Ulrich IV. von Matsch

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Vogt Ulrich (IV.) von Matsch beziehungsweise von Mätsch (* im 14. Jahrhundert, vor / um 1330; † 1402[A 1]) war ein einflussreicher Adliger der Grafschaft Tirol. Seine Familie, die Vögte von Matsch, hatten wichtige Besitzungen im Vinschgau und war daher häufig in Konflikte mit dem Hochstifts Chur verwickelt. Obwohl sich ihre wichtigsten Besitzungen im heutigen Italien befanden, hatte Ulrichs Familie auch bedeutenden Besitz im heutigen Nordtirol. Als "Hauptmann an der Etsch und im Gebirge" gehörte er zu den Vorläufern der späteren Landeshauptleuten von Tirol.

Die Vögte von Matsch

Ulrich (IV.) von Matsch entstammte den Vögten von Matsch, einer Adelsfamilie, die von den Herren von Tarasp abstammte und ursprünglich zu den edelfreien[A 2] Familien zählte.[1] Dies verdankten sie vor allem der abgelegenen Lage des im heutigen Südtirol gelegenen Vinschgaus, wo ihr Herrschaftsschwerpunkt lag und wo sie noch im 13. Jahrhundert eine ganze Reihe von Burgen als "freies Eigen" besaßen. Ihre umfangreichen Besitzungen, zu denen Lehen des Hochstifts Chur und der umliegenden Klöster zählten, erstreckten sich bis ins Veltlin. Noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren sie Vögte der Güter des Hochstiftes Chur im Vinschgau und beanspruchten aufgrund dieser Vogtgewalt die Gerichtsbarkeit über die Churer, Marienberger und Müstairer Gotthausleute. Darauf wird ihr Titel als Vogt zurückgeführt, der allmählicher ein fester Teil ihres Namens wurde. Im Matschertal, wo sich ihre Stammburgen Obermatsch und Untermatsch befanden, und im Münstertal beanspruchten sie Hochgerichtsrechte. 1239 verpfändete ihnen der Bischof von Chur das Marktrecht von Müstair. Sie übten außerdem Zollrechte aus und ernannten ihre eigenen öffentlichen Notare.[2]

Unter der Herrschaft von Herzog Meinhard von Kärnten, Graf von Tirol († um 1296) musste sie erste Zugeständnisse machen, doch konnten sie ihre Stellung im Wesentlichen halten und Anfang des 14. Jahrhunderts noch erweitern. Erst Mitte des 14. Jahrhunderts mussten sie die Oberhoheit der Tiroler Landesfürsten anerkennen, nachdem sie den späteren Kaiser Karl IV. (†1378) gegen Herzog Ludwig (V.) von Bayern, Kurfürst von Brandenburg und Graf von Tirol († 1461) ("Ludwig den Brandenburger") unterstützt hatten. Allerdings konnten sie ihre ehemals "freieigenen" Besitzungen als landesfürstliche Lehen halten. Etwa um diese Zeit fassten sie auch Fuß in Nordtirol, wo ihn 1363-1405 zum Beispiel das Gericht Hörtenberg (heute Teil der Gemeinde Telfs) verpfändet war.[3]

Die Vögte von Matsch schlossen Ehen mit bedeutenden Adelsfamilien aus der Reichslandschaft Schwaben, so den Grafen von Montfort, Werdenberg, Tierstein, Toggenburg, Lupfen und Fürstenberg. Gleich zweimal schlossen sie außerdem Ehen mit Mitgliedern aus der Grafenfamilie von Görz. Sie stellten mehrmals den Hauptmann an der Etsch und am Inn und außerdem einen mit Arnold von Matsch († 1221) einen Bischof von Chur. Nach dem politischen Sturz von Gaudenz von Matsch († 1504) erlosch die Familie nach dem Tod von diesem in "männlicher" Linie.[3]

Ulrichs Familienverhältnisse

Die Informationen zu seiner Familie in der Forschungsliteratur sind bis heute recht widersprüchlich. Hinzu kommt noch, dass gerade der Name Ulrich für die Familie häufig belegt ist, dies zudem auch in derselben Generationen und selbst für Brüder. Was die Verwandtschaftsverhältnisse einzelner Mitglieder der Familie betrifft, dürfte es deshalb in der Geschichtsforschung immer wieder zu Verwechslungen gekommen sein. Nach der neueren Forschung war Vogt Ulrich (IV.) von Matsch seit ca. 1346 mit Agnes von Kirchberg, der Erbtochter des Grafen Wilhelm (I.) von Kirchberg († 1366) (aus der Linie Kirchberg-Kirchberg[A 3]) verheiratet. Durch diese Ehe gelangten die Vögte von Matsch vorübergehend in den Besitz der Reichsgrafschaft Kirchberg und verwendeten auch, nachdem ihnen die Grafschaft wieder verloren gegangen war, die Titulatur Vogt von Matsch, Graf von Kirchberg.[4]

Ulrich (IV.) dürfte der Vater von folgenden Familienmitgliedern gewesen sein:

  • Vogt Ulrich (V.) von Matsch, Graf von Kirchberg († um 1396) ∞ mit Gräfin Kunigunde von Monfort zu Tettnang[A 4]
  • Vogt Johann (II.) von Match, Graf von Kirchberg († um 1397) ∞ mit Freiin Margareth von Rhäzüns
  • Vogt Ulrich (VI.) von Matsch, Graf von Kirchberg († um 1444) ∞ mit Barbara von Starkenberg († um 1425), einer Tochter von Sigmund von Starkenberg († um 1402) aus dessen Ehe mit Osanna von Ems († um /nach 1418) sowie Schwester von Ulrich und Wilhelm von Starkenberg
  • Utehild von Matsch[A 5] ∞ seit ca. 1379 mit Graf Meinhard (VI.) von Görz. Durch diese Ehe dürfte die Grafschaft Kirchberg als ihre Mitgift in den Besitz der Grafenfamilie von Görz gekommen sein. Was die Besitzverhältnisse der Grafschaft Kirchberg danach betrifft, so gibt es in der Literatur zum Teil sehr widersprüchliche Angaben. Soweit es sich zurzeit beurteilen lässt, dürfte die Grafschaft Kirchberg 1459 in den Besitz der Grafen von Kirchberg-Wullenstätten[A 6] gelangt sein, nachdem sie bereits vorher an diese verpfändet worden war.[4][A 7]

Leben

Die ursprüngliche Machtbasis der Vögte von Matsch befand sich im Vinschgau. Dieser zählte zu jenen Teilen der Grafschaft Tirol im späten Mittelalter, wo es den Tiroler Grafen erst relativ spät gelang, sich als Landesfürsten zur Gänze zu behaupten. Einige Ministerialenfamilien und auch eine edelfreie Familie wie den Vögte von Matsch schafften es daher, sich bis ins 14. Jahrhundert dem landesfürstlichen Zugriff weitgehend zu entziehen.[5] Ulrich (IV.) von Matsch konnte Mitte des 14. Jahrhunderts, gemeinsam mit Vogt Ulrich (III.) von Matsch, die Stellung seiner Familie ausbauen, dies besonders im Vinschgau und im Engadin. Die meisten der dort erworbenen Besitzungen kamen aber später unter die Herrschaft des Hochstiftes Chur und gingen der Familie um 1421 endgültig verloren.[4] 1466 gelangte Ulrich (IV.) mit der Grafschaft Kirchberg in den Besitz eines Reichslehen.[3] Nach dem Tod seines Schwiegervaters erbte er in diesem Jahr zwei Drittel der Grafschaft. Das letzte Drittel konnte er im selben Jahr von Graf Heinrich von Werdenberg durch Kauf erwerben. Noch im September desselben Jahres erfolgte die Belehnung dieser Grafschaft durch Kaiser Karl IV.[4]

Ulrich (IV.) von Matsch wurde unter Herzog Meinhard von Baiern[A 8] (als Graf von Tirol: Meinhard III.) († 1363) Hauptmann "an der Etsch und im Gebirge"[A 9]. Nach dessen Tod ließ er sich von Meinhards Mutter, Herzogin Margarete von Oberbaiern, Gräfin von Tirol ("Margarete Maultasch"), eine Reihe von Rechten bestätigen, neu übertragen oder verpfänden. Als Pfandschaften wurden ihm so die Gerichte Hörtenberg (heute Teil der Gemeinde Pfaffenhofen) und Nauders[A 10] übertragen. Nach der Herrschaftsübernahme durch Herzog Rudolf (IV.) von Österreich ("Rudolf dem Stifter") wurde er Ende September 1363 gefangen gesetzt und sah sich genötigt, auf einige dieser Übertragungen wieder zu verzichten. Ende Oktober 1363 wurden er und Ulrich (III.) dann Vasallen und Dienstleute der Herzöge von Österreich (Habsburger). Im Dezember 1363 verlor er trotzdem das Amt des Hauptmanns "an der Etsch und im Gebirge", das mit Berchtold von Gufidaun neu besetzt wurde. Der Wechsel zu den Herzögen von Österreich bedeutet nicht nur Verluste, sondern eröffnete den Vögten von Matsch auch neue politische Möglichkeiten. So gelang Ulrich (IV.) schließlich die Erwerbung von einigen Burgen im Unterengadin und im heutigen Südtirol, mit denen er 1368 und 1382 von Herzog Leopold (III.) von Österreich ("Leopold dem Gerechten") belehnt wurde.[4]

Ulrich (IV.) von Matsch erlebte noch den Beginn der "Matscher Fehde" (um 1392) zwischen seiner Familie und dem Hochstift Chur. 1415 wurde deshalb über seine Familie die Reichsacht durch König Sigismund verhängt. Nach zahlreichen "Schlichtungsversuchen" konnte diese Fehde erst 1421 mit einem Urteilsspruch von Herzog Ernst (I.) von Österreich ("Ernst dem Eisernen") beigelegt werden.[4]

Literatur

  • Gustav Pfeifer: Matsch. In: Werner Paravicini et al. (Hrsg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Grafen und Herren (= Residenzforschung. Hrsg. von der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 15 / IV). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2012. ISBN 978-3-7995-4525-9. Teilband 1, S. 981-988 digital
  • Justinian Ladurner: Die Vögte von Matsch, später auch Grafen von Kirchberg. In: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Heft 16, 1871, S. 5–292 digital; Fortsetzung: Heft 17, 1872, S. 1–235 und Heft 18 (1874), S. 7–158

Einzelnachweise

  1. Klaus Brandstätter: Adel an Etsch und Inn im späten Mittelalter. In: Rainer Loose (Hrsg.): Von der Via Claudia Augusta zum Oberen Weg. Leben an Etsch und Inn. Westtirol und angrenzende Räume von der Vorzeit bis heute. Vorträge der landeskundlichen Tagung veranstaltet vom Verein Via Claudia Augusta Tirol, Landeck und dem Südtiroler Kulturinstitut, Bozen. Landeck, 16.-18. Juni 2005 (= Schlern-Schriften 334). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2006. ISBN 3-7030-0421-5. S. 242, S. 250 und S. 251
  2. Klaus Brandstätter: Adel an Etsch und Inn im späten Mittelalter. In: Rainer Loose (Hrsg.): Von der Via Claudia Augusta zum Oberen Weg. Leben an Etsch und Inn. Westtirol und angrenzende Räume von der Vorzeit bis heute. Vorträge der landeskundlichen Tagung veranstaltet vom Verein Via Claudia Augusta Tirol, Landeck und dem Südtiroler Kulturinstitut, Bozen. Landeck, 16.-18. Juni 2005 (= Schlern-Schriften 334). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2006. ISBN 3-7030-0421-5. S. 250
  3. 3,0 3,1 3,2 Klaus Brandstätter: Adel an Etsch und Inn im späten Mittelalter. In: Rainer Loose (Hrsg.): Von der Via Claudia Augusta zum Oberen Weg. Leben an Etsch und Inn. Westtirol und angrenzende Räume von der Vorzeit bis heute. Vorträge der landeskundlichen Tagung veranstaltet vom Verein Via Claudia Augusta Tirol, Landeck und dem Südtiroler Kulturinstitut, Bozen. Landeck, 16.-18. Juni 2005 (= Schlern-Schriften 334). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2006. ISBN 3-7030-0421-5. S. 251
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 vgl. Gustav Pfeifer: Matsch, 2012 online
  5. vgl. Klaus Brandstätter: Adel an Etsch und Inn im späten Mittelalter. In: Rainer Loose (Hrsg.): Von der Via Claudia Augusta zum Oberen Weg. Leben an Etsch und Inn. Westtirol und angrenzende Räume von der Vorzeit bis heute. Vorträge der landeskundlichen Tagung veranstaltet vom Verein Via Claudia Augusta Tirol, Landeck und dem Südtiroler Kulturinstitut, Bozen. Landeck, 16.-18. Juni 2005 (= Schlern-Schriften 334). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2006. ISBN 3-7030-0421-5. S. 242

Anmerkungen

  1. Angabe lt. Gustav Pfeifer]: Matsch, 2012 online
  2. Die Edelfreien oder Hochfreien waren innerhalb des Adels ein eigener landrechtlicher Stand. Als Edelfreie oder Hochfreie galten im Mittelalter Personen, die eine dynastische Herkunft aufweisen konnten und ihren Besitz als "freies Eigen" besaßen. Die Edel- und Hochfreien waren dem fürstenmäßigen hohen Adel gleichgestellt, rechtlich hatten sie eine Zwischenstellung zwischen den Personen, welche im Besitz der "wirklichen" alten Gaugrafschaften und Stammesherzogtümern waren und den nur ritterbürtigen Mittelfreien. Im Unterschied zu den Ministerialen verdankten sie ihren Adel nicht einem Dienst- oder Lehnsverhältnisses und waren somit keiner anderen Dynastien untergeordnet. Sie unterstanden nur dem König beziehungsweise dem Kaiser. Seit dem 11. Jahrhundert galten ihre Territorien daher als "reichsfrei", "königsfrei" oder "reichsunmittelbar". Sie führten gewöhnlich den Titel Herr oder Freiherr, im Spätmittelalter oder in der frühen Neuzeit gelang einigen der Aufstieg in den Grafenstand, während sich die meisten, nicht immer gegen ihren Willen, in die Lehensabhängigkeit mächtigerer Adelsfamilien gerieten und sich ihre Stellung bis ins 14. Jahrhundert bewahren konnte.
  3. Dieser Familienzweig der Grafen von Kirchberg gilt als Hauptlinie dieser Familie.
  4. In diesem Fall wäre Ulrich (IV.) von Matsch der Großvater der Vögte Ulrich (VII.) († um 1431) und Wilhelm († 1429), beide Landeshauptleute der Grafschaft Tirol, gewesen.
  5. Utehild von Matsch oder Mätsch wird in Stammbäumen auch als Uodelhild oder Adelhild von Maidburg bezeichnet. Vgl. Christina Antenhofer: Briefe zwischen Süd und Nord. Die Hochzeit und Ehe von Paula de Gonzaga und Leonhard von Görz im Spiegel der fürstlichen Kommunikation (1473-1500) (= Schlern-Schriften 336). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2007. ISBN 978-3-7030-0433-9. S. 42
  6. Mit dem Grafen Eberhard (VI.) von Kirchberg(-Wullenstetten) († 1440) war Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, die Witwe von Heinrich von Rottenburg, nach dessen Tod verheiratet. Ihre gleichnamige Tochter aus dieser Ehe heiratete später ebenfalls einen Vogt Ulrich von Matsch.
  7. Die Besitzverhältnisse der Grafschaft Kirchberg zum Zeitpunkt ihrer Verpfändung an die Grafen von Kirchberg-Wullenstätten (angeblich um 1417/18) und bei deren endgültigen Erwerb sind bisher in der Forschung noch nicht endgültig geklärt.
  8. Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
  9. Aus diesen Positionen entstand später das Amt des Landeshauptmanns der Grafschaft Tirol.
  10. Das Gericht Hörtenberg wurde erst 1405, Nauders wie auch das in Südtirol gelegene Gericht Glurns (bei Bozen) sogar erst 1429 wieder ausgelöst.
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