Innsbrucker Hexenprozess: Unterschied zwischen den Versionen

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== Das Vorbereitung des eigentlichen Prozesses ==
== Das Vorbereitung des eigentlichen Prozesses ==
Im Juli 1485 suchte Heinrich Kramer [[w:Georg Golser|Bischof Georg (II.) von Brixen]] auf. Dieser förderte seine Unternehmung nicht nur dadurch, dass er die päpstliche "Hexenbulle" ordnungsgemäß in seiner Diözese publizieren ließ, sondern er gewährte Personen, die an den Hexenverfolgungen mitwirken wollten einen vierzigtägigen Ablass.<ref name ="TschaiknerTH198">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 198</ref> Ende Juli reiste Heinrich Kramer nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und erste Befragungen und Untersuchungen durchführen ließ. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.<ref name ="prezi">vgl. [https://prezi.com/eq-lgjtipft-/der-innsbrucker-hexenprozess/ Der Innsbrucker Hexenprozess], Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020</ref> Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen auf den Schaden bezogen, der ihnen durch Hexerei angeblich zugefügt war. Beschuldigung wie der Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches finden sich nicht.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 26f.</ref> Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.<ref name ="amman25">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 25</ref>  
Im Juli 1485 suchte Heinrich Kramer [[w:Georg Golser|Bischof Georg (II.) von Brixen]] auf. Dieser förderte seine Unternehmung nicht nur dadurch, dass er die päpstliche "Hexenbulle" ordnungsgemäß in seiner Diözese publizieren ließ, sondern er gewährte Personen, die an den Hexenverfolgungen mitwirken wollten einen vierzigtägigen Ablass.<ref name ="TschaiknerTH198">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 198</ref> Ende Juli reiste Heinrich Kramer nach Innsbruck weiter, wo er Predigten hielt und erste Befragungen und Untersuchungen durchführen ließ. Bis Ende August 1485 waren bereits ca. 50 Personen der Hexerei verdächtigt.<ref name ="prezi">vgl. [https://prezi.com/eq-lgjtipft-/der-innsbrucker-hexenprozess/ Der Innsbrucker Hexenprozess], Prezi.COM, abgerufen am 25. Dezember 2020</ref> Bei der Zeugenbefragung, die Heinrich Kramer im August und September 1485 vornahm, fällt auf, dass die Befragten sich bei ihren belastenden Aussagen in erster Linie auf den Schaden bezogen, der ihnen oder Bekannten durch die angebliche Zauberei zugefügt worden war. Beschuldigungen, die sich auf einen Teufelspakt, Hexenritte und Ähnliches bezogen, wurden nicht gemacht.<ref>vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 26f.</ref> Auffällig ist außerdem, dass die meisten der Befragten nicht bereit waren, ihre Aussagen zu beeiden.<ref name ="amman25">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 25</ref>  


Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumt, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name ="TschaiknerTH198"/> Anfang Oktober wurden sieben Frauen verhaftet.<ref name ="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung ließ Heinrich Kramer gegen diese einen sogenannten "processus informativus" vornehmen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem er dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es keine Hinweise dafür, dass die Folter tatsächlich angewendet worden war. In der zusammenfassenden Anklageschrift wird sie allerdings vorgeschlagen.<ref name ="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>
Obwohl Heinrich Kramer selbst bei seinen Verhören und Zeugenbefragungen Unkorrektheiten einräumte, wurde er noch in der zweiten Septemberhälfte des Jahres 1485 von Bischof Georg unterstützt. Dabei stand zu diesem Zeitpunkt bereits fest, dass viele erhobene Verdachtsgründe auf bloßen Gerüchten beruhten.<ref name ="TschaiknerTH198"/> Anfang Oktober ließ der Inquisitor mindestens sieben Frauen verhaften.<ref name ="amman31">vgl. [[w:Hartmann Ammann|Hartmann Ammann]]: ''Der Innsbrucker Hexenprozess von 1485'', S. 31</ref> In den Wochen bis zur Hauptverhandlung wurde gegen diese ein sogenannter "processus informativus" vorgenommen, sozusagen die Vorstufe zum eigentlichen Gerichtsverfahren. Trotzdem Heinrich Kramer dabei abermals rechtlich fragwürdig vorging, gibt es aber zumindest keine Hinweise dafür, dass er bei der Befragung die Folter tatsächlich anwenden ließ. Diese wird nur in der der zusammenfassenden Anklageschrift von ihm vorgeschlagen.<ref name ="TschaiknerTH199">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199</ref>


Bischof Georg machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. Stattdessen entschuldigte er sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof zugestanden hätte.<ref name ="TschaiknerTH198"/> Der Erzherzig entband den Fürstbischof allerdings nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenzuarbeiten. Er forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar vertreten zu lassen.<ref name ="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>
Bischof Georg von Brixen machte während den Untersuchungen keineswegs von seinen Mitspracherechten, die im Schreiben von Erzherzog Siegmund ausdrücklich festgelegt waren, irgendeinen Gebrauch. Stattdessen entschuldigte er sein Nichterscheinen mit seiner Krankheit und übertrug Heinrich Kramer ausdrücklich jene Gewalt, die ihm als Bischof in dem Prozess zugestand.<ref name ="TschaiknerTH198"/> Allerdings entband der Erzherzog den Fürstbischof nicht von der ihm brieflich bestätigten Pflicht, mit dem Inquisitor zusammenarbeiten zu müssen, sondern forderte von diesem noch Anfang Oktober, als Kramer bereits mehrere Frauen hatte verhaften lassen, dieser Pflicht selbst nachzukommen oder sich durch einen Kommissar oder andere geeignete Personen vertreten zu lassen.<ref name ="TschaiknerTH200">vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 200</ref>


Bereits im Vorfeld des eigentlichen Prozesses war bei der Innsbrucker Bevölkerung große Unruhe und Kritik als Folge der umstrittenen Vorgangsweise des Inquisitors aufgekommen. Nicht zuletzt deshalb holte Erzherzog Siegmund zur Vertretung seiner Interessen unter anderem Dr. Paul Wann nach Innsbruck. Dieser wirkte in [[w:Passau|Passau]], wo er als bekannter Kirchenrechtler, Prediger und Kanoniker galt. Er hatte zudem mit theoretisches Wissen über Hexenverfolgungen und warnte den Erzherzog ausdrücklich davor, dass der bevorstehende Prozess bei der Bevölkerung zu einem Aufstand führen könnte. Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref> Ein Geständnis von Jörg Ott, einem ehemaligen landesfürstlichen "Türhüter", das einige Zeit nach dem Innsbrucker Hexenprozess aufgezeichnet wurde, enthält Hinweise darauf, dass Heinrich Kramer außerdem versucht haben dürfte, um Druck auf den Erzherzog ausüben zu können, einige Personen in dessen direktem Umfeld in den Prozess zu verwickeln, darunter [[Anna Seng|Anna Spießin]], die als eine Vertraute des Erzherzogs galt.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 201f.</ref>
Bereits im Vorfeld des eigentlichen Prozesses war bei der Innsbrucker Bevölkerung große Unruhe und Kritik als Folge der umstrittenen Vorgangsweise des Inquisitors aufgekommen. Nicht zuletzt deshalb holte Erzherzog Siegmund zur Vertretung seiner Interessen einige rechtsgelehrte Personen an seinen Hof nach Innsbruck. Unter diesen ist Dr. Paulus Wann, der Domprediger von [[w:Passau|Passau]] namentlich genannt. Paulus Wann war ein bekannter Kirchenrechtler und Kanoniker und hatte zudem mit theoretisches Wissen über Hexenverfolgungen und warnte den Erzherzog ausdrücklich davor, dass der bevorstehende Prozess bei der Bevölkerung zu einem Aufstand führen könnte. Falls Heinrich Kramer versuchte, Paul Wann, der sich auch mit den Ratgebern des Erzherzogs traf, für sich zu gewinnen, dürfte er damit keinen Erfolg gehabt haben. Die Einbeziehung von Paul wann zeigt aber, dass der Erzherzog und seine Räte die Entwicklung von Kramers Prozess sehr genau beobachteten.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 199f.</ref> Ein Geständnis von Jörg Ott, einem ehemaligen landesfürstlichen "Türhüter", das einige Zeit nach dem Innsbrucker Hexenprozess aufgezeichnet wurde, enthält Hinweise darauf, dass Heinrich Kramer außerdem versucht haben dürfte, um Druck auf den Erzherzog ausüben zu können, einige Personen in dessen direktem Umfeld in den Prozess zu verwickeln, darunter [[Anna Seng|Anna Spießin]], die als eine Vertraute des Erzherzogs galt.<ref>vgl. [[w:Manfred Tschaikner|Manfred Tschaikner]], in: ''Tiroler Heimat'' 82, 2018, S. 201f.</ref>


== Die Hauptverhandlung ==
== Die Hauptverhandlung ==
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