hielt er sich außerdem in [[w:Roma|Rom]] auf.<ref name ="czeike502">vgl. {{Czeike|5||502|Ulrich von Liechtenstein}}</ref>  
Ulrich von Liechtenstein benannte sich nach der [[w:Burg Liechtenstein (Judenburg)|Liechtenstein]] (heute Teil der Gemeinde [[Judenburg]]). 1215-1218 diente er als Knappe bei [[w:Heinrich (Istrien)|Markgraf Heinrich von Istrien]] († 1228). 1218 trat er das Erbe seines Vaters an. 1222 wurde er in [[Wien]]<ref group="A">Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im [[Herzogtum Österreich]] und gehörte zu dessen [[w:Landstände|Landständen]]. Sie war unter der Herrschaft der [[Babenberger]] seit [[Heinrich II. (Österreich)|Herzog Heinrich (II.)]] ("''Heinrich Jasomirgott''") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der [[Habsburger]]. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.</ref> unter [[Leopold VI. (Österreich)|Herzog Leopold (VI.) "''dem Glorreichen''"]] († 1230) zum Ritter geschlagen. Ulrich von Liechtenstein nahm 1227 an einem großen Turnier in [[Friesach]] und 1230 an einem Turnier in [[w:Bressanone|Brixen]] teil. Bei Letzteren soll er einen Finger verloren haben. 1230 hielt er sich außerdem in [[w:Roma|Rom]] auf.<ref name ="czeike502">vgl. {{Czeike|5||502|Ulrich von Liechtenstein}}</ref>  


Ulrich von Liechtenstein soll 1238, als "Königin Venus" verkleidet, eine Reise unternommen haben, die ihn von [[w:Venedig|Venedig]] über Wien bis ins [[w:Königreich Böhmen|böhmische Königreich]] führte und auf der er viele Turniere besuchte. Diskutiert wird, ob diese Reise nicht im Zusammenhang mit der Ächtung von [[Friedrich II. (Österreich)|Herzog Friedrich (II.) "''den Streitbaren''"]] († 1246) gestanden haben und Ulrich von Liechtenstein als Tarnung für Agitationen zugunsten des Herzogs gedient haben könnte. Dieser betrieb etwa zeitgleich die erfolgreiche Wiederherstellung seiner Herrschaft über die Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und Steier. 1240 soll Ulrich von Liechtenstein, als König Artus verkleidet, eine weitere Reise unternommen haben, welche ihn durch die heutige Steiermark bis an die Donau und schließlich nach [[Wiener Neustadt]] an den Hof seines Herzogs führte. Unter dessen Herrschaft war Ulrich von Liechtenstein 1244/45 Truchsess des Herzogtums Steier.<ref name ="czeike502"/>
Ulrich von Liechtenstein soll 1238, als "Königin Venus" verkleidet, eine Reise unternommen haben, die ihn von [[w:Venedig|Venedig]] über Wien bis ins [[w:Königreich Böhmen|böhmische Königreich]] führte und auf der er viele Turniere besuchte. Diskutiert wird, ob diese Reise nicht im Zusammenhang mit der Ächtung von [[Friedrich II. (Österreich)|Herzog Friedrich (II.) "''den Streitbaren''"]] († 1246) gestanden haben und Ulrich von Liechtenstein als Tarnung für Agitationen zugunsten des Herzogs gedient haben könnte. Dieser betrieb etwa zeitgleich die erfolgreiche Wiederherstellung seiner Herrschaft über die Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und Steier. 1240 soll Ulrich von Liechtenstein, als König Artus verkleidet, eine weitere Reise unternommen haben, welche ihn durch die heutige Steiermark bis an die Donau und schließlich nach [[Wiener Neustadt]] an den Hof seines Herzogs führte. Unter dessen Herrschaft war Ulrich von Liechtenstein 1244/45 Truchsess des Herzogtums Steier.<ref name ="czeike502"/>


Unter dem "Böhmenkönig" [[Ottokar II. Přemysl|Ottokar II.]] († 1278), mit dem er zeitweilig getrübte Beziehungen unterhielt, war Ulrich von Liechtenstein 1267-1272 Marschall des Herzogtums Steier und 1272 dort auch Landrichter<ref group="A">Der Landrichter, später der Landmarschall war im Mittelalter in den im heutigen Land Österreich gelegenen Herzogtümern der Anführer der Landstände. Gewöhnlich war er ein Angehöriger des Herrenstandes. Sein Amt gilt als eines der Vorläuferämter der späteren Landeshauptleute der Kronländer und heutigen Bundesländer.</ref> Dessen Scheitern dürfte Ulrich von Liechtenstein nicht mehr erlebt haben.<ref name ="czeike502"/>
Unter dem "Böhmenkönig" [[Ottokar II. Přemysl|Ottokar II.]] († 1278), mit dem er zeitweilig getrübte Beziehungen unterhielt, war Ulrich von Liechtenstein 1267-1272 Marschall des Herzogtums Steier und 1272 dort auch Landrichter<ref group="A">Der Landrichter, später der Landmarschall war im Mittelalter in den im heutigen Land Österreich gelegenen Herzogtümern der Anführer der Landstände. Gewöhnlich war er ein Angehöriger des Herrenstandes. Sein Amt gilt als eines der Vorläuferämter der späteren Landeshauptleute der Kronländer und heutigen Bundesländer.</ref> Die Anfänge von dessen Scheitern, nachdem [[Rudolf I. (HRR)|Graf Rudolf (IV.) von Habsburg]] († 1291) zum "römischen" König gewählt worden war, dürfte Ulrich von Liechtenstein noch erlebt haben.<ref name ="czeike502"/>


Bekannt ist Ulrich von Liechtenstein bis heute aber als Dichter und Minnesänger. Als seine Hauptwerke gelten die Dichtungen "Frauendienst" und "Der Frauenbuch". Das erste Werk erzählt die  Geschichte eines Minnesängers und gilt als das erste deutschsprachige Werk, das in der Ichform verfasst ist. In der älteren Forschung wurde es häufig als eine Autobiographie Ulrichs interpretiert. In beiden Werke sind Minnelieder eingestreut.<ref name ="czeike502"/> Ulrichs Minnelyrik wurde in die große Sammlung des Codex Manesse aufgenommen.
Bekannt ist Ulrich von Liechtenstein bis heute aber als Dichter und Minnesänger. Als seine Hauptwerke gelten die Dichtungen "Frauendienst" und "Der Frauenbuch". Das erste Werk erzählt die  Geschichte eines Minnesängers und gilt als das erste deutschsprachige Werk, das in der Ichform verfasst ist. In der älteren Forschung wurde es häufig als eine Autobiographie Ulrichs interpretiert. In beiden Werke sind Minnelieder eingestreut.<ref name ="czeike502"/> Ulrichs Minnelyrik wurde in die große Sammlung des Codex Manesse aufgenommen.


== Erinnerungsstätten an Ulrich (I.) von Liechtenstein im heutigen Bundesland Steiermark ==
== Erinnerungsstätten an Ulrich (I.) von Liechtenstein im heutigen Bundesland Steiermark ==
* [[Graz]]: In Graz ist die Ulrich-Lichtenstein-Gasse nach ihm benannt
* [[Graz]]: In der Grazer Burg findet sich ein Denkmal für Ulrich von Liechtenstein in der "Ehrengalerie". An der Fassade des Grazer Rathauses auf Höhe des 2. Stockes findet sich eine Büste von ihm.<ref name ="schwaiger">vgl. Jörg Schwaiger: ''Die erste Schönheits-Operation von Graz''. In: [https://www.krone.at/2248954 Kronenzeitung online], 1. Oktober 2020</ref> In Graz ist außerdem die Ulrich-Lichtenstein-Gasse nach ihm benannt.
* [[Judenburg]]: In Judenburg ist die Ulrich-von-Liechtenstein Musik- und Kunstschule nach Ulrich von Liechtenstein benannt.<ref name ="judenburg">vgl. [https://www.judenburg.at/de/bildung-kultur/Ulrich_von_Liechtenstein_Musik-_und_Kunstschule.asp Ulrich von Liechtenstein Musik- und Kunstschule], Judenburg.AT, abgerufen am 11. November 2022</ref>
* [[Seckau|Seggau]]: Ulrich von Liechtenstein wurde nach seinem Tod im Stift Seckau beigesetzt, vermutlich in der von ihm gestifteten Johanneskapelle, die 1832 abgebrochen wurde.<ref name ="czeike501">vgl. {{Czeike|5|501||Ulrich von Liechtenstein}}</ref>  
* [[Seckau|Seggau]]: Ulrich von Liechtenstein wurde nach seinem Tod im Stift Seckau beigesetzt, vermutlich in der von ihm gestifteten Johanneskapelle, die 1832 abgebrochen wurde.<ref name ="czeike501">vgl. {{Czeike|5|501||Ulrich von Liechtenstein}}</ref>  
* [[Unzmarkt-Frauenburg]]: Über dem Ortsteil Frauenburg befindet sich die gleichnamige [[w:Burgruine Frauenburg (Unzmarkt-Frauenburg)|Burgruine]], Überreste einer Burg, als deren Erbauer Ulrich (I.) von Liechtenstein gilt. Sie soll ihm als Hauptsitz gedient haben. Auf der Frauenburg soll er gestorben und nach einer Überlieferung, die inzwischen als widerlegt gilt, dort auch beigesetzt worden sein.<ref name ="czeike501"/>
* [[Unzmarkt-Frauenburg]]: Über dem Ortsteil Frauenburg befindet sich die gleichnamige [[w:Burgruine Frauenburg (Unzmarkt-Frauenburg)|Burgruine]], Überreste einer Burg, als deren Erbauer Ulrich (I.) von Liechtenstein gilt. Sie soll ihm als Hauptsitz gedient haben. Auf der Frauenburg soll er gestorben und nach einer Überlieferung, die inzwischen als widerlegt gilt, dort auch beigesetzt worden sein.<ref name ="czeike501"/>
Außerdem wurde Ulrich von Liechtenstein auf einer österreichischen Briefmarke verewigt.


== Ulrich (I.) von Liechtenstein auf der Bühne ==
== Ulrich (I.) von Liechtenstein auf der Bühne ==
* [[w:Gerhart Hauptmann|Gerhart Hauptmann]]: "Ulrich von Lichtenstein", Komödie, Uraufführung: 11. November 1939, Burgtheater Wien
* [[w:Gerhart Hauptmann|Gerhart Hauptmann]]: "Ulrich von Lichtenstein", Komödie, Uraufführung: 11. November 1939, Burgtheater Wien
== Ulrich (I.) von Liechtenstein in Legende und Sage ==
Ulrich von Liechtenstein fand auch Eingang in die Welt der Legende und Sage. Da der "Frauendienst" lange für eine Autobiographie von Ulrich von Liechtenstein gehalten wurde, wurden die dort beschriebenen Geschehnisse immer wieder für tatsächliche Erlebnisse des Dichters gehalten und besonders in seine beiden Verkleidungen als "Frau Venus" und "König Artus" wurde eine ganze Menge hineininterpretiert.<ref name ="schwaiger"/> Häufig ist es dabei schwer, zwischen Fiktion und Fakt zu unterscheiden. So soll Ulrich von Liechtenstein angeblich eine verwachsene Unterlippe oder Hasenscharte gehabt haben, weshalb er sich 1224 in Graz einer kosmetischen Operation unterzog.<ref name ="czeike502"/> Das wäre immerhin vorstellbar. Weniger glaubwürdig wirkt dagegen, dass er sich den Finger auf dem Turnier in Brixen freiwillig abhacken ließ, um ihn seiner Angebeteten als Liebesbeweis zukommen zu lassen.<ref name ="schwaiger"/>


== Werke ==
== Werke ==
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* [https://www.murau.gv.at/ulrich-von-liechtenstein.html Ulrich von Liechtenstein], Website der Stadtgemeinde [[Murau]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==