Leopold II. (Österreich)

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Markgraf Leopold (II.) "der Schöne" in der Schlacht bei Mailberg. Ausschnitt aus dem Babenberger Stammbaum im Stift Klosterneuburg, entstanden zwischen 1489 und 1492

Markgraf Leopold (II.) "der Schöne"[A 1] (* im 10. Jahrhundert, um 1050; † 12. Oktober 1095[A 2]), auch Markgraf Leopold (II.) von Österreich, herrschte über Gebiete in der heutigen Republik Österreich. Ihm gelang eine wesentliche Ausdehnung seines Herrschaftsbereiches. Indem er die starke, direkte Abhängigkeit vom König beziehungsweise Kaiser zu lockerte, schuf er eine erste wichtige Voraussetzung für die Entstehung eines späteren Landesfürstentums.

Ehe und Nachkommen

Leopold der Schöne entstammte einer Herrscherfamilie, die heute als die Babenberger bezeichnet wird. Er war der Sohn von Markgraf Ernst "dem Tapferen". Verheiratet war er mit Itha († vermutlich 1101), deren Herkunft nicht eindeutig geklärt ist. Aus dieser Ehe sind mehrere Kinder belegt:[1]

Herrschaft

Leopold der Schöne herrschte 1075-1095 als Graf über die Mark Ostarrichi (Österreich). Nach dem Tod seines Vaters (1075) konnte er, zumindest legt dies der bisherige Forschungsstand nahe, dessen Nachfolge als Markgraf unmittelbar antreten. Da sein Vater für König Heinrich IV. gefallen und sich diesem gegenüber loyal verhalten hatte, bestand für den späteren Kaiser auch kein Grund, ihn die Belehnung mit der Mark Österreich zu verweigern. Wie bereits seine Vorgänger war Leopold "der Schöne" als Markgraf mit der Aufgabe betraut, die Mark und damit die Grenzen zwischen dem Reich, dem ungarischen Königreich und dem Herzogtum Böhmen zu sichern und außerdem die Herrschaft des Königs und Kaisers auch bei Konflikten mit den Herzögen von Bayern zu stützen. Gleichzeitig befand sich die Markgrafschaft Österreich noch immer sozusagen "im Aufbau". Unter Markgraf Leopold (II.) "dem Schönen" wurde die herrschaftliche Durchdringung der Mark und ihre Besiedlung vorangetrieben. Es scheint, dass der Markgraf dieser Aufgabe Priorität einräumte. Indizien dafür sind die großflächigen Rodungen, die unter seiner Herrschaft durchgeführt wurden und durch die das Areal der Mark wesentlich vergrößert werden konnte.[2] Als weiteres Indiz gilt die Ehe des Markgrafen. Im Unterschied zu seinen Vorgängern aus dem Haus Babenberg, die mit Frauen aus bedeutenden "außerösterreichischen" Familien des Reichs verheiratet gewesen waren, heiratete Markgraf Leopold eine "innerösterreichische" Adlige.[3] Die Besitzungen, welche ihm seine Markgräfin Itha zubrachte, hatten zur Folge, dass er seine Machtposition bis auf das Areal der heutigen Stadt Wien ausdehnen konnte.[4]

Zu Beginn des Investiturstreits befand sich der Markgraf auf der Seite von König Heinrich IV. Dies bezeugt zum Beispiel eine Königsurkunde über eine Schenkung, die am 27. Juli 1076 für den Markgrafen ausgestellt wurde. Noch 1077 nahm er an dem Hoftag von König Heinrich in Nürnberg teil. Wenig später dürfte es allerdings zwischen ihm und den König zu Unstimmigkeiten gekommen sein, der konkrete Grund dafür ist bisher unbekannt. Nachdem Markgraf Leopold dem König eine Absage erteilte, unternahm dieser einen Kriegszug ins östliche Bayern, worauf sich der Markgraf ihm wieder unterwarf oder unterwerfen musste.[5] Anders als seine Vorgänger, die, soweit es sich nach den bisher erschlossenen Quellen beurteilen lässt, stets bei Konflikten im Reich den König beziehungsweise Kaiser unterstützt hatten, stand Markgraf Leopold "der Schöne" auch in den Folgejahren zeitweise auf der Seite der Päpste, weswegen ihm um 1082 sogar der Verlust seiner Herrschaften durch König Heinrich IV. drohte.[6] Dass Leopold, der um diese Zeit in der Schlacht bei Mailberg gegen den böhmischen König als Verbündeten von Heinrich IV. eine schwere Niederlage erlitt, aber nicht als Markgraf abgesetzt werden konnte, bestätigt, dass seine Stellung ziemlich gefestigt war. Dafür spricht auch, dass sich für die Markgrafschaft Österreich zu dieser Zeit keine inneren Unruhen belegen lassen, obwohl es dort auch Anhänger des Königs gab.[7]

Inwieweit das politische Agieren von Markgraf Leopold "dem Schönen" von seinem politischen Umfeld und dessen Interaktionen im Konflikt zwischen Kaiser und Papst bestimmt wurde, ob es sich um einen lokalen Konflikt handelte, der möglicherweise keineswegs eine Parteinahme für den Papst bedeutet oder auf Leopolds Persönlichkeit zurückzuführen ist oder ob eine andere Ursache vorliegt lässt sich nach der bisher erschlossenen Quellenlage nicht entscheiden.[8] Auffallend ist auch dass der Markgraf ein eher angespanntes Verhältnis zum Herzog von Bayern hatte, das sich erst in seinem Sterbejahr gebessert zu haben scheint. Der Herzog von Bayern zählte allerdings zu den einflussreichsten Gegnern des Kaisers, er sollte sich erst in den 1090er-Jahren mit dem Kaiser aussöhnen.[4]

In Jahren nach 1085 dürfte sich Markgraf Leopold "der Schöne" weitgehend von der Reichspolitik ferngehalten haben.[9] Aus den bisher erschlossenen Quellen geht nicht hervor, ob es noch Leopold "der Schöne" oder schon sein gleichnamiger Sohn und Nachfolger war, der sich mit Heinrich IV. aussöhnte.[10]

Orte mit Bezug im heutigen Niederösterreich

  • Gars am Kamp: Unter Markgraf Leopold "dem Schönen" wurde Gars Mittelpunkt eines markgräflichen Forstbezirks und Sitz einer eigenen Pfarre. Außerdem ist es als Tagungsort von markgräflichen Gerichtstagen belegt.[4] Nach dem Fürstenbuch des Chronisten Jans Enenkels hatte Markgraf Leopold auf der Burg Gars seinen Sitz. Sie gilt als sein Sterbeort, und hier soll er ursprünglich auch beigesetzt worden sein.[11][12]
  • Furth bei Göttweig: Leopold der Schöne gilt als Gründer beziehungsweise Mitbegründer des Stiftes Göttweig.[6]
  • Mailberg: Hier fand am 12. Mai 1082 die für Leopold dem Schönen verhängnisvolle Schlacht bei Mailberg gegen den böhmischen Herzog Wratislav (II.) statt.[13] Diese Schlacht hatte außer einer Grenzverschiebung der Markgrafschaft Mähren bis Mailberg, die allerdings nicht allzu lange Bestand hatte, keine unmittelbaren politischen Folgen, da Markgraf Leopold seine Herrschaft über die Markgrafschaft Österreich trotzdem behaupten konnte. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Bedeutung der "Schlacht von Mailberg" später überschätzt wurde.[14] In der Folge dürfte Markgraf Leopold seine damaligen Herrschaftsgebiete im Wald- und Weinviertel neu strukturiert haben.[15]
  • Melk: Hier befand sich eine der Hauptresidenzen von Leopold dem Schönen. Nach einer Quelle aus dem 12. Jahrhundert wird er als Gründer von Stift Melk genannt. Diese Information findet sich aber nicht in den "Melker Annalen", die bereits früher begonnen wurden. Das könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass es in Melk bereits vor 1089 eine Kleriker-Gemeinschaft gegeben haben dürfte, welche der Markgraf, vielleicht unter dem Einfluss des Bischofs Altmann von Passau durch das Benediktinerkloster ersetzen ließ. Nach einem Privileg von Papst Paschalis II. aus dem Jahr 1110 sollen der Markgraf und seine Frau[A 3] außerdem den Bau der Peterskirche und der Klostergebäude des Stiftes veranlasst haben.[16]
  • Raabs an der Thaya: Die Schenkung im Gebiet um Raabs an der Thaya, die König Heinrich IV., Leopolds Vater kurz vor seinem Tod gemacht hatte, wurde für Leopold "den Schöne" 1076 um weitere Hufen vergrößert.[17] In der neueren Forschung wird diskutiert, ob diese Schenkung und auch weitere Besitzungen um Raabs als Folge der Niederlage von Mailberg an den Grafen Gottfried (I.) von Raabs verloren gingen.[18]
  • St. Pölten: Leopold "der Schöne" gilt als Gründer des ehemaligen Stiftes von St. Pölten.[6]
  • Tulln: Hier befand sich eine weitere Hauptresidenzen von Leopold dem Schönen.[6] Nach der "Vita Altmanni" (verfasst um 1135) soll Leopold, nachdem es 1081 zum Bruch mit König Heinrich IV. gekommen war, wenig später die "Großen" seiner Mark zu einer Versammlung nach Tulln geladen haben, um sie zu einem Schwur und zum Abfall von König Heinrich zu bewegen.[19]

Erinnerungsstätten im heutigen Niederösterreich

  • Melk: Eine Grabinschrift aus dem 13. Jahrhundert nimmt Bezug auf Markgraf Leopold "dem Schönen".<ref name ="scheibelreiter150/"> Ein im 19. Jahrhundert entstandenes historistisches Porträt von ihm hängt in der "Babenberger-Galerie" des Stiftes.

Zeitgenössische Quellen zu Markgraf Leopold (II.) "dem Schönen"

Der Geschichtsschreiber Bernold von St. Blasien († 1100), ein Zeitgenosse von Markgraf Leopold (II.) "dem Schönen", widmete ihm einen Nachruf, in dem der Markgraf als treuester Kämpfer für die Sache des Papstes bezeichnet wird und als jemand, der sehr reich war. Diese Aussagen werden durch die bisher erschlossenen Quellen nicht bestätigt, aber von diesen auch nicht widerlegt.[4]

Literatur

  • Walter Kleindel: Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur. Verlag Carl Ueberreuter, Wien / Heidelberg, 1978
  • Karl Lechner: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976–1246 (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Band 23). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 6. Auflage 1996. ISBN 978-3205982296
  • Klaus Lohrmann: "Die Babenberger und ihre Nachbarn". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1
  • Georg Scheibelreiter: Die Babenberger. Reichsfürsten und Landesherren. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2010. ISBN 978-3-205-78573-6

Weblinks

 Leopold II. (Österreich) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 vgl. Walter Kleindel: ‚Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur. Ueberreuter Verlag, Wien / Heidelberg, 1978. Stammtafel der Babenberger (im Anhang)
  2. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 133
  3. vgl. Susanna Neukam: Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold. Die Babenbergerinnen und ihre Zeit. Amalthea Signum Verlag, Wien, 2013. ISBN 978-3-85002-822-6. S. 219
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 151
  5. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 134f. und S. 136f. Nach Klaus Lohrmann: Die Babenberger und ihre Nachbarn, 2020, S. 202 handelte es sich dabei um eine "deditio".
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 vgl. Walther Krenn: Allgemeine Geschichte Europas und des nahen Ostens. Verlag Leitner & Co., Wels / Wunsiedel / Zürich, 3. Auflage 1955. S. 133
  7. vgl. Roman Zehetmayer: Überregionale Versammlungen der Babenberger in der Mark Österreich. In: Claudia Fellner - Daniel Luger: Semper ad fontes. Festschrift für Christian Lackner zum 60. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Bd. 76). Böhlau Verlag, Wien, 2020. ISBN 978-3-205-21162-4. S. 434, mit Fußnote 36 und 37
  8. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 140
  9. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 150
  10. vgl. Roman Zehetmayer: Überregionale Versammlungen der Babenberger in der Mark Österreich. In: Claudia Fellner - Daniel Luger: Semper ad fontes. Festschrift für Christian Lackner zum 60. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Bd. 76). Böhlau Verlag, Wien, 2020. ISBN 978-3-205-21162-4. S. 435
  11. vgl. Ilse Schöndorfer: Steine und Sagen. Burgruinen in Niederösterreich. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1999. ISBN 3-85326-114-0. S. 88
  12. vgl. Karl Lechner: Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): Leopold III. und die Babenberger. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 12
  13. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 144
  14. vgl. Schlacht bei Mailberg, GedaechtnisDesLandes.AT, abgerufen am 16. Juli 2019
  15. vgl. Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms. Neues Licht zur historischen Wissenschaft. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main, 2004. ISBN 3-631-51577-4, S. 92
  16. vgl. Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 149
  17. vgl. Klaus Lohrmann: "Die Babenberger und ihre Nachbarn". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 236
  18. vgl. Klaus Lohrmann: "Die Babenberger und ihre Nachbarn". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 236f.
  19. vgl. Roman Zehetmayer: Überregionale Versammlungen der Babenberger in der Mark Österreich. In: Claudia Fellner - Daniel Luger: Semper ad fontes. Festschrift für Christian Lackner zum 60. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Bd. 76). Böhlau Verlag, Wien, 2020. ISBN 978-3-205-21162-4. S. 434f.

Anmerkungen

  1. In der Literatur finden sich mehrere Bezeichnungen. Um Verwechslungen innerhalb der Dynastie der Babenberger, aber auch mit den Herzögen von Österreich aus dem Haus Habsburg zu vermeiden, wird in diesem Artikel der Beiname verwendet, zudem der "Familienname" Babenberger keineswegs für das Mittelalter belegt ist.
  2. Angaben nach Georg Scheibelreiter: Die Babenberger, 2010, S. 150 und S. 154
  3. Der Historiker Georg Scheibelreiter merkt allerdings an, dass der in diesem Kontext verwendete lateinische Ausdruck "'parentes'" nicht nur die Eltern des Markgrafen Leopold (III.) "des Heiligen", sondern auch nähere Verwandte oder Vorfahren meinen könnte.
VorgängerAmtNachfolger
Markgraf Ernst (I.) der TapfereHerrscher über die Markgrafschaft Österreich
Altösterreich Adalbert Babenberger Stammbaum.svg
1075-1095
Markgraf Leopold (III.) der Heilige
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