Meinhard II.: Unterschied zwischen den Versionen

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[[File:Stift Stams 6365.jpg|thumb|Eine Reiterstatue des Grafen Meinhard II. krönte das Stift Stams.]]
[[File:Stift Stams 6365.jpg|thumb|Eine Reiterstatue des Grafen Meinhard II. krönte das Stift Stams.]]
'''Graf Meinhard von Görz-Tirol''' (* um 1238<ref name ="pavlac220">vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 220</ref>; † [[1. November]] [[1295]]<ref name ="Tangl1866-59">vgl. [[w:Karlmann Tangl|Karlmann Tangl]]: ''Die Grafen von Ortenburg in Kärnten''. Zweite Abtheilung von 1256 bis 1343. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen 36, 1866, S. 59</ref>, in [[Greifenburg]]), später '''Herzog Meinhard von Kärnten, Graf von Tirol, Herr der Mark Krain<ref group="A">In der Titulatur wird Meinhard nur als Herr der Mark Krain bezeichnet. In der einschlägigen Sekundärliteratur wird zwar oft davon ausgegangen, dass die Krain damals bereits ein Herzogtum war, doch ist die Mark Krain erst unter [[Rudolf IV. (Österreich)|Herzog Rudolf (IV.) von Österreich ("''Rudolf dem Stiftet''")]] als solches belegt.</ref>''', auch '''Meinhard der Jüngere''', war einer der bedeutendsten Fürsten des 13. Jahrhunderts und der "Begründer" der [[Grafschaft Tirol|gefürsteten Grafschaft Tirol]]. Dort gilt er als jener Fürst, der seinen Traum von der Schaffung eines eigenen Landes erfolgreich verwirklichen konnte.<ref>vgl. [[w:Heinz Dopsch|Heinz Dopsch]] - [[w:Karl Brunner (Historiker)|Karl Brunner]] - [[w:Maximilian Weltin|Maximilian Weltin]] (Hrsg.): ''Österreichische Geschichte 1122–1278''. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1. S. 13</ref> Vermutlich beeinflusst von den norditalienischen Stadtstaaten "modernisierte" er die Verwaltung und das Finanz- und Rechtswesens seiner Länder und führte dort Neuerungen ein, mit denen er seinen Zeitgenossen um Jahrhunderte voraus war.<ref name ="pavlac220"/> Er war der Stammvater des "Meinhardinischen Familienzweiges (Meinhardiner)" der Grafen von Görz-Tirol und der Großvater der legendenumwobenen Tiroler Landesfürstin [[Margarete Maultasch]].
'''Graf Meinhard von Görz-Tirol''' (* um 1238/40<ref group="A">Nach Brian A. Pavlac wurde Meinhard um 1238 geboren, vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 220. Nach Philipp Jedelhauser wurde Meinhard dagegen um 1239/40 geboren, vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 285</ref>; † [[1. November]] [[1295]], in [[Greifenburg]]), später '''Herzog Meinhard von Kärnten, Graf von Tirol, Herr der Mark Krain<ref group="A">In der Titulatur wird Meinhard nur als Herr der Mark Krain bezeichnet. In der einschlägigen Sekundärliteratur wird zwar oft davon ausgegangen, dass die Krain damals bereits ein Herzogtum war, doch ist die Mark Krain erst unter [[Rudolf IV. (Österreich)|Herzog Rudolf (IV.) von Österreich ("''Rudolf dem Stiftet''")]] als solches belegt.</ref>''', auch '''Meinhard der Jüngere''', war einer der bedeutendsten Fürsten des 13. Jahrhunderts und der "Begründer" der [[Grafschaft Tirol]]. Dort gilt er als jener Fürst, der seinen Traum von der Schaffung eines eigenen Landes erfolgreich verwirklichen konnte.<ref>vgl. [[w:Heinz Dopsch|Heinz Dopsch]] - [[w:Karl Brunner (Historiker)|Karl Brunner]] - [[w:Maximilian Weltin|Maximilian Weltin]] (Hrsg.): ''Österreichische Geschichte 1122–1278''. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1. S. 13</ref> Vermutlich beeinflusst von den norditalienischen Stadtstaaten "modernisierte" er die Verwaltung und das Finanz- und Rechtswesens seiner Länder und führte dort Neuerungen ein, mit denen er seinen Zeitgenossen um Jahrhunderte voraus war.<ref name ="pavlac220">vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 220</ref> Er war der Stammvater des "Meinhardinischen Familienzweiges (Meinhardiner)" der Grafen von Görz-Tirol und der Großvater der legendenumwobenen Tiroler Landesfürstin [[Margarete Maultasch]].
 
<ref name ="Reichegger10">vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 10</ref>


== Herkunft und Familie ==
== Herkunft und Familie ==
[[File:Innsbruck 2 300.jpg|thumb|Graf Meinhard (rechts) mit seinen beiden älteren Söhnen Albert (Mitte) und Otto (links). Darstellung im Spanischen Saal auf Schloss Ambras (16. Jahrhundert)]]
[[File:Innsbruck 2 300.jpg|thumb|Graf Meinhard (rechts) mit seinen beiden älteren Söhnen Albert (Mitte) und Otto (links). Darstellung im Spanischen Saal auf Schloss Ambras (16. Jahrhundert)]]
Meinhards Eltern waren [[Meinhard I.|Graf Meinhard (III.) von Görz]] und [[Adelheid von Tirol-Görz|Gräfin Adelheid von Tirol]], eine der beiden Erbtöchter von [[Albert III. von Tirol|Graf Albert III. von Tirol]]. Er heiratete 1259 [[Elisabeth von Bayern (1227–1273)|Herzogin Elisabeth von Baiern]]<ref group="A">Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem [[w:Wiener Kongress|Wiener Kongress]] im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.</ref> (* um 1227; † 1273), die Witwe des [[w:römisch-deutscher König|römisch-deutschen Königs]] [[w:Konrad IV. (HRR)|Konrad IV.]]<ref name ="pavlac220"/> Aus dieser Ehe hatte er mehrere Kinder, darunter:
Meinhards Eltern waren [[Meinhard I.|Graf Meinhard (III.) von Görz]] und [[Adelheid von Tirol-Görz|Gräfin Adelheid von Tirol]], eine der beiden Erbtöchter von [[Albert III. von Tirol|Graf Albert III. von Tirol]]. Er heiratete im Oktober 1259<ref name ="Jedelhauser293">vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 293</ref> [[Elisabeth von Bayern (1227–1273)|Herzogin Elisabeth von Baiern]]<ref group="A">Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem [[w:Wiener Kongress|Wiener Kongress]] im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.</ref> (* um 1227; † 1273), die Witwe des [[w:römisch-deutscher König|römisch-deutschen Königs]] [[w:Konrad IV. (HRR)|Konrad IV.]]<ref name ="pavlac220"/> Aus dieser Ehe hatte er mehrere Kinder, darunter:
* [[w:Agnes von Görz und Tirol|Gräfin Agnes von Görz und Tirol]] († 14. Mai 1293) ∞ mit [[w:Friedrich I. (Meißen)|Markgraf Friedrich (I.) von Meißen]] ("''Friedrich dem Gebissenen''"), die Hochzeit soll nach zeitgenössischen Chroniken 1285 in der Stadt [[Wien]] unter Teilnahme der Bischöfe von [[w:Emicho Wildgraf von Kyrburg|Freising]] und [[w:Leopold I. (Seckau)|Seckau]] und der wichtigsten Adeligen und Ministerialen<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref> der Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und [[Herzogtum Steiermark|Steiermark]] stattgefunden haben<ref>vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien''. Zeitzeugen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 3-205-98372-6, S. 54</ref>,
* Graf Albert (II.) von Görz und Tirol († 1292) (seit 1281) mit Gräfin Agnes von Hohenberg († nach 1293), einer Tochter des Grafen [[w:Albrecht II. (Hohenberg-Rotenburg)|Albrecht (II.) von Hohenberg]] und Nichte von [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolf I.]]<ref>vgl. [[Julia Hörmann-Thurn und Taxis]]: ''Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?'' Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert) - Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: [[w:Claudia Zey|Claudia Zey]] (Hrsg.): ''Mächtige Frauen?'' Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 372, Fußnote</ref>
* Graf Albert (II.) von Görz und Tirol († 1292) (seit 1281) mit Gräfin Agnes von Hohenberg († nach 1293), einer Tochter des Grafen [[w:Albrecht II. (Hohenberg-Rotenburg)|Albrecht (II.) von Hohenberg]] und Nichte von [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolf I.]]<ref>vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: ''Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?'' Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert)- Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: [[w:Claudia Zey|Claudia Zey]] (Hrsg.): ''Mächtige Frauen?'' Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 372, Fußnote</ref>
* [[Elisabeth von Görz-Tirol|Gräfin Elisabeth von Görz und Tirol]] († 1313) ⚭ mit [[Albrecht I. (HRR)|König Albrecht I.]]<ref group="A">Nach Lydia Reichegger war Elisabeth die älteste Tochter. Vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 12, mit Fußnote 17. Sie gilt als eine der [[w:Stammmutter|Stamm-Mütter]] aller späteren [[Habsburger]]. Mit dieser Ehe begründeten ihre Söhne später ihre Herrschaft über das Herzogtum Kärnten und ihre Enkel die Herrschaft über die Grafschaft Tirol.</ref>
* [[Elisabeth von Görz-Tirol|Gräfin Elisabeth von Görz und Tirol]] mit [[Albrecht I. (HRR)|König Albrecht I.]]<ref group="A">Sie gilt als eine der [[w:Stammmutter|Stammmütter]] aller späteren [[Habsburger]]. Mit dieser Ehe begründeten ihre Söhne später ihre Herrschaft über das Herzogtum Kärnten und ihre Enkel die Herrschaft über die Grafschaft Tirol.</ref>
* Gräfin Adelheid von Görz und Tirol, sie wird nur in der Chronik von [[Wolfgang Lebersorg|Pater Wolfgang Lebersorg]] († 1646) genannt<ref name ="Reichegger12-17">vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 12, Fußnote 17</ref>
* [[w:Otto III. (Kärnten)|Graf Otto von Görz und Tirol]] († 1310), Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain mit Herzogin [[Euphemia von Schlesien]]
* [[w:Agnes von Görz und Tirol|Gräfin Agnes von Görz und Tirol]] († 14. Mai 1293) ⚭ mit [[w:Friedrich I. (Meißen)|Markgraf Friedrich (I.) von Meißen]] ("''Friedrich dem Gebissenen''"), die Hochzeit soll nach zeitgenössischen Chroniken 1285 in der Stadt [[Wien]] unter Teilnahme der Bischöfe von [[w:Emicho Wildgraf von Kyrburg|Freising]] und [[w:Leopold I. (Seckau)|Seckau]] und der wichtigsten Adeligen und Ministerialen<ref group="A">Die [[w:Ministeriale|Ministerialen]], auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den [[w:edelfrei|"edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien]].</ref> der Herzogtümer [[Herzogtum Österreich|Österreich]] und [[Herzogtum Steier|Steier]] stattgefunden haben<ref>vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien''. Zeitzeugen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 3-205-98372-6, S. 54</ref>,
* Graf Ludwig von Görz und Tirol († 1305), er amtierte nach 1286 Statthalter im Herzogtum Kärnten. Während das Aufstandes in den letzten Lebensjahrens seines Vaters geriet er vorübergehend in Gefangeschaft des Salzburger Erzbischofs.<ref name ="ndb668">vgl. NDB, S. 668</ref>
* [[w:Otto III. (Kärnten)|Graf Otto von Görz und Tirol]] († Mai 1310)<ref name ="Hörmann2">vgl. Julia Hörmann: ''Das Tiroler Lehenbuch König Heinrichs von 1336'' (TLA Codex 18). (Ungedruckte) Diplomarbeit, Universität Wien, 1992, S. 2</ref> , Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain mit Herzogin [[Euphemia von Schlesien]]
* [[Heinrich von Kärnten|Graf Heinrich von Görz und Tirol]] († 1335), Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain, vorübergehend außerdem König von Böhmen (1. Ehe) mit [[Anna Přemyslovna|Königin Anna von Böhmen]]; (2. Ehe) mit [[Adelheid von Braunschweig-Grubenhagen|Herzogin Adelheid von Braunschweig]]; in 3. Ehe mit [[Beatrice von Savoyen|Herzogin Beatrix von Savoyen]]
* Graf Ludwig von Görz und Tirol († um 1305), er amtierte nach 1286 als Statthalter seines Vaters im Herzogtum Kärnten. Während eines Aufstandes, der dort in den letzten Lebensjahren seines Vaters stattfand, geriet er vorübergehend in die Gefangenschaft des Salzburger Erzbischofs.<ref name ="ndb668">vgl. NDB, S. 668</ref>
* [[Heinrich von Kärnten|Graf Heinrich von Görz und Tirol]] († 1335), Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain, vorübergehend außerdem König von Böhmen (1. Ehe) mit [[Anna Přemyslovna|Königin Anna von Böhmen]]; (2. Ehe) mit [[Adelheid von Braunschweig-Grubenhagen|Herzogin Adelheid von Braunschweig]]; in 3. Ehe mit [[Beatrice von Savoyen|Herzogin Beatrix von Savoyen]]
:* (2. Ehe) [[Adelheid von Görz und Tirol|Gräfin Adelheid von Görz und Tirol]] (* 1317; † um 1375)
:* (2. Ehe) [[Adelheid von Görz und Tirol|Gräfin Adelheid von Görz und Tirol]] (* 1317; † um 1375)
:* (2. Ehe) [[Margarete Maultasch|Gräfin Margarete von Görz-Tirol]] (* 1318; † 1369)
:* (2. Ehe) [[Margarete Maultasch|Gräfin Margarete von Görz-Tirol]] (* 1318; † 1369)
Nach der Chronik von Pater Wolfgang Lebersorg hatte Meinhard aus der Ehe mit Elisabeth noch vier weitere Söhne, die bereits im Kleinkindalter verstarben.<ref name ="Reichegger12">vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 12</ref>


Meinhard hatte mehrere "natürliche" Kinder, darunter:
Meinhard hatte mehrere "natürliche" Kinder, darunter:
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* 1258/59-1271<ref group="A">"De jure" trat Meinhard die Herrschaft über die Grafschaften Görz, und Tirol nach dem Tod seines Vaters an. Da er zu diesem Zeitpunkt noch Gefangener des Salzburger Erzbischofs war, führte zunächst seine Mutter die Regentschaft. Erst nach seiner Freilassung konnte Meinhard selbst die Herrschaft übernehmen.</ref> als Graf Meinhard IV. über die Grafschaft Görz, zu der damals Teile von Osttirol zählten, gemeinsam mit seinem Bruder [[Albert I. (Görz)|Albert]]<ref name ="pavlac220"/>,
* 1258/59-1271<ref group="A">"De jure" trat Meinhard die Herrschaft über die Grafschaften Görz, und Tirol nach dem Tod seines Vaters an. Da er zu diesem Zeitpunkt noch Gefangener des Salzburger Erzbischofs war, führte zunächst seine Mutter die Regentschaft. Erst nach seiner Freilassung konnte Meinhard selbst die Herrschaft übernehmen.</ref> als Graf Meinhard IV. über die Grafschaft Görz, zu der damals Teile von Osttirol zählten, gemeinsam mit seinem Bruder [[Albert I. (Görz)|Albert]]<ref name ="pavlac220"/>,
* seit 1258/59 bis zu seinem Tod als Graf Meinhard II. über die [[Grafschaft Tirol]], zunächst nur über Teile gemeinsam mit seinem Bruder Albert und den Grafen [[Gebhard von Hirschberg]], später als Alleinherrscher.
* seit 1258/59 bis zu seinem Tod als Graf Meinhard II. über die [[Grafschaft Tirol]], zunächst nur über Teile gemeinsam mit seinem Bruder Albert und den Grafen [[Gebhard von Hirschberg]], später als Alleinherrscher.
* seit Februar 1286 bis zu seinem Tod über das [[Herzogtum Kärnten]]. Er war außerdem Pfandherr der [[w:Krain|Mark Krain]] und der [[w:Windischen Mark|Windischen Mark]] sowie von [[w:Portenone|Portenau]]<ref name ="Tangl1866-51">vgl. [[w:Karlmann Tangl|Karlmann Tangl]]: ''Die Grafen von Ortenburg in Kärnten''. Zweite Abtheilung von 1256 bis 1343. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen 36, 1866, S. 51</ref>. Unter ihm kamen die Fürstbistümer [[w:Hochstift Brixen|Brixen]] und [[w:Hochtstift Trient|Trient]] "de facto" unter die Herrschaft der Grafschaft Tirol, indem er sie seiner Gerichtsbarkeit unterstellte.<ref group="A">"De jure" kamen Bistümer erst 1803 an das Kronland Tirol.</ref>.
* seit Februar 1286 bis zu seinem Tod über das [[Herzogtum Kärnten]]. Er war außerdem Pfandherr der [[w:Krain|Mark Krain]] und der [[w:Windischen Mark|Windischen Mark]] sowie von [[w:Portenone|Portenau]]<ref name ="Tangl1866-51">vgl. [[w:Karlmann Tangl|Karlmann Tangl]]: ''Die Grafen von Ortenburg in Kärnten''. Zweite Abtheilung von 1256 bis 1343. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen 36, 1866, S. 51</ref>. Unter ihm kamen die Fürstbistümer [[w:Hochstift Brixen|Brixen]] und [[w:Hochtstift Trient|Trient]] "de facto" unter die Herrschaft der Grafschaft Tirol, indem er sie seiner Gerichtsbarkeit unterstellte.<ref group="A">"De jure" kamen Bistümer erst 1803 an das Kronland Tirol.</ref>
 
Meinhard von Görz-Tirol dürfte von den Hofgeistlichen, die zugleich für die Verwaltung zuständig waren, unterrichtet worden sein. Unter seiner Herrschaft wurde die Landesverwaltung durchgehend auf Schriftlichkeit umgestellt worden sein. Offensichtlich war er des Lesens und Schreibens kundig, was zu seiner Zeit für Adlige und Fürsten noch keineswegs selbstverständlich war.<ref>vgl. Lydia Reichegger: Königin Elisabeth (1262/3 - 1313). (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 2006, S. 13f.</ref>


== Leben ==
== Leben ==
Als Folge des [[w:Frieden von Lieserhofen|Frieden von]] [[Lieserhofen]] (1252) befand sich Meinhard gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Albert ca. 1252-1258 in Geiselhaft des [[w:Philipp von Spanheim|Salzburger Erzbischofs]]. Nachdem er einige Monate nach dem Tod seines Vaters freigekommen war und wenig später die Witwe von König Konrad IV. geheiratet hatte, wurde er 1259 mit der Vogtei und den Lehen des [[w:Hochstift Trient|Hochstift Trient]] belehnt.  
Als Folge des [[w:Frieden von Lieserhofen|Frieden von]] [[Lieserhofen]] (1252) befand sich Meinhard gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Albert ca. 1252-1258 in Geiselhaft des [[w:Philipp von Spanheim|Salzburger Erzbischofs]]. Nachdem sein Vater Anfang des Jahres 1358 gestorben war, führte seine Mutter bis zu seiner Freilassung die Herrschaft.<ref>vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 291f.</ref> Nachdem er Ende des Jahres 1258/59 freigekommen war und wenig später die Witwe von König Konrad IV. geheiratet hatte, wurde er 1259 gemeinsam mit seinem noch in der Geiselhaft gehaltenen Bruder Albert mit der Vogtei und den Lehen des [[w:Hochstift Trient|Hochstift Trient]], einschließlich der früheren Lehen der Grafen von Ulten, belehnt.<ref>vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 292f.</ref> 
Nach jahrelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Meinhard mehrfach exkommuniziert wurde, gelang es ihm, die politische Machtstellung der Trienter Bischöfe nördlich der Salurner Klause zu brechen. Zwischen 1263 und 1284 vermehrte er seine Tiroler Besitzungen, in dem er auch jene im Inntal an sich brachte, die nach dem Tod seines Großvaters an den Grafen [[Gebhard von Hirschberg]] und dessen Familie gefallen waren. Seine wichtigste Erwerbung war die Saline von [[Hall in Tirol|Hall]]. Nachdem sein Bruder Albert einige Jahre später ebenfalls aus der Geiselhaft des Salzburger Bischofs freigekommen war, führten beide mehrere Jahre lang eine gemeinsame Herrschaft über die von ihrem Vater und ihrer Mutter geerbten Lande, ehe sie diese am 4. März 1271 teilten. Meinhard behielt im Wesentlichen die Teile der späteren Grafschaft Tirol, während Albert die Gebiete im Pustertal, Friaul und auf dem Karst erhielt. Die Grenze bildete zunächst die Mühlbacher Klause.<ref name ="ndb668"/>
 
Nach jahrelangen kriegerischen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Meinhard mehrfach exkommuniziert wurde, gelang es ihm, die politische Machtstellung der Trienter Bischöfe nördlich der Salurner Klause zu brechen. Zwischen 1263 und 1284 vermehrte er seine Tiroler Besitzungen, in dem er auch jene im Inntal an sich brachte, die nach dem Tod seines Großvaters an den Grafen [[Gebhard von Hirschberg]] († um 1275/76) und dessen Familie gefallen waren.<ref name ="ndb668"/> Nach dem Tod des Grafen Gebhard wurde er im September 1281 vom [[w:Hartmann von Dillingen|Bischof von Augsburg]] mit jenen im Inntal gelegenen Lehen belehnt, die als Folge eines Schiedsspruches 1263 an diesen verliehen worden waren. Aufgrund des Schiedsspruches von König Rudolf I. vom 26. Mai 1282 verzichtete dessen [[Gebhard von Hirschberg#Das Erbe des Grafen Gebhard|gleichnamiger jüngerer Sohn]] († 1305) für sich, seine Kinder und seine Mutter auf die übrigen Besitzungen in der Grafschaft Tirol verzichten, wofür ihm Meinhard bis 1284 eine Ablöse in mehreren Raten bezahlte.<ref name ="Jedelhauser305">vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 305</ref> Mit dieser Vorgehensweise ersparte Meinhard sich und seinen Erben nach dem Tod des jüngeren Grafen Gebhard von Hirschberg in jene Auseinandersetzungen zwischen dem [[w:Hochstift Eichstätt|Hochstift Eichstätt]], dem späteren Kaiser [[w:Ludwig IV. (HRR)|Ludwig (IV.) "''dem Baiern''"]] und dessen Bruder, dem Pfalzgrafen [[w:Rudolf I. (Pfalz)|Rudolf (I.) "dem Stammler"]] um sein Erbe verwickelt zu werden.<ref name ="Jedelhauser307">vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 307</ref> Am 26. Jänner 1286 erwarb Meinhard durch Verpfändung ebenfalls im Inntal gelegene Besitzungen von Berthold von Eschenlohe, im Juni 1286 durch Kauf die Grafschaft Hörtenberg und weitere Besitzungen der Grafen von Eschenlohe.<ref name ="Jedelhauser306">vgl. Philipp Jedelhauser: ''Die Rolle der Töchter Adelheid und Elisabeth von Graf Albert III. von Tirol bei der territorialen Zusammenführung des Landes''. In: ''Adler''. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 30, April / September 2020, Heft 6-7, S. 306</ref>
 
Seine wichtigste Erwerbung war die Saline von [[Hall in Tirol|Hall]]. Nachdem sein Bruder Albert einige Jahre später ebenfalls aus der Geiselhaft des Salzburger Bischofs freigekommen war, führten beide mehrere Jahre lang eine gemeinsame Herrschaft über die von ihrem Vater und ihrer Mutter geerbten Lande, ehe sie diese am 4. März 1271 teilten. Meinhard behielt im Wesentlichen die Teile der späteren Grafschaft Tirol, während Albert die Gebiete im Pustertal, Friaul und auf dem Karst erhielt. Die Grenze bildete zunächst die Mühlbacher Klause.<ref name ="ndb668"/>


1267 geleitete er seinen Stiefsohn Konradin auf dessen verhängnisvollen Italienzug bis nach [[w:Verona|Verona]]. Dabei dürfte er die nähere Bekanntschaft mit dem Grafen [[Rudolf I. (HRR)|Rudolf (IV.) von Habsburg]], dem späteren König Rudolf I. gemacht haben, dessen Sohn Albrecht 1274 seine Tochter Elisabeth heiraten sollten.<ref name ="ndb668"/> Mit diesem und später seinem Schwiegersohn Albrecht sollte Meinhard eng zusammenarbeiten und von Rudolfs Aufstieg wesentlich profitieren.<ref>vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 220f.</ref> 1276 unterstützten er und sein Bruder Albert den Feldzug von König Rudolf gegen den "[[w:Königreich Böhmen|böhmischen König]] [[w:Ottokar II. Přemysl|Ottokar]] von Böhmen. Dafür wurde Meinhard im "Friedensvertrag von [[w:Ulm|Ulm]]" als Hauptmann im Herzogtum Kärnten und in der Mark Krain eingesetzt. Mit dem Schiedsspruch des [[w:Konrad|Bischof von Churs]] (1282) legte König Rudolf I. fest, dass Meinhard und seine Tiroler Vorfahren landrechtlich nicht den Herzogtümern Bayern oder Schwaben angehörten und ebnete diesem den Weg für die formalrechtliche Erhebung in den Reichsfürstenstand. Eine Folge davon war schließlich, dass Meinhard auf dem Reichstag in [[w:Augsburg|Augsburg]] (1. September 1286) zum Herzog von Kärnten erhoben wurde. In dieser Position konnte sich Meinhard nach dem Tod von König Rudolf trotz eines Aufstandes, der 1293 von seinem Sohn Otto niedergeschlagen wurde, behaupten. Seine Herrschaft wurde im Frieden von [[Linz]] endgültig anerkannt.<ref name ="ndb668"/>
1267 geleitete er seinen Stiefsohn Konradin auf dessen verhängnisvollen Italienzug bis nach [[w:Verona|Verona]]. Dabei dürfte er die nähere Bekanntschaft mit dem Grafen [[Rudolf I. (HRR)|Rudolf (IV.) von Habsburg]], dem späteren König Rudolf I. gemacht haben, dessen Sohn Albrecht 1274 seine Tochter Elisabeth heiraten sollten.<ref name ="ndb668"/> Mit diesem und später seinem Schwiegersohn Albrecht sollte Meinhard eng zusammenarbeiten und von Rudolfs Aufstieg wesentlich profitieren.<ref>vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 220f.</ref> 1276 unterstützten er und sein Bruder Albert den Feldzug von König Rudolf gegen den "[[w:Königreich Böhmen|böhmischen König]] [[w:Ottokar II. Přemysl|Ottokar]] von Böhmen. Dafür wurde Meinhard im "Friedensvertrag von [[w:Ulm|Ulm]]" als Hauptmann im Herzogtum Kärnten und in der Mark Krain eingesetzt. Mit dem Schiedsspruch des [[w:Konrad|Bischof von Churs]] (1282) legte König Rudolf I. fest, dass Meinhard und seine Tiroler Vorfahren landrechtlich nicht den Herzogtümern Bayern oder Schwaben angehörten und ebnete diesem den Weg für die formalrechtliche Erhebung in den Reichsfürstenstand. Eine Folge davon war schließlich, dass Meinhard auf dem Reichstag in [[w:Augsburg|Augsburg]] (1. September 1286) zum Herzog von Kärnten erhoben wurde. In dieser Position konnte sich Meinhard nach dem Tod von König Rudolf trotz eines Aufstandes, der 1293 von seinem Sohn Otto niedergeschlagen wurde, behaupten. Seine Herrschaft wurde im Frieden von [[Linz]] endgültig anerkannt.<ref name ="ndb668"/>
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== Merkmale von Meinhards Herrschaft ==
== Merkmale von Meinhards Herrschaft ==
Obwohl über Meinhard mehrere Male zwischen 1267 und 1295 der Kirchenbann verhängt wurde, behauptete er sich in seinen Herrschaftsgebieten und schaffte es, die Grafschaft Tirol "de facto" endgültig aus der Oberhoheit des [[w:Diözese Bozen-Brixen|Hochstiftes Brixen]] zu lösen und auch den Einfluss der anderen geistlichen Fürstentümer [[w:Erzstift Salzburg|Salzburg]], Trient und [[w:Hochstift Chur|Chur]] einzugrenzen.<ref>vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 221 und S. 231f.</ref> Mit dem "Ulmer Spruch" von König Rudolf I. (25. Mai 1282) wurde Meinhards Grafschaft Tirol ihre Unabhängigkeit offiziell bestätigt, nachdem König Rudolf I. zuvor die rechtliche Lage hatte sorgfältig prüfen lassen.<ref>vgl. [[w:Josef Riedmann|Josef Riedmann]]: ''Geschichte Tirols''. Verlag für Geschichte und Politik, Wien, 3. Auflage 2001. ISBN 3-486-56553-2. S. 56</ref> Seine Belehnung mit dem Herzogtum Kärnten, einem [[w:Reichsfürstentum|Reichsfürstentum]]dürfte bereits für 1282 geplant gewesen sein. Da über Meinhard allerdings im Dezember 1282 wieder einmal, für dieses Mal von der Synode von [[w:Aquileja|Aquileja]], der [[w:Bann|Kirchenbann]] verhängt worden war, war eine Belehnung zunächst nicht durchführbar.<ref>vgl. [[w:Karl-Friedrich Krieger|Karl-Friedrich Krieger]]: ''Die Habsburger im Mittelalter''. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2., aktualisierte Auflage 1994, ISBN 3-17-018228-5, S. 54f.</ref>  
Obwohl über Meinhard mehrere Male zwischen 1267 und 1295 der Kirchenbann verhängt wurde, behauptete er sich in seinen Herrschaftsgebieten und schaffte es, die Grafschaft Tirol "de facto" endgültig aus der Oberhoheit des [[w:Diözese Bozen-Brixen|Hochstiftes Brixen]] zu lösen und auch den Einfluss der anderen geistlichen Fürstentümer [[Erzstift Salzburg|Salzburg]], Trient und [[w:Hochstift Chur|Chur]] einzugrenzen.<ref>vgl. Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol'', 1995/96, S. 221 und S. 231f.</ref> Mit dem "Ulmer Spruch" von König Rudolf I. (25. Mai 1282) wurde Meinhards Grafschaft Tirol ihre Unabhängigkeit offiziell bestätigt, nachdem König Rudolf I. zuvor die rechtliche Lage hatte sorgfältig prüfen lassen.<ref>vgl. [[w:Josef Riedmann|Josef Riedmann]]: ''Geschichte Tirols''. Verlag für Geschichte und Politik, Wien, 3. Auflage 2001. ISBN 3-486-56553-2. S. 56</ref> Seine Belehnung mit dem Herzogtum Kärnten, einem [[w:Reichsfürstentum|Reichsfürstentum]]dürfte bereits für 1282 geplant gewesen sein. Da über Meinhard allerdings im Dezember 1282 wieder einmal, für dieses Mal von der Synode von [[w:Aquileja|Aquileja]], der [[w:Bann|Kirchenbann]] verhängt worden war, war eine Belehnung zunächst nicht durchführbar.<ref>vgl. [[w:Karl-Friedrich Krieger|Karl-Friedrich Krieger]]: ''Die Habsburger im Mittelalter''. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2., aktualisierte Auflage 1994, ISBN 3-17-018228-5, S. 54f.</ref>  


Obwohl Meinhard seit 1286 auch über das Herzogtum Kärnten herrschte, bildete die Grafschaft Tirol, als deren Gründer er gilt, den eigentlichen Mittelpunkt seines Herrschaftsgebietes. Unter ihm wurden die Hochstifte Brixen und Trient "de facto" Teile der Grafschaft Tirol, auch wenn sie formal ihren Reichsfürstenstand bis 1803 bewahren konnten. Mittels der Vogteigewalt gelang es ihm die Stifte in das entstehende Landesfürstentum zu integrieren. Mit der Aufzeichnung des Tiroler Landrechts um 1280 erhöhte er Rechtssicherheit und erreichte eine Vereinfachung der Verwaltungspraxis. Die aus seiner Zeit erhaltenen Rechnungsbücher ("Raitbücher") zeugen von einem hochentwickelten Kanzleiwesen. Wegen der im Bereich seiner Grundherrschaft üblichen freie Erbleihe galt Meinhard den Bauern der Grafschaft Tirol noch im späten Mittelalter als Begründer ihrer besonderen Freiheiten.<ref name ="ndb668"/>  
Obwohl Meinhard seit 1286 auch über das Herzogtum Kärnten herrschte, bildete die Grafschaft Tirol, als deren Gründer er gilt, den eigentlichen Mittelpunkt seines Herrschaftsgebietes. Unter ihm wurden die Hochstifte Brixen und Trient "de facto" Teile der Grafschaft Tirol, auch wenn sie formal ihren Reichsfürstenstand bis 1803 bewahren konnten. Mittels der Vogteigewalt gelang es ihm die Stifte in das entstehende Landesfürstentum zu integrieren. Mit der Aufzeichnung des Tiroler Landrechts um 1280 erhöhte er Rechtssicherheit und erreichte eine Vereinfachung der Verwaltungspraxis. Die aus seiner Zeit erhaltenen Rechnungsbücher ("Raitbücher") zeugen von einem hochentwickelten Kanzleiwesen. Wegen der im Bereich seiner Grundherrschaft üblichen freie Erbleihe galt Meinhard den Bauern der Grafschaft Tirol noch im späten Mittelalter als Begründer ihrer besonderen Freiheiten.<ref name ="ndb668"/>  


Bekannt ist Meinhard auch für wirtschaftspolitische Maßnahmen. Während der gemeinsamen Herrschaft mit seinem Bruder Albert ließ er mit dem Adlergroschen die erste Mehrpfennigmünze in den deutschsprachigen Gebieten des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reichs]] prägen. Mit der Einrichtung von Pfandleihanstalten in seinen Herrschaftsgebieten gelang ihm eine Sicherung des Kreditwesens, was für diese einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hatte.<ref name ="ndb668"/>
Bekannt ist Meinhard auch für wirtschaftspolitische Maßnahmen. Während der gemeinsamen Herrschaft mit seinem Bruder Albert ließ er mit dem Adlergroschen die erste Mehrpfennigmünze in den deutschsprachigen Gebieten des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reichs]] prägen. Mit der Einrichtung von Pfandleihanstalten in seinen Herrschaftsgebieten gelang ihm eine Sicherung des Kreditwesens, was für diese einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hatte.<ref name ="ndb668"/> Meinhard war es auch, welchem die Grafschaft Tirol ihr Wappen, das später als "Tiroler Adler" bezeichnet wurde, verdankt.<ref name="sauter106">vgl. Alexander Sauter: ''Fürstliche Herrschaftsrepräsentation''. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= [[w:Bernd Schneidmüller|Bernd Schneidmüller]] - [[w:Stefan Weinfurter|Stefan Weinfurter]] (Hrsg.): ''Mittelalter-Forschungen''- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 106</ref>


== Orte mit Bezug zu Meinhard in der Republik Österreich ==
== Orte mit Bezug zu Meinhard in der Republik Österreich ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* [[w:Wilhelm Baum (Historiker)|Wilhelm Baum]]: ''Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters''. Verlag Kitab, Klagenfurt, 2000. ISBN 3-902005-04-1<ref group="A">Bisher die einzige deutschsprachige wissenschaftliche Monographie zu den Grafen von Görz, quellenfundiert, aber in Bezug auf Sachlichkeit und Objektivität sind leider Abstriche zu machen.</ref>
* [[w:Wilhelm Baum (Historiker)|Wilhelm Baum]]: ''Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters''. Verlag Kitab, Klagenfurt, 2000. ISBN 3-902005-04-1<ref group="A">Bisher die einzige deutschsprachige wissenschaftliche Monographie zu den Grafen von Görz, quellenfundiert, aber in Bezug auf Sachlichkeit und Objektivität sind leider Abstriche zu machen.</ref>
* [[w:Heinz Dopsch|Heinz Dopsch]] - [[w:Karl Brunner (Historiker)|Karl Brunner]] - [[w:Maximilian Weltin|Maximilian Weltin]] (Hrsg.): ''Österreichische Geschichte 1122–1278''. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1, besonders S. 407-419
* Walter Landi: ''Die Grafen von Tirol''. Ein historisch-familiengeschichtlicher Überblick (10.–14. Jahrhundert)''. In: Walter Hauser - Martin Mittermair (Hrsg.): ''Schloss Tirol''. Bd. 1. Baugeschichte. Die Burg Tirol von ihren Anfängen bis zum 21. Jahrhundert. Eigenverlag des Südtiroler Landesmuseums, Bozen, 2017. IBSN 978-88-9552325-5. S. 110-131
* Walter Landi: ''Die Grafen von Tirol''. Ein historisch-familiengeschichtlicher Überblick (10.–14. Jahrhundert)''. In: Walter Hauser - Martin Mittermair (Hrsg.): ''Schloss Tirol''. Bd. 1. Baugeschichte. Die Burg Tirol von ihren Anfängen bis zum 21. Jahrhundert. Eigenverlag des Südtiroler Landesmuseums, Bozen, 2017. IBSN 978-88-9552325-5. S. 110-131
* Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol''. In: ''Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg'' 75-76, 1995/96, S. 219-232 [http://zeitschrift.tiroler-landesmuseen.at:81/index.php?id=1000&mybuch=Veroeffentlichungen_Jg1995_96_Bd75_76&mypage=221#pagesolo digital]
* Brian A. Pavlac: ''Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol''. In: ''Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg'' 75-76, 1995/96, S. 219-232 [http://zeitschrift.tiroler-landesmuseen.at:81/index.php?id=1000&mybuch=Veroeffentlichungen_Jg1995_96_Bd75_76&mypage=221#pagesolo digital]
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=== Lexika-Artikel ===
=== Lexika-Artikel ===
* [[w:Wilhelm Baum (Historiker)|Wilhelm Baum]]: ''Meinhard II.''. In: Neue Deutsche Biographie (NDB), 1990, Bd. 16. S. 668f. [https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016334/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00016334&seite=680 digital]
* [[w:Wilhelm Baum (Historiker)|Wilhelm Baum]]: ''Meinhard II.'' In: Neue Deutsche Biographie (NDB), 1990, Bd. 16. S. 668f. [https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016334/images/index.html?fip=193.174.98.30&id=00016334&seite=680 digital]


== Weblinks ==
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{{Commonscat|Meinhard I, Duke of Carinthia|Meinhard II.}}
* {{OBV-Portal|118782908}}
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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| AMT        = [[Grafschaft Tirol|Herrscher über die Grafschaft Tirol]]
| AMT        = [[Grafschaft Tirol|Herrscher über die Grafschaft Tirol]]<br />[[Datei:Blason Comtes de Tyrol.svg|50px]]
| ZEIT      = ca. 1258-1295<br /><small>zeitweise gemeinsam mit [[Gebhard von Hirschberg]]<br />und [[Albert I. (Görz)|Albert (I.) von Görz]]  
| ZEIT      = ca. 1258-1295<br /><small>zeitweise gemeinsam mit [[Gebhard von Hirschberg]]<br />und [[Albert I. (Görz)|Albert (I.) von Görz]]  
| VORGÄNGER  = [[Meinhard I.|Meinhard (I.) von Görz-Tirol]]<br /><small>unmittelbar: [[Adelheid von Tirol-Görz|Adelheid von Tirol]] um 1258/59 (Verweserin)
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| AMT        = [[Herzogtum Kärnten|Herrscher über das Herzogtum Kärnten]]
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| ZEIT      = ca. 1286–1295<br />
| ZEIT      = ca. 1286–1295<br />
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| VORGÄNGER  = [[Ottokar II. Přemysl|König Ottokar (II.) von Böhmen]]<br /><small>unmittelbar: [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolf (I.)]] 1278-1286 (Verweser)
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