Richard Löwenherz in Österreich: Unterschied zwischen den Versionen

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'''König Richard (I.) "''Löwenherz''" (* [[1157]], in [[w:Oxford|Oxford]], heute [[w:Großbritannien|Großbritannien]]; † [[6. April]] [[1199]], in [[w:Châlus|Châlus]], heute [[w:Frankreich|Frankreich]]) war als Richard (I.) [[w:Liste der Herrscher Englands|König von England]] und Herrscher über das "[[w:Angevinisches Reich|angevinische Reich]]"
'''König Richard (I.) "''Löwenherz''" (* [[1157]], in [[w:Oxford|Oxford]], heute [[w:Großbritannien|Großbritannien]]; † [[6. April]] [[1199]], in [[w:Châlus|Châlus]], heute [[w:Frankreich|Frankreich]]) war als Richard (I.) [[w:Liste der Herrscher Englands|König von England]] und Herrscher über das "[[w:Angevinisches Reich|angevinische Reich]]". Im heutigen Österreich ist er als Figur einer seinerzeit sehr populären Sage im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an jenem Kreuzzug, der gewöhnlich als der "[[w:Dritter Kreuzzug|Dritte Kreuzzug]]" gezählt wird, und seiner vorübergehenden Gefangensetzung auf einer Burg im heutigen Bundesland Niederösterreich in Erinnerung geblieben. Seit dem 20. und 21. Jahrhundert werden er und inzwischen auch seine Familie für den Tourismus in der Gemeinde [[Dürnstein]] genutzt.
on 1189 bis zu seinem Tod als '''Richard I.''' [[Liste der Herrscher Englands|König von England]]. Im heutigen Österreich ist er als Figur einer seinerzeit sehr populären Sage im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an jenem Kreuzzug, der gewöhnlich als der "[[w:Dritter Kreuzzug|Dritte Kreuzzug]]" gezählt wird, und seiner vorübergehenden Gefangensetzung auf einer Burg im heutigen Bundesland Niederösterreich in Erinnerung geblieben. Seit dem 20. und 21. Jahrhundert werden er und inzwischen auch seine Familie für den Tourismus in der Gemeinde [[Dürnstein (Niederösterreich)|Dürnstein]] genutzt.


== Der Lösegeld-Coup in der Überlieferung ==
Gesichert ist, dass [[Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold (V.) von Österreich]] († 1294) im Dezember 1192 den englischen König Richard Löwenherz bei seiner Rückreise vom "Dritten Kreuzzug" gefangen nehmen ließ. Dieser wurde am 28. März 1193 [[w:Heinrich VI. (HRR)|Kaiser Heinrich VI.]] übergeben, nachdem sich der Herzog und der Kaiser bezüglich der Aufteilung des zu erwartenden Lösegeldes geeinigt hatten. Ende November 1193 wurde Herzog Leopold sein Anteil am Lösegeld, den er am 14. Februar beziehungsweise am 29. Juni 1193 mit dem Kaiser vereinbart hatte, bezahlt.<ref name ="Czeike670">vgl. {{Czeike|4|670||Richard I. Löwenherz}}</ref>


<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref> des [[Herzogtum Österreich|Herzogtums Österreich]].  
In der herkömmlichen Überlieferung wird das Vorgehen von Herzog Leopold (V.) von Österreich gegen den englischen König auf einen Vorfall zurückgeführt, zu dem es nach der Eroberung der Stadt [[w:Akkon|Akkon]] zwischen ihm und Richard Löwenherz beziehungsweise ihren Gefolgsleuten gekommen war und der für den Herzog eine schwere Beleidigung durch den König bedeutete. Richard wurde später auf der Rückreise vom Kreuzzug im Dezember 1192 durch den Herzog beziehungsweise seine Leute in einem Gasthof in Erdberg (heute Teil des [[Landstraße (Wien)|3. Wiener Gemeindebezirks]]) fest genommen und einige Zeit auf einer Burg der [[Kuenringer]] im heutigen Bundesland Niederösterreich gefangen gehalten. Die Kuenringer waren zu dieser Zeit eine bedeutende Ministerialenfamilie<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref> des österreichischen Herzogs. Die "Kuenringer" Burg wird gewöhnlich mit der an der Donau gelegenen Burg Dürnstein identifiziert. Zur Gefangennahme kam es, da Richard trotz seiner Verkleidung erkannt worden war. Er hatte sich nach der Überlieferung dadurch verdächtigt gemacht, dass er einen auffälligen, wertvollen Ring an einem seiner Finger trug und mit einer im Herzogtum Österreich völlig unbekannten Goldmünze bezahlen wollte.<ref name ="Czeike670"/> Die Überlieferung wirft eine Reihe von Fragen auf, die bisher nicht eindeutig beantwortet werden konnten. Daher wird sie in Details der neuesten Forschung diskutiert beziehungsweise in wesentlichen Punkten in ihrer Zuverlässigkeit in Frage gestellt. Offene Fragen sind zum Beispiel, warum Richard, der immerhin als militärischer Stratege gilt, seine Rückreise nicht besser geplant hatte oder warum er ausgerechnet eine Route durch Gebiete wählte, wo Feinde von ihm herrschten und nicht zum Beispiel ins ungarische Königreich auswich, mit dessen Herrscherfamilie immerhin verwandtschaftliche Bande bestanden hätten.  
 
<ref name ="brunner12">vgl. Karl Brunner: ''Die Kuenringer'', 1980, S. 12</ref>
 
== Geschichtliche Fakten ==
Bei der Einnahme von [[w:Akkon|Akkon]] Richard I. Löwenherz, * , König von England. Nahm mit Leopold V. und anderen Fürsten am dritten Kreuzzug teil (1189-1192; Kaiser Friedrich I. Barbarossa ertrinkt auf der Fahrt ins Heilige Land 1190 im kleinasiatischen Fluss Saleph), wo es nach der Einnahme von Akkon (Juli 1191) zu dem bekannten Streit zwischen Leopold und Richard kam. Auf seiner Rückkehr zu Lande gelangte Richard Löwenherz im Dezember 1192 in die Nähe von Wien, wo er (in armseliger Verkleidung) in Erdberg, das in diesem Zusammenhang erstmals genannt wird, nächtigen wollte. Richard Löwenherz erregte jedoch damals in einem Gasthaus in Erdberg dadurch Aufmerksamkeit, weil der ärmlich wirkende Gast einerseits einen auffälligen teuren Ring auf seiner Hand trug und anderseits mit einer hierzulande so gut wie unbekannten Goldmünze bezahlen wollte. Leopold V. ließ ihm in Folge eines Informanten unter Bruch völkerrechtlicher Gepflogenheiten (Teilnehmer an Kreuzzügen genossen besonderen Schutz) gefangen nehmen, auf die Burg Dürnstein bringen (angeblich Anwesenheit des Sängers Blondel) und am 28. März 1193 an Heinrich VI. ausliefern. Das am 14. Februar und 29. Juni 1193 vereinbarte Lösegeld von 100.000 Mark Silber teilten sich Heinrich und Leopold; es letzteren Anteil langte Ende November 1193 in Österreich ein und<ref name ="Czeike670">vgl. {{Czeike|4|670||Richard I. Löwenherz}}</ref>


== Die Verwendung des Lösegeldes ==
== Die Verwendung des Lösegeldes ==
Mit dem Lösegeld wird die Gründung der Wiener Münzstätte (1194) in Verbindung gebracht, in welcher die [[Gremium der Hausgenossen|Wiener Hausgenossen]] unter der Leitung des Münzmeisters die Münzprägungen für das Herzogtum Österreich besorgten. Nach der gängigen Überlieferung wurden mit dem Lösegeld folgenden Aktivitäten finanziert: die Stadt [[Wien]] wurde erweitert und erhielt eine neue Stadtmauer, die Städte [[Wiener Neustadt]] und [[Friedberg]] werden gegründet, die Städte [[Enns]] und [[Hainburg]] wurden ummauert.<ref name ="Czeike670"/>
Mit dem Lösegeld wird die Gründung der Wiener Münzstätte (1194) in Verbindung gebracht, in welcher die [[Gremium der Hausgenossen|Wiener Hausgenossen]] unter der Leitung des Münzmeisters die Münzprägungen für das Herzogtum Österreich besorgten. Nach der gängigen Überlieferung wurden mit dem Lösegeld außerdem folgenden Aktivitäten finanziert: die Stadt [[Wien]] wurde erweitert und erhielt eine neue Stadtmauer, die Städte [[Wiener Neustadt]] und [[Friedberg]] werden gegründet, die Städte [[Enns]] und [[Hainburg]] wurden ummauert.<ref name ="Czeike670"/>


== Erinnerungen an Richard Löwenherz im heutigen Niederösterreich ==
== Erinnerungen an Richard Löwenherz im heutigen Niederösterreich ==
* In Dürnstein ist ein Hotel nach Richard Löwenherz und ein weiteres Hotel nach dem Sänger Blondel benannt. Inzwischen wurde ein Themenweg angelegt.<ref>vgl. [https://www.niederoesterreich.at/ausflugsziele/a-themenweg-richard-loewenherz Themenweg Richard Löwenherz ], Niederösterreich.AT, abgerufen am 17. Juli 2022</ref>
* In Dürnstein ist ein Hotel nach Richard Löwenherz und ein weiteres Hotel nach dem Sänger Blondel benannt. Inzwischen wurde ein Themenweg angelegt.<ref>vgl. [https://www.niederoesterreich.at/ausflugsziele/a-themenweg-richard-loewenherz Themenweg Richard Löwenherz ], Niederösterreich.AT, abgerufen am 17. Juli 2022</ref> Vor einigen Jahren wurde an der Straße zwischen Dürnstein und Weißenkirchen das Blondel-Denkmal enthüllt.


== Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich in Literatur und Belletristik ==
== Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich in Literatur und Belletristik ==

Version vom 16. Juli 2022, 22:18 Uhr

König Richard (I.) "Löwenherz" (* 1157, in Oxford, heute Großbritannien; † 6. April 1199, in Châlus, heute Frankreich) war als Richard (I.) König von England und Herrscher über das "angevinische Reich". Im heutigen Österreich ist er als Figur einer seinerzeit sehr populären Sage im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an jenem Kreuzzug, der gewöhnlich als der "Dritte Kreuzzug" gezählt wird, und seiner vorübergehenden Gefangensetzung auf einer Burg im heutigen Bundesland Niederösterreich in Erinnerung geblieben. Seit dem 20. und 21. Jahrhundert werden er und inzwischen auch seine Familie für den Tourismus in der Gemeinde Dürnstein genutzt.

Der Lösegeld-Coup in der Überlieferung

Gesichert ist, dass Herzog Leopold (V.) von Österreich († 1294) im Dezember 1192 den englischen König Richard Löwenherz bei seiner Rückreise vom "Dritten Kreuzzug" gefangen nehmen ließ. Dieser wurde am 28. März 1193 Kaiser Heinrich VI. übergeben, nachdem sich der Herzog und der Kaiser bezüglich der Aufteilung des zu erwartenden Lösegeldes geeinigt hatten. Ende November 1193 wurde Herzog Leopold sein Anteil am Lösegeld, den er am 14. Februar beziehungsweise am 29. Juni 1193 mit dem Kaiser vereinbart hatte, bezahlt.[1]

In der herkömmlichen Überlieferung wird das Vorgehen von Herzog Leopold (V.) von Österreich gegen den englischen König auf einen Vorfall zurückgeführt, zu dem es nach der Eroberung der Stadt Akkon zwischen ihm und Richard Löwenherz beziehungsweise ihren Gefolgsleuten gekommen war und der für den Herzog eine schwere Beleidigung durch den König bedeutete. Richard wurde später auf der Rückreise vom Kreuzzug im Dezember 1192 durch den Herzog beziehungsweise seine Leute in einem Gasthof in Erdberg (heute Teil des 3. Wiener Gemeindebezirks) fest genommen und einige Zeit auf einer Burg der Kuenringer im heutigen Bundesland Niederösterreich gefangen gehalten. Die Kuenringer waren zu dieser Zeit eine bedeutende Ministerialenfamilie[A 1] des österreichischen Herzogs. Die "Kuenringer" Burg wird gewöhnlich mit der an der Donau gelegenen Burg Dürnstein identifiziert. Zur Gefangennahme kam es, da Richard trotz seiner Verkleidung erkannt worden war. Er hatte sich nach der Überlieferung dadurch verdächtigt gemacht, dass er einen auffälligen, wertvollen Ring an einem seiner Finger trug und mit einer im Herzogtum Österreich völlig unbekannten Goldmünze bezahlen wollte.[1] Die Überlieferung wirft eine Reihe von Fragen auf, die bisher nicht eindeutig beantwortet werden konnten. Daher wird sie in Details der neuesten Forschung diskutiert beziehungsweise in wesentlichen Punkten in ihrer Zuverlässigkeit in Frage gestellt. Offene Fragen sind zum Beispiel, warum Richard, der immerhin als militärischer Stratege gilt, seine Rückreise nicht besser geplant hatte oder warum er ausgerechnet eine Route durch Gebiete wählte, wo Feinde von ihm herrschten und nicht zum Beispiel ins ungarische Königreich auswich, mit dessen Herrscherfamilie immerhin verwandtschaftliche Bande bestanden hätten.

Die Verwendung des Lösegeldes

Mit dem Lösegeld wird die Gründung der Wiener Münzstätte (1194) in Verbindung gebracht, in welcher die Wiener Hausgenossen unter der Leitung des Münzmeisters die Münzprägungen für das Herzogtum Österreich besorgten. Nach der gängigen Überlieferung wurden mit dem Lösegeld außerdem folgenden Aktivitäten finanziert: die Stadt Wien wurde erweitert und erhielt eine neue Stadtmauer, die Städte Wiener Neustadt und Friedberg werden gegründet, die Städte Enns und Hainburg wurden ummauert.[1]

Erinnerungen an Richard Löwenherz im heutigen Niederösterreich

  • In Dürnstein ist ein Hotel nach Richard Löwenherz und ein weiteres Hotel nach dem Sänger Blondel benannt. Inzwischen wurde ein Themenweg angelegt.[2] Vor einigen Jahren wurde an der Straße zwischen Dürnstein und Weißenkirchen das Blondel-Denkmal enthüllt.

Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich in Literatur und Belletristik

Richard Löwenherz und seine Erlebnisse im heutigen Niederösterreich auf der Bühne

Literatur

Weblinks

 Richard Löwenherz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Richard I. Löwenherz. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 670.
  2. vgl. Themenweg Richard Löwenherz , Niederösterreich.AT, abgerufen am 17. Juli 2022
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