Heinrich von Rottenburg

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Die Burg Rottenburg in Buch, heute. Sie gilt als Stammburg von Heinrichs Familie

Graf Heinrich (VI.)[A 1] von Rottenburg (* im 14. Jahrhunderts; † im April oder Anfang Mai 1411, in Kaltern, damals Grafschaft Tirol[1]), auch Heinrich von Rotenburg oder Heinrich der Letzte genannt, gilt als einer der bekanntesten politischen Gegenspieler von Herzog Friedrich (IV.) von Österreich ("Friedl mit der leeren Tasche"). Nach ihm ist die Rottenberger Fehde benannt, die zu seinem Sturz führte.

Herkunft und Familie

Graf Heinrich (VI.) von Rottenburg entstammte einer Ministerialienfamilie[A 2], die seit dem 12. Jahrhundert im Gefolge der Grafen von Andechs-Meranien urkundlich belegt ist.[2] Während der "Andechser Krise" um 1209 wechselten sie in den Dienst der Grafenfamilie von Tirol. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts zählten sie zur adligen Funktionärselite der Grafenfamilie von Görz-Tirol.[3] Schon unter den Grafen von Andechs-Meranien waren die Rottenburger für das Gericht Rottenburg zuständig gewesen, dessen Wirkungsbereich das gesamte mittlere Inntal umfasste. Die dortige Burg gilt als ihre Stammburg.[4] Bis 1315 und 1319-1332 war Siegfried von Rottenburg Pfleger des Gerichtes von Thaur.[5] Mehrmals bekleideten Angehörige der Familie das Amt eines Hauptmanns von Trient. Im 14. Jahrhundert zählten die Rottenburger zum führenden Landadel der Grafschaft Tirol, ein Graf Heinrich von Rottenburg bekleidete 1277 erstmals das Amt des Hofmeisters (seit 1343 Hofmeister auf Tirol), ein prestigeträchtiges Amt, das seit damals bis zum Aussterben der Hauptlinie der Rottenburger stets an den ältesten Sohn weiter gegeben wurde und sich so im 14. Jahrhundert zu einer Erblandeswürde wandelte. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts galten die Rottenburger als die mächtigste Tiroler Adelsfamilie.[6] Sie verfügten über zahlreiche Burgen, Gerichte und Zölle, welche über das gesamte damalige Areal der Grafschaft Tirol verstreut waren und hatten eigene Ministeriale. Als Inhaber des Landesgerichtes Rottenburg dominierten sie im unteren Inntal das gesamte Grenzgebiet westlich des Zillers.[3]

Graf Heinrich (VI.) war der Sohn von Graf Heinrich (V.) von Rottenburg (* um 1343; † um 1400), der als Hofmeister und Hauptmann an der Etsch belegt ist und die unter ihm bereits bedeutende Stellung der Familie durch wichtige Erwerbungen (Kauf, Lehen, Pfandschaften, Pfarr-Erhebungen etc.) weiter ausbaute. 1386 tätigte er eine Stiftung für das Stift Stams.[7]

Graf Heinrich (VI.), dessen ungefähres Geburtsjahr bisher nicht bekannt ist, heiratete um 1404 Gräfin Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, eine Tochter des Grafen Albrecht (III.) von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz. Aus dieser Ehe ist eine Tochter belegt: Gräfin Barbara von Rottenburg († um 1462), die um 1430 den Adeligen Bero (I.) von Rechberg-Mindelheim († um 1462) heiratete. Einer ihrer Nachfahren war der "berüchtigte" Georg von Waldburg-Zeil (Bauernjörg).[8] Gräfin Barbaras gleichnamige Tochter heiratete Ulrich (X.) von Frundsberg, Herr von Mindelheim, Straßberg und St. Petersberg, der Hauptmann des Schwäbischen Bundes und Rat von Herzog Siegmund "dem Münzreichen" war. Ihre Söhne waren der bekannte "Kriegsunternehmer" Georg von Frundsberg und Bischof Ulrich (III.) von Trient.[9]

Leben

Wie sein gleichnamiger Vater war Heinrich von Rottenburg ebenfalls "Hauptmann an der Etsch" und "Hauptmann des Hochstiftes Trient", außerdem auch Hofmeisters "auf Tirol" aus.[10] 1404 stiftete er in seinem Testament das Spital in Kaltern, sein bekanntestes Vermächtnis. 1404-1406 hielt er sich (wegen der "Appenzeller Kriege" nicht in Tirol auf.[6] Außerdem gilt er als Förderer des Hospizes St. Christoph am Arlberg.[11]

Er gründete um 1406/07[A 3] einen Tiroler Adelsbund, der in der älteren Literatur häufig als "Falkenbund" bezeichnet wurde, und dem sich 126 Adelige und einzelne Städte, Talschaften und Gemeinden anschlossen. Offiziell hatte dieser Bund das Ziel, die Grafschaft Tirol gegen die "Appenzeller" und weitere Gegner (von außen) zu schützen. Außerdem sollte er seinen Mitgliedern gegenseitige Hilfe und Unterstützung gewähren. "De facto" war er allerdings ein Bündnis, das sich gegen den Landesfürsten richtete.[12]

Als 1410 sich die Stadt Trient unter der Führung von Rudolfo Belenzani gegen Bischof Georg (I.) erhob, unterstützte Heinrich von Rottenburg diesen und schlug den Aufstand gewaltsam nieder, was eine Fehde zur Folge hatte, die als "Rottenburger Fehde" in die Geschichte eingegangen ist. [1] In dieser für ihn verhängnisvollen Fehde veranlasste er einige Herzöge von Baiern (Wittelsbachern)[A 4] zum Einfall in die Grafschaft Tirol oder lieferte diesen dafür einen Vorwand. Ende des Jahres 1410 geriet Heinrich von Rottenburg in die Gefangenschaft des Herzogs, verlor seine Ämter und Würden sowie zahlreiche Besitzungen, die in landesfürstlichen Besitz übergingen beziehungsweise als Lehen eingezogen wurden.[13]

Orte mit Bezug zu Heinrich von Rottenburg in Nordtirol

Graf Heinrich (VI.) von Rottenburg war im Besitz zahlreicher Burgen und Gerichte, von denen sich einige auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Tirol befanden.

  • Zu diesen gehörte die Burg Rottenburg (heute Teil der Gemeinde Buch in Tirol), nach dem sich die Familie benannt hatte und die eng mit den Legenden um die Heilige Notburga verknüpft ist.
  • Ihm gehörte die (Alt-)Rettenberg (heute Teil der Gemeinde Kolsassberg), auf welche die Heimsteuer und Morgengabe seiner Frau verschrieben war[14].
  • Als landesfürstliches Lehen war er im Besitz des Burgfriedens Wiesberg (heute Teil der Gemeinde Tobadill).[11] Sie dürfte noch nach dem Ende der "Rottenburger Fehde" in seinem Besitz geblieben sein.[15]

Heinrich von Rottenburg in Sage und Legende

Heinrich (VI.) von Rottenburg starb bald nach seiner Freilassung. Um seinen Tod bildeten sich Legenden, nach denen er vergiftet oder erschlagen wurde. Seriöse Belege diesbezüglich fehlen bisher jedoch.[16]

Literatur

  • Anna Anderlan: "alz ich itz von dem lannde, zu reitten willen hab". Heinrich von Rottenburg in seinem geographischen Umfeld. In: Historia scribere 8, 2016. S. 359-388 digital
  • Claudia Feller: Das Rechnungsbuch des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg von 105 bis 1409 (Tiroler Landesarchiv, Handschrift 94). Eine formale Beschreibung. Staatsprüfungsarbeit (ungedruckt), Wien, 2004
  • Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs". Die Anklageschrift Herzog Friedrich IV. von Österreich im Verfahren gegen den Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg (1410). In: Gustav Pfeifer (Hrsg.): Herzog Friedrich IV. von Österreich, Graf von Tirol (1406-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol 19./20. Oktober 2017. Athesia -Tappeiner Verlag, Bozen, 2018. ISBN 978-88-6839-381-6, S. 117-150
  • Gottfried Kompatscher: Volk und Herrscher in der historischen Sage. Zur Mythisierung Friedrichs IV. von Österreich vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. (Beiträge zur europäischen Ethnologie und Folklore. Reihe A, Texte und Untersuchungen 4). Verlag P. Lang, Frankfurt am Main / Berlin / Bern / New York / Paris / Wien, 1995. ISBN 3-631-45877-0, S. 96–102

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg, 2004, S. 6
  2. vgl. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg, 2004, S. 3f.
  3. 3,0 3,1 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch. Nordtiroler Unterland (= Tiroler Burgenbuch XI.). Athesia Verlag, Bozen, 2019. ISBN 978-88-6839-358-8. S. 14
  4. vgl. Anna Anderlan: "alz ich itz von dem lannde, zu reitten willen hab", S. 363
  5. vgl. Christian Hagen: Fürstliche Herrschaft und kommunale Teilhabe. Die Städte der Grafschaft Tirol im Spätmittelalter (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs. Bd. 38). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2015. ISBN 978-3-7030-0878-8. S. 63
  6. 6,0 6,1 vgl. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg, 2004, S. 4
  7. vgl. Die Rottenburger, Notburga-Gemeinschaft.AT, abgerufen am 29. Jänner 2019
  8. vgl. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz. In: Bludenzer Geschichtsblätter 2009, Heft 90+91, S. 42f. Digitalisat, S. 42f.
  9. vgl. Leo Santifaller: Das Trienter Domkapitel in seiner persönlichen Zusammensetzung im späten Mittelalter (Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1500). Aus dem Nachlass herausgegeben und mit einer Einleitung von Klaus Brandstätter (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs. Bd. 9). Verlag Athesia, Bozen, 2000. ISBN 88-8266-053-2. S. 82
  10. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs", 2018, S. 117
  11. 11,0 11,1 vgl. Robert Büchner: Heinrich Findelkind. In: Robert Büchner: St. Christoph am Arlberg. Die Geschichte von Hospiz und Taverne, Kapelle und Bruderschaft, von Brücken, Wegen und Straßen, Säumern, Wirten und anderen Menschen an einem Alpenpass (Ende des 14. bis Mitte des 17. Jahrhunderts). Boehlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2005. ISBN 978-3205772828, S. 105
  12. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs", 2018, S. 118
  13. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs", 2018, S. 121-123
  14. vgl. Ute Monika Schwob: "Herrinnen" in Tiroler Quellen. Zur rechtlichen und sozialen Stellung der adeligen Frau im Mittelalter, in: Egon Kühebacher (Hrsg.): Literatur und bildende Kunst im Tiroler Mittelalter. Die Iwein-Fresken von Rodenegg und andere Zeugnisse der Wechselwirkung von Literatur und bildender Kunst (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 15), Innsbruck 1982, S. 170
  15. vgl. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch des Tiroler Adeligen Heinrich von Rottenburg, 2004, S. 49
  16. vgl. Claudia Feller: "Wider Hainrichen von Rotenburg furbringung hertzog Friderichs", 2018, S. 123

Anmerkungen

  1. Als Hofmeister auf Tirol wird er als Heinrich V. gezählt.
  2. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.
  3. Der erhaltene Bundbrief datiert auf den 28. März 1407 und wurde nachträglich ausgestellt.
  4. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
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