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Version vom 2. November 2018, 17:28 Uhr
Graf Meinhard von Görz-Tirol (* um 1238[1]; † um 1295, in Greifenburg) gilt als einer der bedeutendsten Fürsten des 13. Jahrhunderts und als der "Begründer" von Tirol. Als herausragend gelten seine Neuerungen, mit denen er die Verwaltung sowie das Finanz- und Rechtswesens seiner Länder "modernisierte" und durch die er seinen Zeitgenossen um Jahre voraus gewesen sein dürfte.[1] Er war der Stammvater des Meinhardinischen Familienzweiges (Meinhardiner) der Grafen von Görz-Tirol.
Herkunft und Familie
Meinhards Eltern waren Graf Meinhard (III.) von Görz und Gräfin Adelheid von Tirol, eine der beiden Erbtöchter von Graf Albert III. von Tirol. Er heiratete 1259 Herzogin Elisabeth von Baiern[A 1] (* um 1227; † 1273), die Witwe des römisch-deutschen Königs Konrad IV.[1] Aus dieser Ehe hatte er mehrere Kinder, darunter:
- Gräfin Agnes von Görz und Tirol († 14. Mai 1293) ∞ mit Markgraf Friedrich (I.) von Meißen, die Hochzeit soll nach zeitgenössischen Chroniken 1285 in der Stadt Wien unter Teilnahme der Bischöfe von Freising und Seckau und der wichtigsten Adeligen und Ministerialen der Herzogtümer Österreich und Steiermark stattgefunden haben[2],
- Graf Albert (II.) von Görz und Tirol († 1292) ∞ (seit 1281) mit Agnes von Hohenberg († nach 1293), einer Nichte von König Rudolf I.[3]
- Gräfin Elisabeth von Görz und Tirol ∞ mit König Albrecht I.[A 2],
- Graf Otto von Görz und Tirol († 1310), Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain,
- ∞ mit Euphemia von Schlesien
- Graf Heinrich von Görz und Tirol († 1335), Graf von Tirol, Herzog von Kärnten, Herr der Mark Krain, vorübergehend außerdem König von Böhmen,
- ∞ in 1. Ehe mit Königin Anna von Böhmen,
- ∞ in 2. Ehe mit Herzogin Adelheid von Braunschweig
- Gräfin Adelheid von Görz-Tirol (* 1317; † 1375)
- Gräfin Margarete von Görz-Tirol (* 1318; † 1369)
- ∞ in 3. Ehe mit Herzogin Beatrix von Savoyen
- Graf Ludwig von Görz und Tirol († 1305).
Meinhard hatte mehrere "natürliche" Kinder, darunter:
- Albrecht von Camian und Forst, Burggraf von Tirol († 1335/36) ∞ mit Floridiana von Schlandersberg († nach dem 10. August 1349[4]), genannt Sigaun(e) von Forst, nach seinem Tod in zweiter Ehe wieder verheiratet mit Wilhelm von Enn.[5]
- Friedrich, Dompropst von Brixen, er war einer der führenden landesfürstlichen Kanzleibeamten und in den 1320er-Jahren einer der Kapläne seines Halbbruders Heinrich.[6]
- Christina, sie trat 1337 mit der Erlaubnis ihres Ehemannes in das Dominikanerinnenkloster Maria Steinach in Algund ein.[7]
- ∞ mit Konrad von Parschins,
Herrschaften - Überblick
Meinhard von Görz-Tirol herrschte während seines Lebens über folgende Territorien und Länder:
- 1258/59-1271[A 3] als Graf Meinhard IV. über die Grafschaft Görz, gemeinsam mit seinem Bruder Albert[1],
- seit 1258/59 bis zu seinem Tod als Graf Meinhard II. über die Grafschaft Tirol, zunächst nur über Teile gemeinsam mit seinem Bruder Albert und den Grafen Gebhard von Hirschberg, später als Alleinherrscher.
- seit 1286 bis zu seinem Tod über das Herzogtum Kärnten. Er war außerdem Pfandherr der Mark Krain und der Windischen Mark. Unter ihm kamen die Fürstbistümer Brixen und Trient de facto unter die Herrschaft der Grafschaft Tirol, indem er sie seiner Gerichtsbarkeit unterstellte.[A 4].
Merkmale seiner Herrschaft
Meinhard wurde 1286 von König Rudolf I., mit dem er eng zusammenarbeitete[8], mit dem Herzogtum Kärnten, einem Reichsfürstentum belehnt. Diese Belehnung dürfte bereits für 1282 geplant gewesen sein. Da über Meinhard allerdings im Dezember 1282 von der Synode von Aquileja der Kirchenbann verhängt worden war, war eine Belehnung zu diesem Zeitpunkt nicht durchführbar.[9] Obwohl mehrere Male zwischen 1267 und 1295 der Kirchenbann über ihn verhängt wurde, behauptete sich Meinhard in seinen Herrschaftsgebieten und schaffte es, die Grafschaft Tirol "de facto" endgültig aus der Oberhoheit des Fürstbistums Brixen zu lösen und auch den Einfluss der anderen geistlichen Fürstentümer Salzburg, Trient und Chur einzugrenzen.[10]
Orte mit Bezug zu Meinhard im heutigen Österreich
Salzburg
- Auf der Burg Hohenwerfen wurde Meinhard ca. 1251-1259, zusammen mit seinem jüngeren Bruder, von Fürsterzbischof Philipp von Salzburg in Haft gehalten.[1]
Erinnerungsstätten in Österreich
Tirol
- Stams: Zusammen mit seiner Ehefrau Elisabeth stiftete Meinhard 1272 das Zisterzienserkloster Stams, wo er und Elisabeth beigesetzt wurden. Das Kloster wurde nicht nur die wichtigste Grablege für die "Meinhardinische Linie" der Grafen von Görz-Tirol, sondern nach deren Aussterben die bedeutendste Grablege der Tiroler Landesfürsten.
Darstellung in Literatur und Belletristik
- Fanny Wibmer-Pedit: Graf und Herzog. Roman um Meinhard II. von Tirol, Roman (1954), in spätere Auflagen: Meinhard. Der Einiger Tirols
Literatur
- Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz in der europäischen Politik des Mittelalters. Kitab, Klagenfurt, 2000, ISBN 3-902005-04-1[A 5]
- Brian A. Pavlac: Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol. In: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg 75-76, 1995/96, S. 219-232 digital
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 vgl. Brian A. Pavlac: Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol, 1995/96, S. 220
- ↑ vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitzeugen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 3-205-98372-6, S. 54
- ↑ vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen? Das Stiftungsverhalten der Tiroler Landesfürstinnen(13. und 14. Jahrhundert)- Weibliche Präsenz Habsburgs im Südwesten des Reiches. In: Claudia Zey (Hrsg.): Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im Europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert) (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 81). Jan Thorbecke Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2015. ISBN 978-3-7995-6881-4, S. 372, Fußnote
- ↑ vgl. Justianian Ladurner: Die Edlen von Enn. In: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg, 1867, 3. Folge, Heft 13, S. 132 digital
- ↑ Hinweise, vgl. Ute Monika Schwob: "Herrinnen" in Tiroler Quellen. Zur rechtlichen und sozialen Stellung der adeligen Frau im Mittelalter, in: Egon Kühebacher (Hrsg.): Literatur und bildende Kunst im Tiroler Mittelalter. Die Iwein-Fresken von Rodenegg und andere Zeugnisse der Wechselwirkung von Literatur und bildender Kunst (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 15), Innsbruck 1982, S. 165 und S. 170
- ↑ vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 376, Fußnote
- ↑ vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis: Mächtige Fürstinnen - fromme Stifterinnen?, 2015, S. 388, Fußnote
- ↑ vgl. Brian A. Pavlac: Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol, 1995/96, S. 220f.
- ↑ vgl. Karl-Friedrich Krieger: Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2., aktualisierte Auflage 1994, ISBN 3-17-018228-5, S. 54f.
- ↑ vgl. Brian A. Pavlac: Die Verhängung des Kirchenbannes über Graf Meinhard von Tirol, 1995/96, S. 221 und S. 231f.
Anmerkungen
- ↑ Die Schreibweise des Landes Bayern mit y wurde erst einige Jahre nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert durch einen gesetzlichen Beschluss des damaligen Königs eingeführt. Da es um die Wittelsbacher bzw. um das Mittelalter geht, wird in diesem Artikel die Schreibung mit i verwendet.
- ↑ Sie gilt als eine der Stammmütter aller späteren Habsburger. Auf diese Ehe begründeten ihre Söhne später ihre Herrschaft über das Herzogtum Kärnten und ihre Enkel die Herrschaft über die Grafschaft Tirol.
- ↑ "De jure" trat Meinhard die Herrschaft über die Grafschaften Görz und Tirol nach dem Tod seines Vaters an. Da er zu diesem Zeitpunkt noch Gefangener des Salzburger Erzbischofs war, führte zunächst aber seine Mutter die Regentschaft. Erst nach seiner Freilassung konnte Meinhard selbst die Herrschaft übernehmen.
- ↑ "De jure" kamen Bistümer erst 1803 an das Kronland Tirol.
- ↑ Bisher die einzige deutschsprachige wissenschaftliche Monographie zu den Grafen von Görz, quellenfundiert, aber in Bezug auf Sachlichkeit und Objektivität sind leider Abstriche zu machen.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Meinhard II. behandelt. Hier auf RegiowikiAT befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |